Kolumne: Weiter Horizont

Wer reist, erweitert seinen Horizont. Buchstäblich.



Weiter, ungetrübter Horizont am Roten Meer. (Bild: mb.)
Weiter, ungetrübter Horizont am Roten Meer. (Bild: mb.)

Als Horizont bezeichnet man die Grenzlinie zwischen Himmel und Erde. Je nach Landschaft sieht sie ganz unterschiedlich aus. In einer hügeligen Zone ist sie geschwungen, im Hochgebirge teils zackig, am Meer gerade. Dahinter ist nicht nichts, wie man meinen könnte – es geht natürlich weiter. Weil die Erde eine Kugel und ihre Oberfläche gekrümmt ist, verschwindet einfach alles, was ein paar Kilometer entfernt ist, aus unserem Blickfeld.

Es gibt aber auch einen geistigen Horizont. Dieser erweitert sich, wenn man Grenzen überwindet, Fremdes entdeckt, offen ist für Neues. Zum Beispiel auf Reisen in ferne Länder. Hier lassen sich immer wieder neue Perspektiven gewinnen, wenn man Augen und Herz öffnet.

Auch wir sind nach drei Jahren endlich wieder einmal nach Ägypten gereist. Das Gebiet südlich von Marsa Alam am Roten Meer, Richtung sudanesische Grenze, ist uns ans Herz gewachsen. Unser Hotel befindet sich mitten in der Wüste, allein, ganz nahe beim wunderschönen Nationalpark Wadi el Gemal. Es fasziniert uns durch seine Abgeschiedenheit, die grosszügige Anlage mit herrlichen Gärten und das Hausriff, wo man beim Schnorcheln eine bunte Unterwasserwelt mit Schildkröten, Rochen, vielen anderen Fischen sowie Korallen entdecken kann. Vor allem aber fasziniert uns die Herzlichkeit der Mitarbeitenden, die wir teils seit Jahren kennen. Hier ist die sprichwörtliche ägyptische Gastfreundlichkeit noch gross.

Diejenigen, die wir von früher kennen, lassen uns auch diesmal teilhaben an ihrem Leben. Sie erzählen, wie schwer sie es hatten, als das Hotel in der Coronazeit fast zwei Jahre lang geschlossen war. Schön ist die Geschichte von Mustafa, der in dieser Zeit geheiratet und einen Sohn bekommen hat. Stolz und voller Freude zeigt er die Fotos. Wehmut schwingt jedoch in seiner Stimme mit, als er erklärt, dass seine Familie in seiner Heimat nahe von Luxor lebt und er sie nicht oft sehen kann.

Die Beispiele lassen uns wieder einmal bewusst werden, wie gut wir es haben. Und doch sind unsere ägyptischen Bekannten nicht unzufrieden. Sie strahlen eine Fröhlichkeit aus, die uns berührt. Sie sind froh, überhaupt einen Job zu haben, auch wenn der sie von ihrer Familie trennt. Und die politischen Unruhen sind hier im südlichen Zipfel Ägyptens auf dem afrikanischen Kontinent weit weg.

So erweitern wir wiederum unseren Horizont. Und zwar nicht nur geistig, sondern auch buchstäblich: Ich sauge das Bild am Strand, wo Himmel und Meer nahtlos ineinander übergehen, in mir auf. Davon werde ich lange zehren. Für mich ist es wie ein Blick in die Ewigkeit.