Maya Lalive – eine Künstlerin am Fels

Im Linthpark Glarus Süd hat sich Maya Lalive seit Kurzem ihr Atelier eingerichtet. Die Arbeiten der Künstlerin und leidenschaftlichen Kletterin können sowohl Innen- als auch Aussenräumen zugeordnet werden.



Maya Lalive – eine Künstlerin am Fels

Es ist nur wenige Tage her, seit Maya Lalive am Tag der offenen Tür im Linthpark Glarus Süd zahlreiche Besucher empfangen hat. Die grosszügigen Räumlichkeiten im alten Fabrikkomplex sind ideal für die in Bäch am Zürichsee wohnende Künstlerin. Auch mag sie die Umgebung, die hohen Berge und Felsen. Speziell diese haben es ihr angetan, seit sie vor einigen Jahren durch Zufall das Klettern für sich entdeckt hat. Meist ist sie im Bergell und im Tessin unterwegs. Es sind vor allem die Farben und Strukturen, die Lalive so faszinieren und die sie in ihren Arbeiten umsetzt. Ein Blatt habe Strukturen, Wasser, Holz und eben auch Felsen. Wundersame Furchen und Spalten, Moose und Flechten würden ganz eigene Landschaften bilden, die man aber erst beim genauen Hinsehen entdecke – und nicht beim schnellen Vorübergehen. «Ich gehe ganz nah dran», sagt sie und das Klettern sei ein wichtiger Teil des Herstellungsprozesses ihrer Bilder.

Mit einer Kleinbildkamera am Karabiner


Wenn Maya Lalive klettert, dann hat sie meistens ihre Kleinbildkamera dabei, in einem Säckchen, so wie das Magnesium für die Hände. Und wenn sie spannende Strukturen sieht, knipst sie diese, meistens beim Abseilen. Am Computer scannt und sucht die Kunstschaffende in tagelangen Prozessen die spannendsten und schönsten Motive heraus. Diese werden dann mit unterschiedlichen Druck- und Beschichtungstechniken auf verschiedene Materialträger wie Textilien, Aluminium, Glas und auch Holz aufgebracht. Auf diese Idee kommt sie 2010 im Zuge ihrer ersten Ausstellung. Hier zeigt sie Nahaufnahmen von Granitplatten. «Nichts ausser Granit», heisst diese Werkreihe, die sofort unter den Kunstliebhabern Anklang findet. Sie arbeite bewusst abstrakt und nicht figürlich. «Ich möchte dem Betrachter nicht sagen: Sieh her, das ist ein Stein», erklärt sie. Sondern jeder solle sich mit seinem Erfahrungshorizont auf das Bild einlassen. Augen öffnen und Sehen lernen, nicht nur das Vordergründige, das ist ihre Botschaft. «Wenn man genauer hinschaut, entdeckt man die ungeahnten Schönheiten» und mit diesem Blick sollten wir der Natur, aber auch unseren Mitmenschen begegnen, so Lalive.

«Unknown Landscapes» und abstrakte Arbeiten


Seit 2011 arbeitet sie nun an einer neuen Werkreihe mit dem Titel «Unknown Landscapes», also die unbekannten und auch unbemerkten Landschaften. Diese findet sie natürlich auf ihren Klettertouren, wo sie ganz nah am Fels ist. Aktuell ist sie mit einer grossformatigen Installation in der Halle des Bundesverwaltungsgerichts in St. Gallen präsent. Und auch das Hofareal im Linthpark wird nun durch ihre Ausseninstallationen bereichert. Hinzu kommen abstrakte Arbeiten auf Papier und Collagen, bei denen sie mit Naturpigmenten malt. Häufig sind es einfarbige Bilder. Wobei eine Farbe in Wirklichkeit nie eine einzige Farbe, sondern ein ganzes Spektrum sei. Mit geradem Pinselstrich trägt sie hierbei Schicht über Schicht, kratzt wieder Farbe heraus, um wieder Schicht um Schicht aufzutragen. Erst dadurch bekomme ein Bild Struktur und Tiefe, erklärt sie ihre Arbeit, die für sie auch ein meditativer Prozess ist. Man müsse bei all ihren Werken genauer hinschauen, sich Zeit nehmen und mit dem Werk zu kommunizieren beginnen.

Lalives Blick aufs Glarnerland


Faszinierend seien die Geschichte und die Geschicke des Kantons: Die Industrialisierung dank der Wasserkraft, Auswanderungen, New Glarus, die ersten Skifahrer, die letzte Hexe in der Schweiz, die Spannung zwischen Innovation und liberalem Geist und auch, dass man früh weltweit schon in Bezug auf Rohstoffe und Handel unterwegs gewesen sei. All dies habe das Glarnerland geprägt. Die Frage sei aber nun, wie mit diesem Erbe umgegangen werde und worin nun die Chancen für die Zukunft liegen. Das, was momentan mit der Umnutzung des Fabrikkomplexes passiere, könne so ein Baustein sein.

Fussnote:
Mehr Informationen auf www.mayalaliveart.ch und ein Kurzfilm zu ihrer Werkreihe unter: www.art-tv.ch/11690-0-Werkschau-Maya-Lalive-Unknown-Landescapes.html