Memorialsantrag zu Krankenkassenprämien: Regierungsrat beantragt Ablehnung

Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, den Memorialsantrag «10 Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien sind genug» der Landsgemeinde zur Ablehnung zu unterbreiten.



Wenn die Behandlungskosten gesenkt werden können, sinken auch die Krankenkassenprämien • (Foto: Keystone-SDA)
Wenn die Behandlungskosten gesenkt werden können, sinken auch die Krankenkassenprämien • (Foto: Keystone-SDA)

Der Regierungsrat empfiehlt den Memorialsantrag «10 Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien sind genug» zur Ablehnung. Er stützt sich dabei auf eine umfangreiche Analyse und das deutliche Ergebnis aus der Vernehmlassung. Der Memorialsantrag wurde von der SP eingereicht und verlangt, dass kein Haushalt mehr als 10 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens für die Krankenkassenprämien aufwenden muss.

Die steigenden Krankenkassenprämien sind für einen grossen Teil der Bevölkerung ein Problem. Grund dafür sind gemäss Regierungsrat vor allem die medizinischen Dienstleistungen, welche durch die Bevölkerung steigend in Anspruch genommen werden. Eine wirkungsvolle Politik müsse deshalb bei den Kosten ansetzen. Das System der Prämienverbilligung funktioniere und zeige eine deutliche Umverteilung zugunsten der ärmeren Haushalte. Reiche Haushalte trügen aufgrund der progressiven Steuern einen bedeutenden Teil der Ausgabenlast bei der obligatorischen Krankenversicherung.

Prämienverbilligung greift: Tiefere Belastung als in anderen Kantonen 

Die Wirksamkeit der glarnerischen Prämienverbilligung bestätigt das Bundesamt für Gesundheit BAG in seinen Analysen. Die Prämienbelastung in der Schweiz für Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen als Zielgruppe beträgt im Durchschnitt 14 Prozent des verfügbaren Einkommens. Im Kanton Glarus liegt dieser Wert mit 12 Prozent deutlich tiefer. Der Kanton Glarus ist einer von sieben Kantonen mit einer starken Reduktion durch die individuelle Prämienverbilligung (IPV). Dies bedeutet, dass die Prämienverbilligung die Belastung der Zielgruppe effektiv reduziert. Sie kommt damit denen zugute, die das grösste Armutsrisiko aufweisen: Einelternfamilien, Familien mit Kindern und Rentnerhaushalte. Haushalte mit den tiefsten Einkommen erhalten die anteilsmässig höchste Verbilligung ihrer Krankenversicherungsprämien. Die durchschnittliche Prämienbelastung der Gesamtbevölkerung liegt in der Schweiz und damit auch im Kanton Glarus unter 10 Prozent. Es besteht somit kein Handlungsbedarf.

Memorialsantrag ohne Gegenfinanzierungsvorschlag

Die Umsetzung des Memorialantrages könnte auf unterschiedliche Weise erfolgen. Sechs Varianten wurden näher geprüft. Sie verursachen Mehrkosten in der Höhe von 2 bis 14 Millionen Franken. Im Maximalfall könnte die Hälfte der Kantonsbevölkerung einen Antrag auf Prämienverbilligung stellen. Der Memorialsantrag macht keine Aussagen, wie diese zusätzlichen Kosten zu finanzieren wären. Der Kanton müsste diese Mittel alleine finanzieren, der Bund beteiligt sich nicht an diesen Kosten.

Die Kantonsverfassung verlangt, dass bei der Vorbereitung von Beschlüssen die finanziellen Auswirkungen zu beurteilen sind und die Gegenfinanzierung sicherzustellen ist. Eine Vollfinanzierung würde gemäss Berechnungen des Regierungsrates einer Erhöhung des kantonalen Steuerfusses zwischen 1 und 8 Prozentpunkten oder Sparmassnahmen in der gleichen Grössenordnung bedingen. Beides würde vor allem die ärmeren Haushalte stark treffen. Aufgrund der ausgeglichenen Einkommensverteilung und dem geringen Anteil sehr hoher Einkommen im Kanton käme es zu einer Umverteilung von den ärmeren Haushalten zum Mittelstand. Das aktuelle System ist deshalb zweckmässiger, da derjenige Teil der Bevölkerung profitiert, welcher die Prämienverbilligung am meisten benötigt. Die IPV ist ein soziales Korrektiv zu den Kopfprämien, der Memorialsantrag widerspricht diesem Grundsatz. Die ärmsten Haushalte müssten mit Einbussen rechnen. Eine Umverteilung von unten in mittlere Einkommensschichten ist sozialpolitisch absurd, eine Reallokation der finanziellen Mittel beim Mittelstand durch höhere Steuern zu einer höheren Prämienverbilligung wäre ein Nullsummenspiel.

Jeder vierte Glarner erhält IPV

Rund ein Viertel der Glarner Bevölkerung erhält eine individuelle Prämienverbilligung der Krankenkasse (IPV) im gesamten Umfang von annährend 20 Millionen Franken. Die Ausgaben werden sich in 10 Jahren etwa verdoppeln, von 14 Millionen Franken (2014) auf 27 Millionen Franken (2025), selbst wenn der Memorialsantrag abgelehnt wird. Gründe für die steigenden Ausgaben sind einerseits die steigenden Krankenkassenprämien. Andererseits erhalten mehr Haushalte zusätzliche Prämienverbilligungen, da der Kanton Glarus Vorgaben der Rechtsprechung und des Bundes umsetzen muss. Davon profitieren Haushalte in den mittleren Einkommensschichten sowie Familien mit Kindern. Es erfolgt also ohnehin ein Ausbau der Prämienverbilligung.