«L¨cke» – Patti Basler und Philippe Kuhn in der Aula Glarus

Es war eine geballte Ladung an Unerwartetem, Frechem, launigem Kommentieren, Wortverspieltem, zuweilen Überdeutlichem, dann wieder – im wahrsten Sinne des Wortes – «Untergürtelliegendem», das ab Bühne der Kanti-Aula von Patti Basler und ihrem Bühnenpartner Philippe Kuhn, am Klavier intentionsreich begleitend und mitkommentierend, den Besucherinnen und Besuchern angeboten wurde. Die Titelgebung liess ansatzweise erahnen, dass noch irgendetwas fehlte.



Patti Basler (Bilder: p.meier)
Patti Basler (Bilder: p.meier)

Und diese Lücke wurde über deutlich mehr als zwei Stunden hinweg ausgefüllt. In unserer Welt, damit in der gesamten Gesellschaft, der arg gebeutelten Natur, in Politischem, Beruflichem, zuweilen gar intim Zwischenmenschlichem, Geschlechterspezifizierungen, vor Wahlen und forderndem Auswählen, in zahllosen Kommentaren – seien sie nun passend oder unpassend, in Glaubensfragen, halb und ganz Göttlichem, in Kulturellem sind Lücken, die es zu schliessen gilt. Patti Basler tat das mit oft scharfsinnigem Kommentieren, verbalem Ergänzen und Umdeuten zahlloser Begriffe. Sie bezog Personen aus dem Publikum mit ein, kommentierte deren Statements, spielte mit Vornamen und Aussehen, vermutete gar keck.
Philippe Kuhn amtete am Klavier zuweilen solistisch, war auch brillant Begleitender, outete sich als profunder Kenner des statistischen Materials, war ebenso keck, spritzig und zuweilen überdeutlich wie seine Bühnenpartnerin.

Das «L¨cken» wichtig seien, akzeptierte man sofort – sonst wäre diese Programmfülle nie und nimmer zustandegekommen. In Windeseile konnte von einem Inhalt zum nächsten geschritten werden. Patti Basler stellte sich als Bauerntochter aus dem Fricktal vor. Die ewige Pflückerei von Kirschen hatte es ihr angetan, hatte ihre Kindheit ein klein wenig geprägt. Ebenso gehören Fleischkonsum, Töten von Hoftieren, Veganes und anderes dazu. Philippe Kuhn wies auf seine Jugendzeit im Wallis und anderes hin.

Wenn von der Klaviatur der hohen Künste die Rede war, hatte man innerlich umzustellen, anders als beim Auswählen jener Personen aus dem Publikum, die immer wieder zitiert, zuweilen leicht blossgestellt wurden.

Dann ging es querbeet, gnadenlos erläuternd, durch die Fülle von Auffälligem, nicht selten schwer Verständlichem. Dazu gehörten die Missbrauchsfälle der Kirche, die geistlichen Hierarchien, der Fachkräftemangel, das Leben auf einem Bauernhof, die klebrige Kirschenkonfitüre, Geburten, ärztliche Untersuchungen, Zahnarztbesuch samt tiefgreifendsten Behandlungsmomenten und satten Kommentaren, pünktliche Bahnverbindungen, Geburt und Krippenplätze, windeltragende Unterstufenkinder, Heirat samt Namensänderung, amouröse Bett- und weitere Geschichten, Klimaaktivisten und Folgen beim Festkleben und Verharren auf irgendwelchen Strassen, Künstliche Intelligenz, Energieträger aller Art – man nahm die Fülle der zu schliessenden Lücken wahr. Man spürte, wie das zuweilen uferlos werden kann, wenn es ums witzige Umdeuten und Ergänzen geht.

Philippe Kuhn als Vertreter der KI war echt clever, das Publikum stellte wenige Fragen. Und urplötzlich war alles vorbei – offene Lücken bleiben, angesichts aller Fakten, mit denen wir in uferlosen Dimensionen konfrontiert sind. Das war ab Bühne klar zu vernehmen.