Menschliche Werte werden in der Ukraine verteidigt

«Nicht die westlichen Werte werden in der Ukraine verteidigt, nicht die europäischen Werte – stellvertretend werden dort unsere menschlichen Werte verteidigt», so Ständerat Mathias Zopfi am vergangenen Reformationssonntag in Matt. Priska Depnering, Mitarbeiterin der Schweizer Botschaft in Kiew und Ständerat Mathias Zopfi diskutierten nach dem Reformationsgottesdienst über den Ukraine-Krieg und beantworteten Fragen von den Gottesdienstbesuchern.



André Siegenthaler bietet den Gottesdienst-besuchern ukrainische Spezialitäten an, die von Tatiana Salzmann zubereitet wurden.
André Siegenthaler bietet den Gottesdienst-besuchern ukrainische Spezialitäten an, die von Tatiana Salzmann zubereitet wurden.

Priska Depnering, im Kanton Glarus aufgewachsen, lebte zwei Jahre mit ihrer Familie in Kiew. Kurz vor Kriegsbeginn kehrte sie in die Schweiz zurück und steht seitdem weiterhin in regem Kontakt mit früheren Kollegen und Freunden in der Ukraine. Der Kriegsbeginn sei überraschend gekommen, berichtet sie, man habe ihn nicht wirklich für möglich gehalten: «Es war ein Schock, als die Bomben in der Nacht auf den 24. Februar fielen, das Land war wie in Schockstarre.» Eigentlich seien die Ukraine und Russland eng verbundene Völker, viele Ukrainer hätten Verwandtschaft in Russland. Dementsprechend hofften viele Ukrainer nach Kriegsbeginn auf eine Anti-Kriegs-Bewegung – dass diese ausgeblieben sei, das sei der zweite grosse Schock gewesen, so Depnering.

Mathias Zopfi besuchte im Oktober zusammen mit Bundespräsident Ignazio Cassis die Ukraine. Merklich beeindruckt hatte ihn der Besuch beim «Center for Civil Liberties», die Gewinner des diesjährigen Friedensnobelpreises. 21 000 russische Kriegsverbrechen seien allein in der Ukraine dokumentiert worden und das nicht erst seit dem Kriegsbeginn.

Er erzählt auch vom Treffen mit Wolodymyr Selenskyj, dem Präsidenten der Ukraine, der Bitten und Forderungen an die Schweiz richtete: Die Schweizer seien Profis der Ingenieurswissenschaften, besonders was den Bau von Luftschutzkellern angehe. Das Know-how würde der Ukraine enorm helfen. Auch beim Wiederaufbau der Telekommunikation, der Strom- und Wasserversorgung wären Hilfen aus der Schweiz möglich, ohne dass deren Neutralität in Gefahr wäre. Obwohl es befremdlich wirke, mitten im Krieg vom Wiederaufbau zu sprechen, aber inzwischen seien 30–40% der ukrainischen Infrastruktur zerstört. Es sei essenziell notwendig, dass die Menschen in der Ukraine wieder warmes Wasser hätten, Heizen könnten und die Bevölkerung und die dortige Wirtschaft mit einer zuverlässigen Stromzufuhr rechnen könnten – vor allem jetzt, mit dem beginnenden Winter. Priska Depnering und Mathias Zopfi betonten beide, wie wichtig es sei, die Ukrainer auf dem Weg in die Demokratie zu unterstützen und den Menschen vor Ort zu helfen.

Die fast einstündige Diskussions- und Fragerunde beendete Mathias Zopfi mit einer Erinnerung an den Taufspruch seiner Tochter, der ihm in der Ukraine immer wieder in den Sinn gekommen sei: «Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.»
Im Anschluss daran konnten fein zubereitete ukrainische Spezialitäten verköstigt werden, alle zubereitet von Tatiana Salzmann, der Wirtin des Gasthauses Sonne in Engi.