Memorialsantrag Wildschutz mit Augenmass

Gemäss Artikel 58, Absatz 3 der Kantonsverfassung stelle ich folgenden Memorialsantrag in der Form einer allgemeinen Anregung:


Wildschutz mit Augenmass

Die gesamte Fläche der Schongebiete und Schutzzonen gemäss Art. 7, Abs. 4 des Jagdgesetzes soll im Interesse der Attraktivität des Kantons als Lebensraum und Tourismusregion auf ein sinnvolles und erträgliches Mass reduziert werden. Sie orientiert sich an jener vergleichbarer Kantone oder Regionen.

Begründung:

1. Verhältnismässigkeit

Gemäss den Grundsätzen rechtsstaatlichen Handelns muss staatliches Handeln im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. Im Kanton Glarus sind gut 19% der Kantonsfläche als eidg. Jagdbanngebiete und weitere 10% als kantonale Wildruhezonen ausgeschieden und dürfen darum im Winter mit Ausnahme einiger vorgegebener Routen nicht betreten werden. Gemäss Reinhard Schnidrig, dem obersten Wildschützer der Schweiz, sind im Berggebiet jedoch nur 6% der Fläche eidg. Jagdbanngebiete und 4% Wildruhezonen.

Wenn nun im Kanton Glarus fast die dreifache Fläche gesperrt ist, darf, ja muss man die Verhältnismässigkeit dieser Massnahmen infrage stellen.
Es ist ja nicht so, dass bei 30% geschützter Fläche die restlichen 70% für den Wintersport nutzbar sind. Das Talgebiet ist für Schneeschuhwanderer und Skitourengänger nicht relevant. Die Gebiete mit einer Hangneigung von über 30 Grad sind für Skitourengänger kaum und für Schneeschuhwanderer gar nicht begehbar. Und eine Reihe von Hochflächen sind im Winter nicht zu erreichen, weil der Zustieg zu gefährlich wäre.

Zieht man von der verbleibenden Fläche noch die ausgeschiedenen Schutzgebiete ab, so bleibt für den Wintersport nicht mehr viel übrig.

2. Notwendigkeit

Gemäss «Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSV)» können Wildruhezonen erlassen werden, wenn es für den ausreichenden Schutz der Wildtiere erforderlich ist. Die Verordnung verlangt also ausdrücklich, dass der Erlass von Wildruhezonen erforderlich sei. Es ist nicht einzusehen, dass das Schutzbedürfnis des Wildes ausgerechnet in unserem Kanton derart unverhältnismässige Einschränkungen erfordert.

Immerhin sind bei uns die Schalenwild-Bestände so gross, dass die Jagdverwaltung jedes Jahr Mindestabschusszahlen festlegen muss. Und beim Rothirsch sind sogar Nachjagden bis weit in den Winter hinein gang und gäbe.
Bei den Raufusshühnern, vor allem beim Auerhuhn, sind die Bestände kleiner geworden. Das aber nicht erst in neuester Zeit, sondern spätestens seit den 1950er-Jahren. Also lange bevor es überhaupt Schneeschuhwanderer gab.

Als Hauptursache vermutet die Forschung die veränderte Waldbewirtschaftung. Weniger Pflegeeingriffe und mehr Unterwuchs machen es Marder, Dachs und Fuchs leicht, die Gelege der bodenbewohnenden Arten zu plündern und deren Kücken zu erbeuten.
Skitourengänger und Schneeschuhwanderer spielen dabei eine vernachlässigbare Rolle. Für sie ist das Habitat der Auer- und Birkhühner – bestockte Wald- und Waldrandgebiete – schlecht oder gar nicht begehbar und deshalb völlig uninteressant.

Wildschutz mit Augenmass

Die gesamte Fläche der Schongebiete und Schutzzonen gemäss Art. 7, Abs. 4 des Jagdgesetzes soll im Interesse der Attraktivität des Kantons als Lebensraum und Tourismusregion auf ein sinnvolles und erträgliches Mass reduziert werden. Sie orientiert sich an jener vergleichbarer Kantone oder Regionen. Ein öffentliches Interesse an derart ausgedehnten Schutzzonen, wie sie jetzt festgelegt sind, ist offensichtlich nicht gegeben.

Hingegen gibt es ein öffentliches Interesse, den Tourismus zu fördern. Und hier insbesondere den naturnahen sanften Tourismus, für den sich unser Kanton besonders gut eignet und der kaum Infrastrukturkosten erfordert.

Gerne verweise ich darauf, dass Bergführer Ernst Marti, Elm, dessen Winter-Programm bis vor Kurzem vor allem Touren im Kanton umfasste, wegen all den Einschränkungen neuerdings weitgehend auf lokale Angebote verzichtet.

3. Weitere Erwägungen


Im Kanton Glarus sind schon seit langer Zeit grosse Flächen als Jagdbanngebiete ausgeschieden und wurden später als eidg. Jagdbanngebiete deklariert. Letzteres vornehmlich aus finanziellen Gründen: Der Bund vergütet den Kantonen pro 20 km2 21 000 Franken im Jahr.

Lange Zeit gab es in diesen Gebieten ausser dem Jagdverbot kaum Einschränkungen. Erst 1991 wurde in der «Verordnung über die eidgenössischen Jagdbanngebiete (VEJ)» in Artikel 5, Absatz 1 g Skifahren ausserhalb von markierten Pisten, Routen und Loipen verboten.
Gemäss dieser Verordnung wäre dort Schneeschuhwandern übrigens überall zulässig.

Trotz den ohnehin schon grossen Jagdbanngebieten wurden per 2017 noch eine ganze Reihe zusätzlicher Wildruhezonen für die Freizeitnutzung im Winter-Halbjahr gesperrt. Mit dem Ergebnis, dass offiziell zwar «nur» knapp 30%, faktisch aber weit über die Hälfte des für touristische Aktivitäten nutzbaren Kantonsgebietes im Winter mit Begehungsverbot belegt ist.

4. Schluss

Es darf nicht sein, dass Glarus als «Verbotskanton» wahrgenommen wird. Ein «Betreten verboten» in weiten Teilen der Gebirgslandschaft widerspricht der althergebrachter Tradition der sinnvollen Nutzung des öffentlichen Raumes und beeinflusst das Image des Kantons in der Schweiz negativ.

Im Interesse der Attraktivität des Kantons als Lebensraum und Tourismusregion sollte deshalb die Summe der gesperrten Flächen auf ein sinnvolles und erträgliches Mass reduziert werden.

Ein möglicher Ansatz wäre, den Artikel 7, Absatz 4 des kantonalen Jagdgesetzes, wie im Antrag aufgeführt, durch einen Passus im Sinne des nachstehenden Satzes zu ergänzen: «Die gesamte Fläche der Schongebiete und Schutzzonen orientiert sich an jener vergleichbarer Kantone oder Regionen.»