Mehr als «nur» Trauungen

Stella Jenny ist Zivilstandsbeamtin im Kanton Glarus. Sie begleitet die Glarner Bevölkerung vom ersten Tag bis zum letzten Atemzug und bei allen Ereignissen dazwischen. Treffend beschreibt sie ihre Tätigkeit als «Lebensbuchhaltung».



Liebt den Kontakt mit den Menschen: Stella Jenny, Zivilstandsbeamtin im Kanton Glarus • (Foto: SDBB)
Liebt den Kontakt mit den Menschen: Stella Jenny, Zivilstandsbeamtin im Kanton Glarus • (Foto: SDBB)

Die 36-jährige Stella Jenny aus Mollis ist stv. Leiterin des kantonalen Zivilstands- und Bürgerrechtsdienstes des Kantons Glarus. Fünf Mitarbeitende sind für die drei Glarner Gemeinden zuständig. Jenny bildete sich nach einer Lehre als Kauffrau zunächst zur dipl. Betriebswirtschafterin HF weiter und absolvierte dann die Ausbildung als Zivilstandsbeamtin. In einer Fachzeitschrift des Schweizerischen Dienstleitungszentrums über die Berufsbildung ist ein Interview mit Stella Jenny veröffentlicht worden, das hier im Newsroom des Kantons Glarus ebenfalls publiziert wird.

Stella Jenny, wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?

Am Vormittag habe ich einen Termin im Büro mit einem unverheirateten Paar, das sein gemeinsames Kind durch den Vater anerkennen lassen möchte. Danach beurkunde ich im schweizerischen Personenregister die Geburten, die uns vom Spital in Glarus gemeldet wurden. Anschliessend bearbeite ich Anfragen von Ämtern oder Personen am Schalter, via Telefon oder E-Mail. Am Nachmittag verlasse ich das Büro, um eine Trauung im Freulerpalast durchzuführen. Zurück im Büro beurkunde ich eine in der Türkei stattgefundene Scheidung über ein türkisches und schweizerisches Ehepaar, das im Kanton Glarus heimatberechtigt ist. Gegen Ende des Tages beurkunde ich die Todesfälle, die uns von den umliegenden Altersheimen gemeldet wurden und erstelle für das Erbschaftsamt ein Dokument über die Nachkommen einer verstorbenen Person.

Am liebsten befasse ich mich mit Fällen, die eine Auslandsbeteiligung haben, wie zum Beispiel die Namensführung nach der Trauung eines ausländischen Ehepaares. Hier ist festzustellen, nach welcher Rechtsordnung die Namensführung zu lösen ist, entweder nach schweizerischem oder nach ausländischem Recht. Was mir weniger liegt, ist das Entziffern der alten schnörkeligen Schriften in den Familienregistern. Seit 1929 wurden in der Schweiz Zivilstandsereignisse im Familienregister am Heimatort der Schweizerinnen und Schweizer eingetragen. Die Eintragung erfolgte von Hand mit einer Füllfeder, meist in grosse Bücher. Mit der Einführung des digitalen schweizerischen Personenstandsregisters im Jahr 2003 endete die Geschichtsschreibung im Familienregister. Trotzdem ist dieses Register eine wichtige Datenquelle geblieben.

Welche Persönlichkeiten braucht es im Zivilstandswesen?

Wir haben mit allen Schichten der Bevölkerung Kontakt, von Akademikerinnen bis zum Hilfspersonal. Unsere Amtshandlungen müssen für jeden Bürger, jede Bürgerin verständlich sein. Daher finde ich es wichtig, dass sich die Zivilstandsbeamten ihrem Gegenüber anpassen können. Unsere Arbeit ist stark durch das Recht reglementiert, was für die Bevölkerung nicht immer einfach nachvollziehbar ist. Man braucht dafür Verständnis und muss dennoch nach rechtlichen Grundsätzen handeln. Alle Daten, die wir in das Personenregister eintragen, müssen korrekt, vollständig und auf dem neusten Stand sein. Ein wichtiges Thema ist der Datenschutz. Zivilstandsbeamte haben Einsicht in persönliche Daten und sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Um als Zivilstandsbeamtin tätig zu sein, muss man die Berufsprüfung erwerben. Ausserdem werden das schweizerische Bürgerrecht und die Handlungsfähigkeit vorausgesetzt.

Sie haben mehrere berufsbegleitende Weiterbildungen absolviert. Haben Sie Tipps, wie man das schafft?

Wer den Gedanken hat, eine berufsbegleitende Ausbildung zu machen, sollte sofort damit starten. Es gibt keinen perfekten Zeitpunkt dafür. Im Leben kann einem immer wieder etwas dazwischenkommen, was nicht eingeplant war. Als ich die Berufsprüfung als Zivilstandsbeamtin erworben hatte, war ich schon Mutter von zwei Kindern. Ich wusste, dass ich diese Prüfung bestehen muss, um meinen Beruf ausüben zu können. Das Lernen ist mir trotzdem leichter gefallen als mit Anfang 20. Ich kann meine Stärken und Schwächen besser einschätzen und intensiver lernen. Ich empfehle interessierten Personen den Tageskurs des Schweizerischen Verbands für Zivilstandswesen über die Einführung in das Zivilstandswesen zu besuchen. Hier werden die umfassenden Aufgabenbereiche, die Voraussetzungen, der Aufbau der Ausbildung und die Rechtsgrundlagen zur Ausübung des Berufes vermittelt. (ssr)