Das Land entscheidet

Vier Traktanden standen auf der Liste – darunter die Aufhebung der Staatsgarantie und die Verordnung, welche Optionen schaffen will, falls Landsgemeinde oder Gemeindeversammlungen abgesagt werden müssen. Landratspräsident Hans-Ruedi Forrer begrüsste zu einer Landratssitzung in Vollbesetzung.



Das Land entscheidet

Beim Kantonalbankgesetz und der Änderung der Verfassung des Kantons Glarus traten, wie schon bei der ersten Lesung, Luca Rimini und Regierungsrat Rolf Widmer in den Ausstand. Zur Verfassungsänderung gibt es keine Wortmeldung, umstritten war dagegen die Unvereinbarkeitsklausel im Artikel 6 des Kantonalbankgesetzes. Landratsvizepräsident Hans-Jörg Marti beantragte namens der FDP-Fraktion Streichung des Absatzes a), der Landräte und Regierungsräte von der Wahl in den Verwaltungsrat der Kantonalbank ausschliessen will.

Einflussnahme über den Verwaltungsrat oder über die Generalversammlung?

«Wer mehr als 10 Prozent an einem Unternehmen besitzt», so Marti, «sollte auch im Verwaltungsrat Einsitz nehmen.» Das Argument der Entpolitisierung mit dem Ausschluss aus dem Verwaltungsrat sei fadenscheinig. Eine wichtige Aufgabe des Verwaltungsrates, so Marti, sei die Wahl der Geschäftsleitung und des CEO. «Wenn niemand aus dem Glarnerland mehr im Verwaltungsrat sitzt, sind Sie dann sicher, dass die Interessen des Glarnerlandes dort noch vertreten werden oder dass man in der Geschäftsleitung oder als CEO jemanden aus dem Glarnerland berücksichtigt? Halten Sie sich die Option offen, über den Verwaltungsrat die Geschicke der Bank mitzubestimmen?» Martin Landolt unterstützte diesen Antrag namens der BDP/GLP-Fraktion. «Der Regierungsrat ist gut beraten, klar zu sagen, dass er Einsitz nehmen will. Und dies zuhanden der Landsgemeinde. Diese Möglichkeit ist wahrzunehmen. Der Leistungsauftrag im Gesetz allein reicht nicht aus.» Landolt kritisierte zudem das Vorgehen, dass das Gutachten erst am Montagabend – 36 Stunden vor der Sitzung – versandt worden sei. Markus Schnyder beantragte namens der SVP-Fraktion ebenfalls Unterstützung. «Der Regierungsrat soll zumindest nicht unwählbar sein, so kann die Generalversammlung, wenn sie das will, auch einen Regierungsrat wählen.» Schnyder warnte vor der Scheinsicherheit, dass ein Verwaltungsrat, der zugleich Politiker sei, dann auch im Sinne der Politik eingreife, sah in der Streichung aber eine Verwesentlichung.

Landräte nein, Regierungsräte ja

Beat Noser beantragte namens der CVP-Fraktion, nur das Wort «Regierungsrat» zu streichen, sodass Landräte nicht wählbar bleiben, da der Landrat als Oberaufsicht der Landsgemeinde Antrag stelle. Mathias Zopfi nannte diesen Vorschlag hanebüchen. «Wir Landräte sind keine Berufspolitiker, alle hier drin können in privatrechtlichen Verwaltungsräten Einsitz nehmen.» Zudem würden diese Mandate offengelegt.

Thomas Tschudi störte sich an der Forderung, dass unbedingt ein Regierungsrat drin sein sollte. «Die Regierung kann mit ihren 33,3 Prozent immer noch Einfluss nehmen, dass ein Glarner reinkommt. Es wäre sinnvoller, dass das keine Muss-Formulierung ist, sondern dass der Regierungsrat Einsitz nehmen kann.»

Landesstatthalter Benjamin Mühlemann verwies auf die rechtlichen Abklärungen, welche stattfanden. «Auch die Detailprüfung ist durchaus legitim.» Zum Thema Regierungsvertretung im Verwaltungsrat seien – so Mühlemann – in der Kommission keine Anträge gebracht worden. Dem widersprach Mathias Vögeli. Er habe dort verlangt, dass bei einer Mehrheitsbeteiligung, welche dann in der Kommission unterlag, der Regierungsrat vertreten sein müsse. Die Unvereinbarkeitsklausel dagegen, so Mühlemann, sei Thema gewesen. Das Einführen einer Muss-Klausel hätte Anpassungen in den Statuten der Bank zur Folge. Das Gesamtpaket des Regierungsrats wolle konsequent entpolitisieren. «Ich erinnere Sie an die Vorteile der Klausel. Damit unterstreicht der Kanton, dass er sein Recht nur als Hauptaktionär wahrnimmt, aber sonst nicht spezifisch Einfluss nimmt. So setzt er sich dem Risiko der Verantwortlichkeit weniger aus. Denn Verwaltungsratsmitglieder sind in erster Linie der privatrechtlichen Gesellschaft verpflichtet.» Zudem hinke der Vergleich mit dem Privatinvestor, da Regierungsrat und Landrat Aufsicht über die Bank haben. Der Antrag der CVP-Fraktion unterlag gegenüber dem Streichungsantrag eventual. Danach strich der Landrat in der Hauptabstimmung mit grossem Mehr Buchstabe a der Unvereinbarkeitsklausel.

Mit Ja an die Landsgemeinde

Danach beantragte Thomas Kistler die Ablehnung der gesamten Vorlage. «Heute geht es der GLKB gut, ja sehr gut. Trotzdem sind wir dagegen, dass die Bank weiter privatisiert werden soll.» Mit der neuen Regelung verzichte man auf die Staatsgarantie und die 3 Millionen Franken jährlich als Prämie daraus. Er glaube aber nicht, dass die Bank in schlechten Zeiten nicht trotzdem unterstützt werde. Zudem gebe es, so Kistler, andere Mittel zur Risikoreduktion als den Aktienverkauf. «Wenn die Bank zu gross ist und ein zu grosses Risiko, soll sie wieder kleiner werden.» Zudem fehle ein griffiger Leistungsauftrag für die Glarner Kantonalbank. Die Bank solle etwas fürs Gewerbe, für die Liegenschaftsbesitzer und überhaupt für die Leute mit kleinem Budget tun und guten Service für Vereine und Gemeinden – etwa im Zahlungsverkehr – anbieten. Sie solle keine «kleine Grossbank» sein, sondern eine Bank fürs Glarnerland. Roger Schneider widersprach ihm. Man verlange Risikoreduktion, nenne aber keine Mittel, wie das geschehen soll. Man wolle kleiner werden, sage aber nicht wie und man verlange einen griffigeren Leistungsauftrag. Dazu hätte man, so Schneider, genügend Zeit gehabt. Rahel Isenegger beantragte wie Kistler Ablehnung der Vorlage. «Was bestimmen wir noch, wenn wir dieses Recht abgeben?», fragte sie. «Die Kantonalbank muss den Glarnern gehören, wozu wäre sie sonst da?» Bereits seien Sozialversicherung und Kantonsspital in eine AG überführt. «Die GLKB ist ein Zeichen glarnerischer Solidarität, als Modell mit einer Staatsgarantie. Das braucht man nicht abzuschaffen.»

Beat Noser beantragte Ablehnung des SP-Antrags. Das Standing der Bank habe sich verändert, das Zinsgeschäft erodiere. Also bleibe den Banken nur die Gebührenerhöhung oder die Volumenvergrösserung. «Da ist die GLKB auf einem sehr guten Weg, sie hat sich ausserhalb des Kantons ein Geschäftsfeld aufgebaut, und mit der Kreditfabrik ein risikofreies Feld geschaffen. Der Heimmarkt ist für die GLKB zu klein, sie braucht das Marktumfeld der gesamten Schweiz.» Landesstatthalter Benjamin Mühlemann argumentierte: «Ablehnung würde den Status quo bedeuten, obwohl wir uns vorgenommen haben, die Eigentümerstrategie zu evaluieren. Hier ist es nur logisch, die nächsten Schritte zu planen und intensiv zu diskutieren.» Der Verzicht auf Staatsgarantie bedeute auch Verzicht auf die Abgeltung. «Es geht darum, das implizite Risiko zu minimieren.» Mühlemann widersprach Kistler: «Die heutige Bank ist nicht zu gross, sondern so gross, dass sie Substanz für ihr Kerngebiet für Dienstleistungen im Kanton Glarus hat. Die Verkleinerung würde zum Verlust von Substanz führen.» In der Schlussabstimmung beschloss der Landrat mit Ausnahme der SP-Fraktion die Überweisung an die Landsgemeinde im befürwortenden Sinn.

Letzter Ausgang Urne

Danach beriet der Landrat in erster Lesung eine neue Verordnung, welche die Optionen bei der Absage von Landsgemeinde oder Gemeindeversammlungen regeln will. Bruno Gallati als Präsident der Kommission Recht, Sicherheit und Justiz referierte die komplexen Beratungen der Kommission. Da die Verfassung den Fall, dass eine Landsgemeinde nicht stattfinden kann, nicht regelt, müsse der Landrat tätig werden. «Leider ist für die aktuelle Pandemiesituation wenig geregelt. Deshalb braucht es eine Verordnung durch den Landrat. Je länger die Pandemie andauert und für den Fall, dass 2021 keine Landsgemeinde stattfinden kann, stehen immer mehr dringliche Geschäfte an.» Es gehe mit der Verordnung nicht um die Beschneidung der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern, sondern darum, sie – soweit immer möglich – auch mit der Schaffung von Urnenabstimmungen am politischen Prozess dennoch zu beteiligen. Die Inkraftsetzung von Artikel 4, der die Möglichkeit von Urnenabstimmungen auch bei Sachvorlagen schaffen will, und die Vorbereitung solcher Urnenabstimmungen brauche Zeit. Die Verordnung, so Gallati, solle sofort in Kraft treten und längstens bis 30. Juni 2022 gelten.

Mindern und Mehren

Gabriela Meier Jud beantragte namens FDP-Fraktion Eintreten und Zustimmung. «Das oberste Ziel muss sein, dass so bald wie möglich eine Landsgemeinde stattfinden kann. Doch trotzdem lässt die pandemische Lage es derzeit nicht zu, dass Menschen sich über längere Zeit treffen.» Deshalb brauche es in besonderen Zeiten besondere Massnahmen. «Wichtig ist aber auch, dass die verfassungsmässigen Rechte, wo immer möglich, wahrgenommen werden können.» Urnenabstimmungen müssten – als ultima ratio, also als letzter Ausweg – möglich werden, «in der Hoffnung, dass dies nicht sein muss.» Mathias Zopfi beantragte namens der Grünen ebenfalls Eintreten und Zustimmung. «Diese Vorlage ist ebenso wichtig wie die Kantonalbankvorlage», sagte Zopfi und erwähnte dann auch die Widersprüche und Unsorgfältigkeiten der Vorlage. «Wenn die Landsgemeinde zu einer Vorlage beschliessen darf, so muss sie abändern können.» Zudem sei die Argumentation bei der Ablehnung der SVP-Motion für eine ausserordentliche Landsgemeinde unsorgfältig. «Mit dieser Vorlage ändern wir die Verfassung des Kantons. Ich frage mich, besteht eine Rechtsgrundlage für diese Interpretation des Artikels 89 Absatz 1 Buchstabe f der Kantonsverfassung?»

Emil Küng beantragte namens der SVP Eintreten und Unterstützung. «Die Stimmbürger/-innen erwarten, dass wir einen Weg aufzeigen, wie es weitergeht. Hier wird sehr zurückhaltend und mit hohen Hürden und zeitlicher Befristung darüber nachgedacht.» Hans Schubiger setzte sich namens der einstimmigen BDP/GLP-Fraktion für die Genehmigung ein. Wir müssen das höchste politische Organ, also die Landsgemeinde, sicherstellen. «Bisher gab es das noch nie, dass eine Landsgemeinde nicht stattfand. Jetzt braucht es eine Regelung, das müssen wir heute angehen und die Verantwortung übernehmen, das Geschäft beraten und eine Lösung finden.»

Auslegeordnung

Frau Landammann Marianne Lienhard beantragte namens des Regierungrates Eintreten und Zustimmung und machte eine Auslegeordnung. «Sollte es sich wiederholen, dass die Landsgemeinde nicht stattfindet, so droht die politische Blockade. Dieser Blockade müssen wir begegnen, denn die Verfassung sieht dafür keine Option vor. Dazu müssen wir diese Verordnung erlassen. Es ist auch das oberste Ziel des Regierungsrates, dass so bald wie möglich eine Landsgemeinde stattfinden kann. Aber wir dürfen nicht die Augen vor der Pandemie verschliessen. Erste Priorität ist die Durchführung einer Landsgemeinde am 1. Maisonntag. Zweite Priorität ist die Verschiebung der Landsgemeinde, das liegt in der Kompetenz des Regierungsrates. Dritte Priorität hat die Inkraftsetzung dringender Geschäfte durch den Landrat bis zur nächsten ordentlichen Landsgemeinde. Vierte Priorität hat die Schaffung einer Urnenabstimmung für dringliche und unaufschiebbare Geschäfte. Die Ausgestaltung der Verordnung dazu liegt in der Kompetenz des Landrates.» Denn nach Art. 89 Abs. 1 Buchstabe f der Verfassung könne der Landrat die Rechtsetzung in dringlichen Fällen beschliessen. «Das hat er bei den Millionenbeträgen der Härtefälle jetzt drei Mal getan. Solche Geschäfte werden gemäss Memorial der nächsten Landsgemeinde vorgelegt.» Sie gab Mathias Zopfi Recht und nahm seine kritischen Punkte auf. Doch: «Auf die Frage der Verfassungsgrundlage gehen wir davon aus, dass der erwähnte Artikel dem Landrat die Kompetenz gibt.»

Reduzieren und Durchführen

Christian Marti plädierte für die Durchführung der Landsgemeinde. «Die Vernunft sagt uns, dass wir Vorkehrungen treffen müssen. Wir haben das Mindern und Mehren im Blut. Wir erachten die Durchführung einer Landsgemeinde dieses Jahr als zwingend. Das sichert emotional, rechtlich und sachlich Stabilität über die Zeit der Pandemie hinaus.» Es brauche rechtsverbindliche Entscheide. «Sonst gibt es einen Gesetzgebungs- und Entwicklungsstau, was das Glarnerland ins Hintertreffen stellt.» Man solle die Landsgemeinde mit Schutzkonzept, aber, wenn nötig, ohne Einzug und ohne Kalberwurstessen durchführen. «Es ist dringend und wichtig für die Demokratie und die weitere Entwicklung des Kantons, dass die Landsgemeinde stattfindet – am 2. Mai oder Anfang September.» Samuel Zingg verlangte die Ergänzung der Kantonsverfassung zuhanden der Landsgemeinde 2022. Sabine Steinmann stellte sich hinter die Absicht der Motion für eine ausserordentliche Landsgemeinde. Es sei zu prüfen, ob man die Landsgemeinde wegen der vielen Traktanden an zwei Tagen nacheinander durchführen wolle. Mathias Zopfi verlangte danach die ersatzlose Streichung von Artikel 4, der die Möglichkeit einer Urnenabstimmung auch für Sachgeschäfte vorsieht. «Während der Krise ist es schwieriger, gute Gesetze zu machen. Die Notwendigkeit zu diesem Artikel ist schlicht nicht gegeben. Welche Vorlage zu einer Sachabstimmung ist so dringlich, dass sie an der Urne abgestimmt werden muss? Es gibt schlicht kein Beispiel.» Zudem nehme der Artikel eine Lösung vorweg. «Der Artikel kann im Herbst 2021 problemlos beraten werden, wenn die Abstimmung sowieso erst im Frühling 2022 stattfinden könnte. Wenn wir diesen Artikel aufnehmen, ändern wir ohne Not die Regeln und gefährden die Landsgemeinde.» Thomas Kistler hielt ihm entgegen: «Wir haben die Bedeutung dieses Artikels auch besprochen. Wir von der SP finden Abstimmen können wichtiger als Mindern und Mehren. Landsgemeinde mit Mindern und Mehren ist mir wichtig, aber noch wichtiger ist, überhaupt demokratische Entscheide fällen zu können. Deshalb lassen Sie den Artikel drin.» Bruno Gallati unterstützte das Votum Kistler. «Wir haben ein Jahr ohne Landsgemeinde hinter uns, deshalb ist das jetzt wichtig, das zu machen. Wir alle stehen hinter der Landsgemeinde, aber der Urnenentscheid ist das kleinere Übel gegenüber der Lage, dass man gar nicht entscheiden kann. Ohne Artikel 4 hat die Vorlage keinen Boden mehr.» Frau Landammann Marianne Lienhard argumentierte ebenfalls für die Möglichkeit der Urnenabstimmung als letzten Ausweg. «Mit dieser Verordnung können wir uns einen Vorsprung raushandeln, im derzeit schnell wechselnden Geschehen. Wir müssen schauen, dass wir gut mit der Krise umgehen können. Alle Geschäfte sind wichtig und es braucht ein Instrument, um aus der Blockade zu kommen. Geben Sie sich selbst dieses Instrument in die Hand. Sie können sich das selbst gut zumuten.» Der Grossteil des Rates behielt Artikel 4 bei, die Grüne Fraktion stimmte für Streichung, das Geschäft unterliegt einer zweiten Lesung.

Keine Stellvertretung, dafür Braunwald autofrei

Die Motion Vuichard zur «Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Stellvertretung im Landrat» wurde vom Landrat auf Antrag der Regierung abgelehnt. Andrea Bernhard und Priska Grünenfelder hatten sich davor für eine Überweisung eingesetzt, um damit die Partizipation – insbesondere für Frauen und jene, die sich zeitlich nicht so stark engagieren können – zu ermöglichen. Das Postulat «Braunwald autofrei» wurde als erledigt abgeschrieben und der Landratspräsident verabschiedete René Marfurt. Die nächste Sitzung findet am Mittwoch, 21. April, statt.