Dass er seine grossen musikalischen Fertigkeiten und Fähigkeiten seit Jahrzehnten in Mitlödi unter Beweis stellt, als geschätzter und versierter Organist und Konzertveranstalter wirkt, dies zuverlässig und gewissenhaft, ist einer der eher seltenen Glücksfälle. Dass das zu einem veritablen «Fankreis» geführt hat, der die heimelige Dorfkirche nicht selten bis auf den fast letzten Platz belegt, ist einfach erfreuliche Tatsache.
Mitlödi und Glarner Musikschule gehören zu einem bedeutsamen Teil von Martin Zimmermanns Jugendjahren. Er sei, merkt er auf eine von vielen Fragen an, so in die Glarner Klassikszene hineingewachsen. Er fühlt sich in seiner Tätigkeit als Organist in Mitlödi enorm wohl. Der heimelige Kirchenraum, die Kirchenglocken, die ihm vertraute Einwohnerschaft sind für ihn ein Stück Heimat. Er ist auch Vorstandsmitglied der Kulturgesellschaft Glarus und in dieser Funktion fürs Erarbeiten von hochstehenden Konzertprogrammen – die übrigens ganz vielen Wünschen gerecht werden – zuständig. Er tut das mit der ihm eigenen Beharrlichkeit und Überzeugungskraft. Er weiss sich bestens vernetzt und konnte damit schon viele bedeutende Interpretinnen und Interpreten für ein Gastspiel gewinnen. In solchen Momenten lehnt er sich gerne ein klein bisschen zurück, um einfach so mitzuhören und zu geniessen, wie es für andere Konzertbesucherinnen und -besucher der Fall ist.
In Mitlödi ist dann alles etwas kleiner, überschaubarer, aber nicht minder gehaltvoll.
Weg zu Beruflichem
Bis zum Heute war es ein langer, sehr fordernder Weg. Martin Zimmermann erwähnt ein Klavier aus seiner Kindheit. Das habe er sofort in Beschlag genommen. In Fredi Grossmann hatte er einen ganz fantastischen Klavierlehrer, der ihn ungemein anzuleiten und umfassend zu fördern wusste. Mit Dankbarkeit und ganz viel Wertschätzung denkt er an diese Zeitspanne zurück. Gerne erwähnt er auch seine Eltern, die das mitgetragen haben.
Ein «Aha-Erlebnis» der besonderen Art war der erste Kontakt zum legendären Kammermusikpianisten Gérard Wyss. Martin Zimmermann liess sich von der veranstaltenden damaligen Glarner Konzert- und Theatergesellschaft als Verantwortlicher fürs Wenden der Partiturseiten einsetzen. Und er merkt an, dass in diesem Moment wie Schuppen von den Augen fiel, was Musik, Poesie und Spielkunst an Gemeinsamem haben. Diese Art des Gestaltens wollte er beherrschen lernen. Es war in diesem Zusammenhang gewiss bedeutsam, dass Gérard Wyss Jahre später sein Klavierlehrer wurde. Es entwickelte sich eine gegenseitige Freundschaft, die heute noch besteht.
Nach der Matura entschied sich Martin Zimmermann, Klavier und Musikwissenschaft gleichzeitig anzugehen – sich sehr Forderndem zu stellen und auf vieles auch zu verzichten, was für andere genussreicher Alltag war. Mit grosser Beharrlichkeit entschied er sich zum ergänzenden Cembalostudium in Salzburg und Freiburg im Breisgau.
Und die Kontakte mit ganz vielen Stilrichtungen und Instrumenten haben in ihm eine Vielseitigkeit wachgerufen, die fasziniert. Da seien beispielsweise türkischer Hip-Hop, Countryrock, Schwyzerörgeli und natürlich Barockmusik – dies Mittelpunkt und Schwerpunkt des heutigen Schaffens – erwähnt.
Zürcher Hochschule der Künste, Zusammenarbeit mit verschiedenen Musikformationen
An der Zürcher Hochschule der Künste arbeitet Martin Zimmermann seit rund 20 Jahren. So «nebenbei» unterrichte er Kammermusik und gebe Kurse in Aufführungspraxis.
Ins Zentrum rückt er das eigentliche Spiel als Korrepetitor an Cembalo und Orgel. Oft und intensiv wird mit Studierenden geprobt und aufgeführt; eine Unmenge an musikalischen Werken ist in solchen Phasen zu bewältigen. Besonders fordernd wird es in Prüfungszeiten. Schliesslich geht es dann immer um die berufliche Zukunft der Absolvierenden.
Als Cembalist und Organist wirkt er auch im Ensemble la fontaine des Glarners Reto Cuonz und beim Musikkollegium Winterthur mit. Dazu kommen die seit vielen Jahren bestehende Zusammenarbeit mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim, Kammermusikkonzerte und Privatkorrepetition, besonders wenn Solisten oder Opernsängerinnen vor bedeutenden Auftritten stehen und gestalterische Fragen zur Barockmusik haben.
Die freie Zeit
Wie erholt man sich als derart Vielbeschäftigter? Martin Zimmermann deutet klar aus, dass er eigentlich nie kraftlos, ohne Ideen, einfach leer sei. Auch wenn die Agenda – mit Ausnahme der Corona-Zeit – gar gut gefüllt ist. In der konzertfreien Zeit beschäftigt er sich mit musikwissenschaftlicher Forschung. Ihm Liebgewordenes – da gehören lange Waldspaziergänge mit seiner Ehefrau oder einfach mal freie Abende dazu – kann er intensiver als auch schon wahrnehmen. Das Spielen auf ihm sehr vertrauten Instrumenten liess er einfach mal sein – und es sei ihm nicht mal schwergefallen.
Die Zukunft
Da sieht sich Martin Zimmermann mit seinen musikwissenschaftlichen Forschungen zum Generalbassspiel und zur Wiener Musikgeschichte sehr im Verzug. Die Resultate möchte er endlich publizieren. In vertiefender Weise möchte er sich mit Improvisationen befassen, das sei so etwas wie ein Muss für Organisten und Cembalospieler. Und – mit Blick auf das Alter – vielleicht sei es eines Tages mal möglich, das Instrument unbespielt zu lassen und all dem nachzugehen, was schon lange auf dem Programm stand, aber nie angepackt werden konnte.
Guggenmusik und Spitzentraining
Gibt es Musik, die Martin Zimmermann nicht mag? Ja, Guggenmusik, meint er. Zwar kann er durchaus verstehen, dass Guggenmusik mitreissend sein kann und auch interessante historische Hintergründe hat, aber derart massig Massives sagt ihm gar nicht zu.
Er fand sich nach vielen Fragen noch bereit zu übermässigem Üben und dem «Heranzüchten» von Spitzenmusikern zu äussern.
Da ist ein ausgewogenes Beantworten schwierig. Er bevorzug jene, die sich aus eigenem Antrieb mit Forderndem auseinandersetzen und über die Musik hinausschauen, in Richtung Architektur, Philosophie, Malerei, Literatur, Theater oder Film.