Zweite Lesungen
Regierungsrätin Marianne Lienhard beantwortet die Fragen von Rafaela Hug zum Einführungsgesetz ZGB über die fürsorgerische Unterbringung, danach wird das Gesetz ohne Änderung angenommen. Ohne Wortmeldung stimmte der Landrat darauf dem Beitritt zur Interkantonalen Vereinbarung über die BVG- und Stiftungsaufsicht zu. All das dauert knappe 20 Minuten – inklusive der sehr genauen Ausführungen von Regierungsrätin Marianne Lienhard. Danach folgte die mehrstündige öV-Diskussion, die zwei Resultate zeitigte – den Halbstundentakt und das Erschliessungsziel Braunwald.
Zankapfel «Braunwaldbähnlibau»
Präsident Christian Marti (Kommission Bau, Raumplanung und Verkehr) stellt die Diskussion des öffentlichen Verkehrs in der Kommission vor. Die Kostenübernahme durch den Kanton und die Aufnahme des Braunwaldartikels seien eine Wende in der öV-Politik, so Marti, aber eine Reaktion auf die Diskussion in der Bevölkerung. Andreas Vögeli argumentiert namens der Mitte für Eintreten und Zustimmen. Das Konzept motiviere dazu, den öV auch zu nutzen. Kaspar Krieg (SVP) begrüsst das neu eingeführte Controlling für neue Angebote. Kaj Weibel beantragt ebenfalls Eintreten, es brauche – so der Grüne – die Stärkung des öV, um die Strassen zu entlasten. Die Glarner würden schon jetzt überdurchschnittlich oft den öV nutzen. Namens der GLP will Priska Müller Wahl ebenfalls Eintreten, wünscht sich aber Präzisierungen. Der «Sonderartikel» Braunwald sei systemfremd. Namens der FAK legt Präsident Ruedi Schwitter die finanziellen Risiken des Gesetzes dar. Stephan Muggli bricht eine Lanze für die Touristiker und ist namens der FDP ebenfalls für Eintreten und Zustimmung zum öV-Gesetz. Es solle schlank bleiben, Angebote dann im öV-Konzept besprochen werden. Es solle bei der Erschliessung Braunwald im Gesetz das Ziel der Erschliessung definiert werden, nicht das Verkehrsmittel.
Regierungsrat Thomas Tschudi hebt hervor, dass das bestehende Gesetz zu Unklarheiten führte. Der Variantenentscheid Erschliessung Braunwald solle, so der Regierungsrat, durch das Volk gefällt werden. So sei der neue Artikel 5 zugegeben systemfremd, aber damit könne die Landsgemeinde über die Erschliessung entscheiden.
Die Lanze für die Kommission
Bei der Erschliessung Braunwald unterstützt Reto Glarner in einem ausführlichen Votum die Kommissionsfassung. «Die Braunwalder wissen, was sie wollen.» Doch die Meinung der Betroffenen habe den Regierungsrat schlicht nicht interessiert. Mit der Sanierung sei das bestehende System der Standseilbahn zementiert worden. Dabei sei der Hüttenberg ein sicherer Ankunftsort. Eine Anbindung Hüttenberg sei auch touristisch unverzichtbar, die Wirksamkeit der noch nicht realisierten Entwässerung nicht sichergestellt und damit der jetzige Ankunftsort der Standseilbahn weiterhin rutschungsgefährdet.
Der Gesetzesentwurf
Namens der Grünen will Kaj Weibel den 30-Minuten-Takt ins Gesetz aufnehmen, da mit dem neuen Gesetz nicht mehr die Landsgemeinde über das öV-Angebot entscheide. Zudem biete das Flexibilität für die Nutzenden. Mathias Zopfi argumentiert, dass viele diesen Takt schon hätten – es gelte aber, die gesamte Bevölkerung zu beachten. Der öV sei übrigens seit 2012 deutlich günstiger geworden. Peter Rothlin und Fridolin Staub argumentieren gegen die Festschreibung des Halbstundentakts, Barbara Rhyner beantragt das Wort «mindestens» zu streichen. Als Kommissionspräsident argumentiert Marti gegen den Antrag Weibel. Regierungsrat Thomas Tschudi gibt zu bedenken, dass es kein Preisschild dafür gebe. Der Halbstundentakt wird mit 30:28 Stimmen angenommen. Priska Müller Wahl will den Raumplanungsgrundsatz präzisieren, um die Siedlungsentwicklung zu steuern. Kommissionspräsident Marti ist dagegen – dieses Ziel sei bereits verankert. Wahl unterliegt. Nach der Pause schlägt Adrian Hager vor, in Artikel 5 die Erschliessung des Hüttenberges ab Bergstation festzuschreiben. Andreas Luchsinger will namens der Mitte bei von Regierung und FAK formulierten Variante bleiben: «Braunwald wird mittels Standseilbahn erschlossen.» Für die Kommissionsvariante «Braunwald wird mit öV direkt oder indirekt bis zum Hüttenberg erschlossen» setzt sich Mathias Zopfi ein. Braunwald sei ein typischer Tourismusort, die «Musik» spiele im Hüttenberg, deshalb müsse dort erschlossen werden – mit welchem System, dazu solle die Landsgemeinde die Leitplanken setzen. Auch Martin Zopfi unterstützt die Kommissionsvariante. Eine redundante Erschliessung – wie bei Mürren oder Stoos – könne auch durch den Bund mitfinanziert werden. Man solle sich nicht auf eine spezifische Technologie festlegen. Hansruedi Forrer unterstützt ihn ebenfalls. Dies sei nicht mehr als legitim, sagt auch Hans-Heinrich Wichser. Derzeit sei die Standseilbahn gesetzt, aber in Zukunft werde sich zeigen, wie Braunwald zu erschliessen sei. Fridolin Staub spricht sich für die Variante SVP aus, Toni Gisler für jene der Kommission. Laut VISIT Glarnerland sei Braunwald sehr bedeutend für den Tourismus. Auch Remo Goethe tut dies namens der FDP – man solle sich nicht auf eine Technologie einschiessen. Nachdem sich auch Christian Marti für die Kommissionsfassung einsetzt, hält Regierungsrat Thomas Tschudi dagegen, man solle das Konzept zur Erschliessung nicht ins Gesetz zu schreiben. Ehrlicherweise solle man den Artikel dann streichen. Eventual setzt sich den Antrag Hager gegen die Regierung durch. Danach entscheidet der Landrat für den Kommissionsantrag mit 36:20 Stimmen.
100 Prozent der Kanton
Namens der GLP setzt sich Nadine Landolt Rüegg für die Variante FAK zum Kostenteiler beim öV ein. Samuel Zingg schlägt eine 2⁄3-/1⁄3-Variante vor. Eventual setzt sich die FAK mit 26:25 Stimmen gegen den Antrag Zingg durch. Dann setzt sich die Kommissionsfassung mit 39:18 Stimmen durch, d.h. der öV wird zu 100 Prozent durch den Kanton finanziert.
Aber die Deckung bleibt
Kaj Weibel beantragt, den Mindestdeckungsgrad von 20 Prozent zu streichen. Teilweise sei öV notwendig, deshalb mache dieser Automatismus keinen Sinn. Franz Freuler stellt einen Zusatzantrag doch dieser wird – ebenso wie der Streichungsantrag Weibel – abgelehnt. Dann ist mit der öV-Monsterdebatte auch die Sitzung zu Ende. Schon am 5. Februar geht’s weiter, vielleicht sogar mit einer Ganztagessitzung.
Natürlich ist eine Landratssitzung nicht so glamourös wie eine Vereidigung in Amerika. Es ging nicht um Weltbewegendes wie Panama, nicht um Zoll- und Handelspolitik, sondern um den öV und zu Besuch war nicht Jeff Bezos, sondern die Geschäftsleitung des Kantons Zürich.