Lebenswerk zu Lebzeiten

Der Ostschweizer Künstler Felix Grossenbacher war ein ganzes Leben lang kunsttätig. Mal mehr und mal weniger. Erst seit seine Augen nicht mehr richtig mitmachen, ist seine Kreativität nahezu unerschöpflich. Eigentlich paradox. Zwischen Mai und Oktober stellt die Lihn-Galerie ein Querschnitt durch das bisherige Kunstschaffen des Sarganserländers aus.



Ausgestellt in der Lihn-Galerie in Filzbach: Lebenswerk und Collagen vom Sarganserländer Künstler Felix Grossenbacher. (Bild: zvg)
Ausgestellt in der Lihn-Galerie in Filzbach: Lebenswerk und Collagen vom Sarganserländer Künstler Felix Grossenbacher. (Bild: zvg)

Bei Felix Grossenbacher beginnt der Tag erst um 13.00 Uhr. Dafür arbeitet er bis nach Mitternacht und gönnt sich die Morgenstunden meist im Bett. Wir sitzen in der Stube von Grossenbachers. Am Eingang steht ein Blindenstock, ein helles Wohnzimmer eröffnet den Blick auf das Pizol-Massiv. Überall sind Bilderschienen befestigt, unzählige Kunstwerke zieren die Wände. «Grossenbachers Lebenswerk soll in der Lihn-Galerie ausgestellt werden», das war die Idee, die bei der ersten Besprechung plötzlich im Raum stand. Eigentlich wollte er als Jugendlicher gerne die Kunstgewerbeschule besuchen und «etwas Grafisches» lernen. Sein Vater fand das aber keine gute Idee, so startete er eine SBB-Karriere. Trotzdem begann er 1962 in der Freizeit, in einem eigenen Atelier, mit seinem Kunstschaffen. Bei Karriere, Familie und Hobbys blieb das künstlerische Gestalten jedoch immer wieder im Hintergrund. Und doch entstanden ein- bis zwei Mal pro Jahr unterschiedliche Werke. Früher waren es farbenprächtige, aber aufmüpfige Collagen, Kreidezeichnungen, Bleistift- und Tusche-Bilder, Linolschnitte, auch einzelne Aquarelle. Seit einigen Jahren verliert der heute 77-Jjährige immer mehr sein Augenlicht. Bewundernd, dass er dadurch nicht wie viele andere Betroffene resigniert, sondern sich mit grosser Kreativität und Schaffenskraft von anderen sehbehinderten Künstlern animieren lässt und sich einem neuen Kunst-Genre zuwendet: den Collagen.

Papier, Lineal und Japanmesser


So hantiert Felix Grossenbacher heute mit vielen bunten Papieren, Schere, Japanmesser, Lineal und Zirkel. Die Elemente für seine Collagen schneidet er meist spontan, ohne Entwurf oder Vorzeichnung. Ein alter Freund aus der Kunstszene gab ihm den Tipp, die Schere einfach laufen zu lassen, wenig zu studieren. Heute arbeitet er nur noch selten damit, zu schwierig ist es, ohne Lineal die Linie zu finden. Mit Elan und fasziniert blättert er durch die Bilderauswahl, erzählt über die Entstehung der einzelnen Bilder. Der Betrachter sieht darin Figuren, Formen, Symmetrien, assoziiert mögliche Bildtitel, die sogleich wieder verschwinden. Darauf angesprochen verneint Grossenbacher: Er selber sieht in den Bildern nur die Formen, die Symmetrien und das Durchbrechen derselben. Verschiebungen und Verschränkungen schaffen dabei überraschende, räumliche Wirkungen der Farbflächen. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Keine Bildtitel, keine Geschichten. Die überlässt er dem Betrachter.

Immer wieder springt seine Frau Claudia ein, sucht ein bestimmtes Bild, holt einen Kunstband aus dem der Künstler zitieren will, sie leiht ihrem Mann sozusagen ihre Augen. Die beiden sind ein gut eingespieltes Team. Bis heute sind über 500 Collagen entstanden, jeden Tag kommt eine neue dazu. Sobald ich die Stube verlassen habe, wird sich Felix Grossenbacher ans Tageswerk machen und eine neues, kleines Kunstwerk schaffen.

Kunst-Vernissage mit Apéro


Am Samstag, 16. Mai 2015, findet in der Lihn-Galerie um 16.00 Uhr die Kunstvernissage mit Felix Grossenbacher statt. David und Moses Kobelt umrahmen den Anlass musikalisch, Emil Zopfi hält die Laudatio und Hannes Hochuli führt durch den Künstlerdialog. Wer anschliessend noch mehr Lihn geniessen möchte, bleibt zum Texas-Buffet und zum Konzert mit dem texanischen Musiker mit Danny Santos.