Willkommen zurück

Das Passwort zum WLAN steht angeschlagen vor der Tür, der Desinfektionsstand, Handschuhe und Maskenschachtel sind parat – zwei Meter Abstand zwischen Landrätinnen und Landräten: Die Umstände der ersten Landratssitzung nach Corona sind speziell. Dafür verspricht die Liste der Geschäfte «Business as usual», die Jahresrechnung, drei Geschäftsberichte, eine dringliche Interpellation und ein Memorialsantrag zur Krippenfinanzierung.



Willkommen zurück

Man trifft sich im langgestreckten «Schützenhaus»-Saal Glarus – im Landratssaal wäre es zu eng geworden –, die Sitzordnung ist angepasst, Landratspräsident Dr. Peter Rothlin beginnt mit den Worten: «Corona dauert weiter an. Wir wollen die Gesundheit bestmöglich schützen, unsere Vorbildfunktion wahrnehmen und uns an die Massnahmen halten.» Dann lässt er die Zusammenarbeit des Landratsbüros mit den Behörden Revue passieren. Unter dem zentralen Ziel, keine Ausbreitung, sei es immer ein Abwägen zwischen Risiken und Schäden, zwischen Freiheit und Menschenleben gewesen.

Spare in der Zeit …

Zu Beginn erklärte der Landrat den Memorialsantrag Jacques Marti «Gemeindeübergreifende Krippenfinanzierung» mit 24 Stimmen für zulässig und erheblich. Roger Schneider setzte sich nicht durch, er wollte den Antrag für nicht erheblich erklären, da es sich hier um motionsbedingtes Schattenboxen handle. Das Departement Bildung und Kultur habe die Notwendigkeit erkannt und werde sicher eine Lösung vorschlagen. Danach ging es um die sehr erfreuliche Jahresrechnung 2019, welche in der Detailberatung nicht einmal zu einem Votum veranlasste. Samuel Zingg, Präsident Finanzaufsichtskommission, sprach von einem mehr als nur erfreulichen Ergebnis, welches auch die Rechnung 2020 entlasten werde. Es sei aber offen, was die Coronakrise bringe. 2020 werde noch normal sein, aber der Blick auf 2021 gleiche dem Blick in die Kristallkugel. «Doch die Rechnung kann aus Sicht der Finanzaufsichtskommission ohne Änderung angenommen werden.» Andreas Schlittler freute sich, dass die gute Rechnung über 40 Millionen Abschreibungen erlaubt. «Auch anderen Kantonen und der Schweiz lief es gut.» Im Hinblick auf die Begehrlichkeiten bitte er den Regierungsrat, standhaft zu bleiben und nur im Rahmen der gesetzten Grenzen zu agieren. «Es kann sein, dass wir in Zukunft stärker auf die Finanzen schauen müssen.» Hans Jenny freute sich über den konsequenten und vernünftigen Umgang mit den Finanzen in der Vergangenheit. Für kommende Jahre schlägt er Steuersenkungen vor, um die Kaufkraft zu stärken. «Denn es sieht so aus, als seien wir erst am Rande der Krise.» Ruedi Schwitter mahnte: «Wir dürfen nicht vergessen: Es sind einmalige Ergebnisse wegen der Auflösung von KKL-Rückstellungen und auch das Ergebnis der Kantonalbank dürfte nicht jedes Jahr so gut sein.» Markus Schnyder verglich das Budget mit dem Regenwetter, dafür sei die Rechnung umso besser. Trotz einmaligen Effekten ein hervorragendes Ergebnis. Das Sprichwort «Spare in der Zeit, so hast du in der Not» zeige jetzt seine andere Seite. «Wir sind am Anfang der Not. Dass wir jetzt aus dem Vollen schöpfen können, ist auf unser Sparen zurückzuführen. Deshalb sollten wir daran festhalten, auch an den Einlagen in die diversen Fonds, die uns Spielraum geben.»

… so hast du in der Not

Christian Marti mahnte im Zusammenhang mit der Abschreibung der IH-Darlehen an Braunwald und Elm, nicht vorschnell eine gewisse Haltung zu zementieren. Man werde sich nicht an der Junisitzung, sondern nach den Sommerferien mit der Situation und den Darlehen auseinandersetzen können. Regierungsrat Dr. Rolf Widmer dankte der Kommission: «Sie hatten die undankbare Aufgabe, eine Vorlage zu beraten, die von den Ereignissen überrollt wurde. Anfang März war es wie bei zwei frisch Verliebten, der Himmel hing voller Geigen. Dann kam das Virus – es fühlte sich eher an wie bei einem 30-jährigen Ehepaar aber mit dem guten Gefühl: wir haben Reserven auf der Seite.» Covid19 werde in der Schweiz und im Kanton Glarus zu steigender Arbeitslosigkeit, steigender Sozialhilfe und steigenden Prämienverbilligungen führen, aber «der Kanton Glarus ist gut gerüstet, wir haben Reserven wie kein anderer Kanton in der Schweiz. Der Regierungsrat möchte an seiner nachhaltigen Finanzpolitik festhalten.» Man sei 2020 mit einem blauen Auge davongekommen, aber er brauche kein Budget, um vorauszusehen, dass die Ausgaben 2021 höher sein werden als die Einnahmen. Danach genehmigte der Rat die Jahresrechnung und nahm, ebenfalls ohne Wortmeldung, von den Kreditüberschreitungen Kenntnis.

GLKB und glarnerSach

Martin Leutenegger konnte als Verwaltungsratspräsident gleich zweimal nacheinander Stellung nehmen – zu den Geschäftsberichten von GLKB und glarnerSach. Bei der Bank fragte Pascal Vuichard, wann man dort ganz auf erneuerbaren Strom umstelle, damit Glarus nicht nur die digitalste Bank, sondern auch klimaneutralste Bank der Schweiz habe. Leutenegger unterstrich die Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Strategie der Bank. Beim Geschäftsbericht der glarnerSach trat der Landratspräsident in Ausstand, da er dort zum Verwaltungsrat gehört. Vizepräsident Hanruedi Forrer übernahm für ihn und Pascal Vuichard wiederholte seine Frage. Die glarnerSach prüfe derzeit die Markthalle mit einer Wärmepumpe auszurüsten. Christian Büttiker stellte die obligate Frage nach der ersten Frau im Verwaltungsrat oder wenigstens in der Geschäftsleitung – Leutenegger antwortete: «Sobald wir die Evaluation einer Nachfolge vornehmen, werden wir das Thema der Geschlechterdiversität oben auf die Traktandenliste stellen und – wo möglich – dem Regierungsrat eine Frau vorschlagen.÷

Systemrelevant

Die Fragen zum Geschäftsbericht der Kantonsspital Glarus AG beantwortete Verwaltungsratspräsident Dr. Arnold Bachmann. Regula Keller stellte fest: «Corona zeigt uns, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitswesen ist – dort arbeiten viele Frauen.» Sie bat Bachmann, über den Kostendruck im Gesundheitswesen nachzudenken. Gleich fünf Fragen hatte Sabine Steinmann an Arnold Bachmann und wünschte sich eine Auswertung des Managements während der Krise. «Als Pflegefachfrau habe ich mich immer gefragt, was ich aus der Coronakrise mitnehmen kann. Wir haben hier alle das beste gegeben, und ich will vorausblicken.» In Sachen Schutzmaterial wollte Steinmann wissen, ob Verantwortungen einfach weitergegeben worden seien. «Kann sich das Kantonsspital vorstellen, Schutzmaterial mit anderen Leistungserbringern einzukaufen und an Lager zu halten?» Zudem könne es nicht sein, dass in der Pflege dauernd wieder Überzeit gemacht werden müsse. Der Spagat zwischen Unternehmensentwicklung und Betreuung müsse auch die Pflegenden mit einbeziehen. «Was ist also an Massnahmen fürs Personal geplant? Wird es einen Corona-Bonus geben?», wollte sie wissen und dankte allen Mitarbeitenden des Spitals und der Heime. «Wir werden einen Bericht machen», versprach Bachmann und werde, falls es einen gebe, auch beim Gesamtbericht mitmachen. In Sachen Schutzmaterial habe man gesehen, dass das Material beschaffbar sei. «Im Spital hatten wir immer genügend Material, allerdings sind wir glimpflich davongekommen.» Die Versorgung werde wohl gesamtschweizerisch ein Thema sein, für die Lagerhaltung mache ein nationales Konzept Sinn. Ein grösseres Problem sei es, die entsprechenden Fachkräfte zu finden, «da sind die Ressourcen knapp.» Für die Mitarbeitenden seien im Rahmen von Corona Anerkennungen vorgesehen. «Es war für alle am Spital eine Herausforderung, speziell auf den Intensivstationen, aber auch anderswo.» Bonuszahlungen seien nicht vorgesehen, man liege per Ende Mai etwa 4 Mio. Franken unter Budget, da fehlten die Mittel für Bonuszahlungen, aber man plane drei Abende, um allen zu danken und die Gemeinschaft und die Solidarität zu zelebrieren. «Das ist ganz wichtig. Die Krise zeigt, dass Pflegepersonal systemrelevant ist. Deshalb zeigt sich, dass Lohndifferenzen zwischen Ärzten und Pflegenden – mit Blick auf die Systemrelevanz – nicht gerechtfertigt sind, es gibt hier also einen Bedarf.» Allerdings könne Glarus als Einzelspital nicht die Löhne erhöhen, «aber das muss auf nationaler Ebene diskutiert werden.» Namens des Gesamtlandrates dankte Peter Rothlin dem Pflegepersonal und allen Mitarbeitenden des Kantonsspitals.

Musik und Elektrofahrzeuge

Ohne Gegenvotum wurde die Motion von Marius Grossenbacher überwiesen, der die musikalische Bildung im Kanton Glarus stärken will. Regierungsrat Benjamin Mühlemann verwies darauf, wie wichtig es sei, hier die Rolle des Kantons neu zu denken und möglichst niemanden von der Förderung auszuschliessen. «Der Regierungsrat ist bereit, das anzupacken und das entsprechende Gesetz zu revidieren.» Auch das Postulat von Pascal Vuichard, welches beim kantonalen Fahrzeugpark eine Umstellung auf CO2-freie Antriebe fördern will, hatte in der Sache keine Gegner. Markus Schnyder beantragte namens der SVP-Fraktion, das Postulat trotzdem nicht zu überweisen, weil er es für eine Beschaffungsrichtlinie halte. «Ich gehe schwer davon aus, dass der Regierungsrat und die Verantwortlichen auf der Basis der Vorteile der Elektrofahrzeuge selber solche Fahrzeuge beschaffen. Etwas weniger Postulate wären – auch beim Klimaschutz – etwas mehr.» Regierungsrat Kaspar Becker stellte fest: «Dass wir heute darüber sprechen, zeugt von der Rückkehr zur Normalität.» Er stellte bei der Beschaffung ein systematischeres Vorgehen in Aussicht. «Zwar werden wir bei der Beschaffung nicht alles auf einen Schlag ersetzen, aber wir werden die verschiedenen Antriebe systematisch prüfen.» Das Postulat wurde dann mit 27 zu 26 Stimmen überwiesen.

Dreimal Interpellation

Markus Schnyder dankte für die «indirekte» Beantwortung der SVP-Interpellation «Auswirkungen des Coronavirus SARS-CoV2 auf die Glarner Wirtschaft» vom 17. März. «Unsere Wirtschaft steht vor einem Wiederaufbau, da geht es darum, die Krise als Chance zu nutzen und die Normalität, dort wo sie nicht so gut war, anzupassen.» Kritischer dankte Thomas Kistler für die Beantwortung der Interpellation «Umbau der Axpo Holding: Verbleib von Wasserkraft und Netz in Schweizer Hand» namens der Fraktionen SVP und SP. Insbesondere sei man nicht einverstanden, dass der Aktionärsbindungsvertrag nach acht Jahren ablaufen solle und die die Parlamente dann nicht mehr dabei sein sollen. Zum Schluss wies Simon Trümpi bei der Interpellation der SVP-Fraktion «Befristete Amtsstellen» auf den gestiegenen Personalaufwand des Kantons hin und rief Amtsträger und Landräte dazu auf, nicht jede befristete Stelle nach Ablauf in eine unbefristete umzuwandeln. Denn «das führt nicht zu Produktivität im Alltag, und genau diese Produktivität brauchen wir heute.» Peter Rothlin gratulierte zu den sportlichen Leistungen – insbesondere der Glarner Curler. Die nächste Sitzung des Landrates findet am Mittwoch, 24. Juni, statt.