Lauralei – Bewegende Lesung und intensive Musik

Zuweilen tun sich Welten auf, die unwillkürlich zum Innehalten Anlass geben. In der stadtglarnerischen Kulturbuchhandlung Wortreich war dies der Fall. Karin Künzle entführte einen ins Toggenburg, in eine Zeit, die vom Zweiten Weltkrieg und den damit verbundenen grossen Ungewissheiten geprägt war. Sie gebraucht eine schnörkellose, direkte Sprache. Die Direktheit und Offenheit, die grosse nachvollziehbare Ehrlichkeit faszinieren. Da die musikalische Begleitung samt Liedtexten die grosse Verbundenheit zum Buchinhalt offenbarten, ergab sich unweigerlich packendes Zuhören.



Die musikalische Ausgestaltung war Sache von Simone Felber, Gesang; Elias Menzi, Hackbrett und Adrian Würsch, Schwyzerörgeli.
Die musikalische Ausgestaltung war Sache von Simone Felber, Gesang; Elias Menzi, Hackbrett und Adrian Würsch, Schwyzerörgeli.

Wie gewohnt begrüsste Christa Pellicciotta, schwungvoll und in willkommener Kürze auf Kommendes hinweisend. Dann war es Zeit für Karin Künzle, die aus ihrem Erstling geschickt ausgewählt hatte. Die musikalische Ausgestaltung war Sache von Simone Felber, Gesang; Elias Menzi, Hackbrett und Adrian Würsch, Schwyzerörgeli. Ihr Spiel war intensiv, war von den Geschehnissen, wie sie im Buch enthalten sind, geprägt. Nie brauchten sie knallige, laute Töne. Sie gestalteten sorgsam, einfühlend, mit Bezug auf das wechselvolle Geschehen beinahe respektvoll, in spürbarer gegenseitiger Abgestimmtheit aus.

«Lauralei» führt anfänglich ins Jahr 1937 zurück. Das Geschehen dreht sich um die junge Lina. Sie verliebt sich in Johann. Er ist als Knecht auf dem elterlichen Hof tätig. Er schätzt die ihn umgebende Natur, schildert mit grosser Hingabe, wenn es um Berge und frei lebende Vögel geht. Er ist ein subtil Betrachtender. Die gegenseitige, innige Zuneigung wird durch äussere Umstände auf eine harte, lang andauernde Probe gestellt. Als Lina schwanger wird, muss Johann den Hof verlassen. Kriegswirren führen für ihn zum Militärdienst, zur langen Trennung von Lina, die nur aus Briefen erfährt, was er durchlebt. Ihr Schicksal hat erschütternde Folgen. Sie verlässt das Toggenburg. Nach vielen Jahren erhält sie on Johanns Enkelin Laura Besuch. Ganz viele Erinnerungen und Geheimnisse werden wach. Es bahnt sich eine innige Beziehung an.
Lesung und Musik entführten in eine lichte Welt, in luftige und helle Weiten. Es ist die Rede von einer Kiste, die zahlreiche Briefe und Erinnerungen birgt. Beinahe suggestiv wirkt da das Musikalische in zuweilen gleichförmigem Auf und Ab. Im buchgebundenen Mittelpunkt stehen Lina und Johann, sind Liebe, Schwärmereien, Entbehrungen, Enttäuschungen. Es wird von Innigem, Fröhlichem berichtet. Die Schwangerschaft weckt Vorfreude, aufs Kind und auf die gemeinsame Zukunft. Lina muss die schwierige Geburt alleine schaffen. Zwei Jahre lang hat sie Johann nicht mehr gesehen. Wie viele andere sehnt sie sich nach Sicherheit und Ruhe, will ihr eigenes Glück leben, will Johann im angekündigten Urlaub treffen. Das scheitert, wird mit beklemmender Intensität geschildert.
Karin Künzle hat die verschiedenen Momente geschickt ausgewählt, mit ihrer Lesung in sensibler Art auf mannigfaltige Geschehnisse aufmerksam gemacht und den Bogen über Verschiedenartiges gespannt. Es sind zuweilen innige Bezüge zum Flug und Leben der Vögel. Es wird in solchen Momenten vermutet und ausgedeutet. Man wird mit dem Jahr 2006 nach Winterthur geführt, nimmt am intensiven, von vielen Fragen geprägten Zusammentreffen von Lina und Laura teil, folgt Gesprächen über Geburt und Alleinsein.

Die Musizierenden und die Buchautorin haben unglaublich viele Gefühle geweckt, haben zu Lebensinhalten geführt, die zum Alltag gehören; die Belastung, Freude, Probleme, Trauer, Betroffenheit, Spass, Innigkeit, Wertschätzung und anderes sind, die so spannend aufleben und beschrieben sind. Sprachreichtum, einfühlendes Schildern und willkommene Direktheit machen dieses Buch enorm lesenswert.