Linard Bardill – ein Begegnen mit Fragezeichen

Auf Einladung des Kulturvereins Glarus Süd gastierte der Liedermacher, Erzähler und Buchautor mit seinem Jubiläumsprogramm «Best of 33» im Gemeindezentrum Schwanden. Von Liedern, Begegnungen und kreativ Geschaffenem aus einer derart langen Zeit eines bewegten und bewegenden Lebens zu erzählen, die Gäste mit Musikalischem vertraut zu machen, sie auf diese lange Reise derart einzubeziehen, dass man Kostbares möglichst ganzheitlich mitbekommt, ist alles andere als einfach.



Linard Bardill – ein Begegnen mit Fragezeichen

Nach der kurzen, herzlichen Begrüssung durch Ruth Tüscher, Präsidentin des Kulturvereins Glarus Süd, betrat Linard Bardill die Bühne. Er hatte sich einer sehr fordernden, selber auferlegten Aufgabe zu stellen. Bedeutsames, Prägendes, Erfolgreiches, auch Belastendes und Entmutigendes aus einer überquellenden Fülle an Geschehnissen herauszuschälen, ist mit begreiflichen Schwierigkeiten verbunden.

Problematisch war es bereits mit dem Verstehen der Botschaften, vieles kam gar nicht rüber, weil es an der wünschenswerten Klarheit und deutlichem Ausdrücken mangelte. Da spielte die Technik gar unbefriedigend mit – derart, dass einige der nicht eben zahlreichen Besucher dem Gemeindezentrum in der Pause spürbar verärgert den Rücken kehrten. Von diesem Mangel erhielt Linard Bardill in diesem Zeitraum Kenntnis. Er steuerte das dann besser aus, die Klarheit der Botschaften wuchs.

Linard Bardill, im Oktober 1956 in Chur geboren, wuchs im deutschsprachigen Cazis auf. Über seine Mutter reichen seine Verbindungen ins rätoromanische Unterengadin und ins Münstertal. Früh trat er an verschiedenen festlichen Anlässen mit Liedern auf. Nach dem Besuch der Evangelischen Mittelschule Schiers studierte er an der Uni Zürich Theologie und schloss 1984 ab. Erfolge mit seinen Liedern waren für ihn wegweisend, prägend. Er begann mit dem Komponieren und Singen ab etwa 1984. Es kamen dann verschiedenste CDs und zahlreiche Romane für Kinder und Erwachsene auf den Markt – mit grossen Erfolgen. Seine Werke sind in Deutsch, Vallader und Rumantsch Grischun erschienen. Erwähnt seien «Tamangur», «Das geheimnisvolle Buch. Aus dem Rucksack von Andri», «Das gelbe Ding», «Die Baumhütte Falkenburg», «Ro und die Windmaschine» und der Roman «Fortunat Kauer» – alle zwischen 1984 und heute publiziert. Bardill wurde 1989 mit dem Deutschen Kleinkunstpreis und ein Jahr später mit dem Salzburger Stier ausgezeichnet, für zwei Alben erhielt er in den Jahren 2000 und 2004 Goldene Schallplatten.

Im ersten Teil sang und erzählte Bardill von verschiedenen Stationen seines beeindruckend reichhaltigen Schaffens, beginnend in «Tamangur», mit Neuzeitlichem endend. Man bekam einiges mit, was Geistern, Nebel, Glück, gegenseitige Zuneigung, Liebe, Toleranz, Alltag mit zu erziehendem Hund, Verweilen am Tisch, Teegenuss betraf, horchte urplötzlich auf, als es um Che Guevara, Gewicht und Fluch einer Nacht, Reisen ohne klare Ziele, bewegungsstarke Wellen und Sterne ging, die wie Fenster sind. Bardill tippte gar viel, hin und wieder zu viel an, war inhaltlich in fordernder Geschwindigkeit unterwegs. Es war eine spannende, aber überladene Reise. Im Verlaufe einiger Erläuterungen erfuhr man einiges über Bardill als Strassensänger, als «Verbalen Terroristen» – wie ihn Gegner einst titulierten. In diesem Reichtum an gesungenen und gesprochenen Botschaften ging bedauerlicherweise zu viel verloren. Man erahnte die poetische und musikalische Vielseitigkeit, die innigen, reichen Bekenntnisse und Erkenntnisse in der überbordenden Fülle der ab Bühne zu rasch wechselnden Inhalte. Linard Bardill erzählte vom Zusammensein mit Pippo Pollina, von zahllosen gemeinsamen Auftritten und nachvollziehbar bewegenden Geschehnissen über Liedinhalte, die romanische Sprache und anderes.

Nach der Pause schränkte Bardill den Kreis des Geschehens ein. Vielen war das sehr willkommen. Man erkannte plötzlich, wie stark, ehrlich, gegenständlich, selbstkritisch und umfassend sich Bardill mit Krankheit und Tod von Kindern befasst, wie bereitwillig er da und dort, nicht selten am jeweiligen Krankenbett oder in Spitälern Trost und aufbauende Hilfe zu spenden vermag. Man nahm mit hoher Achtung wahr, was er zum Downsyndrom, also zu Trisomie 21 und der damit verbundenen Einschränkung ausdrückt, wie ihn der damit verbundene Alltag seines Sohnes und seiner Familie einnimmt. Vieles kommt in diesen Momenten so begrüssenswert positiv, wertschätzend, einend auf, dann wenn Bardill auf den hohen Wert derartigen Lebens hinweist, auf wahre Geschenke, die mit dem Heranwachsen des behinderten und eben doch nicht behinderten Kindes untrennbar verbunden sind. Da wachsen aus Stille und Betroffenheit urplötzlich Anteilnahme, Trost und Wertschätzung.

Dann war es Zeit für sogenannte «All-Age-Lieder», für weitere Allgemeinplätze in Bardills Reichhaltigkeit, fürs Mitsingen, fürs Enteilen auf irgendeine der vielen Alpen unseres Landes, fürs Mitverfolgen eines Schafes, das vom Wolf bedroht ist, sich aber riesig clever wehrt.

Mit Zugaben gewährte Bardill ganz kurze heitere Einblicke in Kinderlieder. Er sang für Paul Aebli, den Präsidenten der ehemaligen Gemeindestube, ein Dankeslied. Man verabschiedete sich von ihm und trug in sich den Gedanken mit, ob ein Familienkonzert mit ihm mehr Sinn gemacht hätte.