Kunst im Gartenflügel Ziegelbrücke

Wer sich mit Ungewohntem, zuweilen Wildem, oft Ungestümem und punkto Inhalt fast Überquellendem befassen will, tut gut daran, sich an einem der Besuchstage in die Galerie Gartenflügel Ziegelbrücke zu begeben. Es ist in Zusammenarbeit mit dem Musée Visionnaire und der Galerie Susi Brunner eine Ausstellung entstanden, die in seltener Dichtheit mit Kunstschaffenden bekannt macht, die hin und wieder ganz abseits von Erwartetem tätig sind, aber mit spürbarer Intensität und Leidenschaft gestalten. Es scheint in diesen Kunstseelen ein nur selten versiegender Schaffensdrang zu schlummern, der – einmal geweckt – einem übersprudelnden Tun gleichzusetzen ist.



(Bilder: pmeier)
(Bilder: pmeier)

Gastkuratorin Giulia Ficco, Musée Visionnaire, hat das Schaffen von fünf Künstlern aus Italien, Frankreich und der Schweiz zusammengestellt und in wechselreicher, sehenswerter, zum langen Verharren einladenden Begegnungsfolge präsentiert. Kurze schriftliche Sequenzen dienen dem willkommenen Erläutern und Vertiefen im Auseinandersetzen mit Werken von Yves d `Anglefort (Frankreich), Nicola Giannini (Italien), Kurt Josef Haas (Schweiz), François Monchàtre (Frankreich) und Giuseppina Pastore (Italien). Anlässlich der Einführung zur Ausstellung sprach Rea Furrer, Leiterin des Musée Visionnaire.

Jean Dubuffet hat Art Brut einst wie folgt definiert: «Jeder weiss, was gemeint ist. Oder vielleicht nicht ganz? Gerade das weckt die Neugier, sich selbst anzuschauen.» Der Kunstbegriff stammt ebenfalls von ihm, dem bekannten französischen Künstler der Avangarde. Er begab sich in den 1940er-Jahren in unserem Lande und Frankreich auf die Suche nach Werken, die mit immenser Spontanität und ganz viel Persönlichem entstanden sind.

Er stiess bei diesem Suchen auf Kunstschaffende, die nicht in Konventionen verhaftet waren, die sich von Aktuellem abhoben und nichts nachahmten, was bewährt oder anerkannt schien. So wird die Kunst in unverfälschter, roher Form erleb- und einsichtbar. Unverkennbar wird damit der jeweils persönliche Stil. Viele Kunstschaffende haben sich Stil und Technik autodidaktisch angeeignet. Ihr Schaffen blieb hin und wieder unentdeckt, war der interessierten Öffentlichkeit unbekannt. Dubuffet hat – so nach Einsicht in die Einführung zur Ausstellung – viele Werke in psychiatrischen Anstalten aufgespürt. Malerei ist damit wertvolle, interessierende Therapieform, ist damit zu einem Teil Kunst der Aussenseiter. Dies ist in keiner Weise als herabmindernd oder einschränkend wertend zu verstehen. Es sind Werke mit hohem inhaltlichem und damit künstlerischem Wert entstanden. Naive Kunst hat einen hohen, bleibenden Stellenwert.

So hat sich François MontchàArtikeltres (*1928) im Bereich der etablierten, anerkannten Kunst positioniert. Freiwillig habe er sich in die vielfältige, vielschichtige Welt der Art Brut begeben, nachdem er die Absurditäten und Mechanismen des Kunstmarkts zur Genüge kennengelernt habe. Bei einer anderen, mit ihren Werken an der Ausstellung präsenten Künstlerin, Giuseppina Pastore (1940 – 2000) wurde eine psychische Erkrankung festgestellt. In ihren Bildern sind mannigfaltige Nachrichten enthalten. Wieder andere Bilder zeugen von Verträumtem, von Unrast, überbordender Kreativität, offenbaren Zärtlichkeiten, Anschmiegen, enthalten wirblige, kaum einzuordnende Botschaften, was deren Abläufe betrifft. Einiges kommt Gedichten gleich, birgt historische Tatsachen, weist auf Schicksale, Eigensinniges, Angst, Erwartungen und Träume hin. Vieles ist in wirbliger, verwirrlicher Abfolge zusammengefügt, bleibt unfassbar. In anderen Darstellungen dominieren starke Formen und Farben, kommt Verspieltes, durchaus Adrettes, Liebliches auf.

Diese Vielfalt mit starkem inhaltlichem Reichtum bleibt bis zum 17. Mai einsehbar. Die Galerie Gartenflügel ist an Samstagen und Sonntagen ab 16.00 – 18.30 Uhr geöffnet. Ausserhalb dieser Zeitspannen sind per Mail [email protected] oder Telefon 055 610 36 07 Kontaktaufnahmen angeboten. Auf der Website www.gartenfluegel.ch sind weitere Informationen abrufbar.