«Manchmal wird man zu seinem Glück gezwungen»

Die Zirkusfamilie Muggli hat die pandemische Lage seit letztem Frühling besonders stark getroffen. In der Not hat sie aber zwei Projekte realisiert, welche nun ihr Angebot erweitern.



«Manchmal wird man zu seinem Glück gezwungen»

«Das letzte Jahr hat uns schon hart getroffen», betonte Stephan Muggli. Denn aufgrund der Coronabestimmungen von Bund und Kanton konnten zuerst im Frühling keine Kinderlager durgeführt werden und im Winter nach kurzer Hoffnung auch das beliebte Weihnachtsvarieté nicht. «Das sind unsere beiden Haupteinnahmequellen.» Ein weiterer harter Dämpfer, nachdem sich die Familie im Vorjahr vom plötzlichen Tod des Patrons Urs Muggli erholt hat und das Unternehmen umstrukturiert hat. «Ich habe mich bereits früher schon von der Bühne verabschiedet und mehr um die Administration gekümmert. Das hat sicher einiges vereinfacht.» Eine grosse Hilfe kam auch vonseiten des Kantons, meint Muggli weiter. «Die von Bund und Kanton versprochenen Unterstützungen flossen sehr schnell und unbürokratisch.» Dies ermöglichte, dass die Zirkusfamilie mit ihrem Team trotz allem nach vorne schauen konnte. Und statt den Kopf in den Sand zu stecken, fingen sie an, die Zeit für neue Projekte zu nutzen. «Als erstes besuchten wir letzten Frühling verschiedene Altersheime.» Auf der einen Seite musste die Truppe ja weiter trainieren, auf der anderen Seite konnte sie so den abgeschotteten Bewohnern der Institutionen eine kleine Freude bereiten. «Daraus entstand die Idee, ein Angebot zum Beispiel für Behindertenheime zu entwickeln.» Da diese Institutionen selber stark auf ihre finanziellen Mittel achtgeben müssen, wurde eine Lösung mit Gönnern und Spendern gefunden. «Dass auch die Fridolinskollekte im letzten Jahr an uns gegangen ist, hat uns sehr gefreut.» Wichtig für den Zirkus Mugg ist auch, dass man für die erhaltene Unterstützung auch eine Leistung erbringt.

Ein zweites Projekt wurde gleich im Zentrum des Zirkusdorfs realisiert. «Schon vor Corona waren bei uns viele Fussgänger und Velofahrer unterwegs.» Als alle Restaurants zu waren, haben wir aus einem Waggon ein Take-away-Angebot gebaut. «Als wir sahen, wie gut die Resonanz war, haben wir das Angebot Stück für Stück ausgebaut.» So lädt nun eine gemütliche Lounge oder das 360-Grad-Café auf dem Karussell zum Verweilen ein. «Es gibt Leute, die jeden Tag kurz bei uns vorbeischauen.» Dazu kämen noch kleine Arbeiten und Projekte wie ein Kräutergarten, die in dieser Zeit realisiert werden konnten. Sachen, für die sie in normalen Jahren kaum Zeit gefunden hätten. «Man kann hier schon sagen, dass wir hier zu unserem Glück gezwungen wurden.» Dies war für den Zirkus schon einmal vor neun Jahren der Fall. Nachdem man den alten Stellplatz in Engi verlassen musste, wusste man eine Zeit lang nicht, wo und wie es mit dem Unternehmen weitergehen soll. In Betschwanden wurde man dann sehr freundlich aufgenommen. Die fast «Notlösung» hat sich dann als absoluter Glücksfall erwiesen. Nicht nur die Lage nahe am Bahnhof sei ideal. «Hier konnten wir uns erst richtig entwickeln und entfalten.» Vor Corona sorgten die Kinderlager und Gruppenangebote für rund 4000 Übernachtungen pro Jahr. Nicht ganz an diese Zahl werde man 2021 wohl kommen, meint Muggli mit einem kleinen Lächeln. «Aber jetzt kann der fast normale Sommerbetrieb mit den Kindern anlaufen.» Jetzt noch mit den Schulklassen und dann in den Sommerferien mit vier Lagern mit je 56 Kindern und dem Tourneelager mit geplanten Aufführungen in Lachen, Weesen und Glarus. «Vieles ist dabei aber sicher noch mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten.» Zu gut weiss Muggli noch, wie schnell sich die Lage und Bestimmungen ändern können. «Wenn wir dann noch das Varieté im Winter wie geplant durchführen können, wird es wohl ein verrücktes, aber hoffentlich doch noch gelungenes Jahr.» Ein Jahr, in dem nicht immer alles möglich war, aber neue Angebote ermöglicht hat.

*Jürg Huber ist Pressebeauftragter der Glarner Handelskammer