Kraft aus der Stille

Kennen Sie die Kartause Ittingen? Falls nicht, sollten Sie dies nachholen. Es ist ein wunderbarer Ort, der einem Kraft aus der Stille verleiht. Wir haben es ausprobiert.



Die Kartause Ittingen ist ein herrlicher Ort zum Auftanken. (Bild: mb.)
Die Kartause Ittingen ist ein herrlicher Ort zum Auftanken. (Bild: mb.)

Ich weilte schon früher einmal während eines Seminars im ehemaligen Kloster bei Frauenfeld und zögerte deshalb keinen Augenblick, als mich meine Tochter als Dank für das Korrigieren ihrer Masterarbeit zu zwei Tagen in der Stille einlud. Zwei Tage in der Stille – das tönte doch schon gut, ehe wir überhaupt nur dort waren.

Um es vorweg zu nehmen: Es waren zwei wunderbare Tage. Die altehrwürdige Klosteranlage der Kartause, eingebettet in die idyllische Thurlandschaft, bezauberte uns. Sie gehört zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern des Bodenseeraums und atmet noch heute den Geist ihrer Geschichte. Rund 700 Jahre lebten hier Mönche. Zuerst die Augustiner, dann ab 1461 bis zur Auflösung des Klosters 1848 die Kartäuser.

Seit 1983 betreibt eine privatrechtliche Stiftung unter dem Leitspruch «Erhalten und Beleben» in den ehemaligen Klostergebäuden ein Kultur- und Seminarzentrum. Sie führt in der Anlage auch ein Wohnheim mit Beschäftigung für 29 psychisch oder geistig beeinträchtigte Männer und Frauen. 29 weitere Personen kommen täglich zum betreuten Arbeiten in Werkstätten und Dienstleistungen, Weinbau, Gärtnerei und Umgebung, Käserei und Gutsbetrieb, Lingerie und Küche, für Verpackungsarbeiten für Industrie und Gewerbe. Damit führt die Stiftung die Tradition weiter, dass Klöster schwächeren Mitmenschen Unterstützung anbieten.

Wir spazierten durch die herrlichen Gärten und erkundeten die historischen Gebäude. Wir spürten in den Museen der klösterlichen Vergangenheit und der zeitgenössischen Kunst nach. Wir erlebten Musse und Inspiration fern von jeglicher Hektik. Das begehbare Labyrinth im Klostergarten, ein Ort der Selbstfindung und der Kontemplation, liess uns unsere Mitte finden. Und ganz speziell war die geführte Meditation im Raum der Stille: Innehalten, stille werden, meditieren war angesagt, was bei uns zu ganz unterschiedlichen Erfahrungen führte.

Auch die Hotellerie vermochte zu überzeugen – vom schönen, modernen Zweierzimmer bis zur feinen, gesunden Küche, die uns mit Produkten aus der eigenen Landwirtschaft verwöhnte. Natürlich erwarben wir vor der Abreise noch einige Leckereien im Klosterladen.

Die zwei Tage gaben uns Kraft aus der Stille und liessen uns zur Ruhe kommen. Gestärkt verliessen wir diesen wunderbaren Ort, wo alte Werte neu gelebt werden, und tauchten wieder in den Alltag ein.