Maestro Mozart in Schwanden – mit sehr Turbulentem

Mozarts Kleine Nachtmusik ist weit herum bekannt, wird gerne gehört, wenn …

Im Fabriktheater war es Maestro Mozart höchstpersönlich, der sich mit seiner Nachtmusik in gar ungewohnter Art befasste, auf der offenen Bühne immer wieder an deren Vollendung arbeitete, währenddem sein ungemein begabtes und spielwilliges Ensemble gerne mal in den Besitz des korrekten Notenmaterials gelangt wäre. Da half kein Reklamieren, lange blieb es beim Versuch einer korrekten, konzertwürdigen Aufführung. Für die anwesenden Kinder und deren Eltern war das enorm vergnüglich. Die Kinder wussten sich bestens ins wirblige Geschehen eingebunden, taten lautstark mit, klatschten, stampften, schmunzelten.

 



Maestro Mozart in Schwanden – mit sehr Turbulentem. Impressionen von der gelungenen Aufführung (Bilder: p.meier)
Maestro Mozart in Schwanden – mit sehr Turbulentem. Impressionen von der gelungenen Aufführung (Bilder: p.meier)

Es war der Maestro, der für so viele Konfusionen sorgte, seine Personen, damit auch die – laut eigenem Bekunden – unzählig vielen Begabungen in seine Ausführungen einbezog. Er war liebenswürdig schusselig, hatte einfach zu viele Notenblätter bei sich, liess vieles in einem wirren Haufen fallen, konnte seinen Leuten die gewünschten Noten gar nicht überreichen, die ihrerseits loszuspielen begannen, auf mitreissend tolle Art und Weise, manchmal leicht verquert, dann wieder bestens abgestimmt. Mal leise, dann wieder laut, auf Kinderwünsche betreffend launenhaftem Spiel sofort eingehend.
Und als der Maestro sogar zu seinem Schneider eilte, um sich die neue Jacke anpassen zu lassen – es war ein Prachtsstück – legten die Musizierenden so richtig los.

Aber nun alles der Reihe nach:

Martin Zimmermann begrüsste namens der organisierenden Kulturgesellschaft Glarus, machte grad noch auf den Kinderapéro im Anschluss an die eine knappe Stunde beanspruchende Aufführung und das frisch erschienenen und bereitgelegte Wimmelbuch zu dieser «Turbulenten Nachtmusik» und zum Zeichnen eines selbst gewählten Lieblingstiers aufmerksam.
Dann legte der Maestro so richtig los und wies nicht unbescheiden auf seine erste musikalische Weltreise, damals noch mit seiner Schwester Nannerl, später solo, hin.
Er wies, nicht unbescheiden auf sein schon im zarten Alter begonnenes Schaffen, seine spieltechnischen grandiosen Fertigkeiten und das unglaublich vielfältige Komponieren hin. Im Überschwang aller Lobpreisungen vergass er Wesentliches. Welche Noten zu welchem Werk gehören, wie die Einsätze und Verzierungen auszugestalten sind – das ging in diesem so bewegungsreichen theatralischen Gehabe schlicht und einfach unter. Der Maestro war von einer riesigen Welle an Emotionen umgeben, irrte rum, suchte dieses und jenes, wollte wieder einen der Sätze seiner Nachtmusik auskomponieren. Da konnten auch sein kleines Ensemble nicht weiterhelfen. Sie waren verständlich ungehalten, spielten, was ihnen vom zerstreuten Maestro ausgehändigt worden war und merkten, dass das einfach nicht stimmte. So begann ihr Improvisieren, und das klang echt gut, harmonisch, schwungvoll. Die Kinder durften jene Gefühle herbeiwünschen, mit denen ein Teil des musikalischen Geschehens ab Bühne zu spielen war, und plötzlich klangen Trauer, Tempostarkes, Munterkeiten, Verhaltenes, Langeweile und Frohmut auf. Die Kinder – begeistert mitgestaltend – nahmen staunend wahr, wie Instrumentalisten ein Zittern, den kreisenden Helikopter oder das einherstampfende Ungetüm hinkriegen.

Und als dann – endlich – der Maestro mit bereits erwähnter prunkvoll glänzender Jacke wieder die Bühne betrat, waren sich alle einig: Jetzt kann das eigentliche Konzert beginnen.
Urplötzlich wurde es so liebenswürdig lebendig, harmonisch, schwungvoll – nachdem sich alle ins Konzertkostüm gestürzt hatten.

Und es war ein bewunderungswürdig bewegendes, spieltechnisch reifes Ausgestalten. Natürlich blieb zu wenig Zeit für die gesamte Nachtmusik – dann wäre es ums Fabriktheater dunkel geworden bis zum Ende der Komposition. Schliesslich galt es ja, den Apéro zu geniessen, das neu erschienene Buch zu betrachten, loszuzeichnen – das turbulente Geschehen beruhigte sich spürbar.