Michael Juen – ab Elektroinstallationen zur umfassenden Musik

Michael Juen, 1985 im Tirol (Österreich) geboren, heute im Glarnerland wohnhaft, unter anderem an der Glarner Musikschule unterrichtend, verkörpert eine musikalische Vielseitigkeit, die einen fast schwindlig werden lässt, die beeindruckend aufzeigt, was dann angepackt und bewältigt werden will, wenn man über die Jahre hinweg zum gefragten Mitgestaltenden gereift ist.



........ und auf dem Tiroler Berg "Hoher Riffler
........ und auf dem Tiroler Berg "Hoher Riffler

Michael Juen kam im Alter von acht Jahren dank seinem Vater – er war Dirigent einer Blasmusik und Schlagzeuglehrer – zur Musik. Er machte einen berufsbezogenen «Umweg». Er bildete sich zum Elektroinstallationstechniker aus, blieb aber diesem Metier nicht lange verbunden. Seine spürbar grosse Begabung und das immense Interesse an vielfältigen musikalischen Stilrichtungen führten ihn anfänglich ans Mozarteum Salzburg, wo er klassisches Schlagzeug studierte. Anschliessend wechselte er an die Zürcher Hochschule der Künste, wo er die beiden Masterstudiengänge mit den Titeln «MA in Music Performance und -Music Pedagogy» bei Klaus Schwärzler (Solo-Schlagzeug Tonhalle Orchester Zürich) und Rainer Seegers (Solo-Pauke Berliner Philharmoniker) mit Bestnoten abschloss. Er bezeichnet es als grosse Ehre, dass er während seines Studiums bei einem der renommiertesten Jugendorchester – dem Gustav Mahler Jugendorchester unter den Dirigenten Sir Collin Davis und David Afkham – mitwirken durfte und in diesem Zeitraum seine Kenntnisse und Fertigkeiten nachhaltig vertiefen konnte.

Und wenn man in seiner Vita weiterliest – da ist von der Festanstellung als Solo-Pauker bei dem Orchester Argovia Philharmonic und die Arbeit als Musikpädagoge, die Tätigkeit als freischaffender Musiker mit renommierten Orchestern (unter anderem Kammerorchester Basel, Balthasar-Neumann-Ensemble, Freiburger Barockorchester, Internationale Bachakademie Stuttgart, Vox Luminis, Tiroler Symphonieorchester Innsbruck) die Rede – fragt man sich mit Fug und Recht, weshalb es den Vielbeschäftigten ins kleine Glarnerland gezogen hat, weshalb er, dem stilistische Abwechslung (Funk, Pop, Rock, Bigband, Brassband und Blasmusik) so am Herzen liegt, in derart überschaubarer Umgebung Wohnsitz genommen hat.

Michael Juens Antwort auf diese Frage ist überzeugend, birgt nun gar nichts Geheimnisvolles oder überwältigend Neues. Er hat ein grösseres Pensum an der Glarner Musikschule inne, geniesst das vielfältige Kulturangebot (das in Nach-Corona-Zeiten hoffentlich wieder aufleben wird), schätzt die Tätigkeiten der vielen Vereine, in denen mit ansteckender Begeisterung mitgetan wird. Er stuft die uneigennützige Arbeit in den überschaubaren Vereinen als ebenso hoch wie wertvoll ein. Da sei die Kultur nahe beim Volk, vieles funktioniere ohne grossen Aufwand. Dazu kommt Michael Juens Liebe zur Bergwelt. Da hält er sich enorm gerne auf und kann seine Leidenschaft bei Berggängen oder Skitouren ausleben. Man spürt seine immense Wertschätzung gegenüber der Natur und ihrer Vielfalt, mit ihren kleinen und wertvollen Kostbarkeiten, zu denen Sorge zu tragen sei. Sein langjähriger Wunsch vom «Haus der Musik» im Glarnerland scheint mit dem Kartoni-Areal in Ennenda konkrete Formen anzunehmen, er freut sich dabei auf die aktive Mitgestaltung.

Und befasst man sich mit seinen musikalischen Vorlieben, erfährt man, dass er sich beispielsweise der klassischen Musik mit Schwerpunkt Barock verbunden weiss, da er diese im Zusammenspiel mit den Orchestern pflegt. Dieses Auseinandersetzen geht rassig zum Jazz und weltbekannten Schlagzeugern wie Steve Gadd und Dennis Chambers über. Dass er in der wohl knapp bemessenen Freizeit gerne und ausdauernd Jazz hört, sich von packenden Rhythmen mitbewegen lässt, ist absolut nachvollziehbar. Es sei gerne angemerkt, dass Michael Juen mit Klavier, Trompete und Gitarre durchaus vertraut ist, dass aber das Schlagzeug im Zentrum steht.

Auftritte bedingen intensives Vorbereiten, das Klären vieler Details. Michael Juen erhält eine erste Anfrage, meistens per Mail. Ist ihm die Teilnahme möglich, erhält er das Notenmaterial. Dann wird es eng; an einem Projekt wird an zwei bis drei Tagen geübt, dann folgen die Aufführungen. Für Michael Juen sind das pro Jahr in etwa 30 Projekte mit rund 60 Konzerten in circa 15 verschiedenen Ensembles. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Aufführung der h-Moll-Messe (https://youtu.be/fmcJQCGACnE) von Johann Sebastian Bach mit dem Balthasar-Neumann-Ensemble im November des vergangenen Jahres in der Elbphilharmonie Hamburg. Zuweilen bedauert Michael Juen, dass er bei Anfragen mit attraktiven und spannenden Inhalten absagen muss, weil der Terminkalender fast übervoll ist.

Und wenn man – zur Aufzählung mit Aufführungsorten zurückgekehrt – liest, wo Michael Juen schon musikalisch aufgetreten ist, wird spürbar, dass er weite Teile unserer Welt bereisen und wohl nur flüchtig kennenlernen konnte. Es sind beispielsweise Bühnen in Bozen, Ljubljana, Wien, Russland, dann auch in Australien USA, Mexiko, Südamerika, der Provence, in Paris, Berlin, Madrid, Brügge. Ihm ist durchaus bewusst, dass Verpflichtungen nicht einfach «vom Himmel fallen». Jeder Ton, den man abgebe, sei wie eine Visitenkarte, das werde gehört, gesehen und sehr aufmerksam wahrgenommen, sei Ausgangspunkt von Engagements. Er zeigt sich dankbar, dass die Verantwortlichen der Musikschule seiner konzertanten Tätigkeit sehr wohlwollend gegenüberstehen. Die Eltern seiner Schülerinnen und Schüler tragen das bereitwillig mit.

Dass er seit nunmehr rund 15 Jahren Wissen und Erfahrung an Musikschülerinnen und -schüler unter anderem in Glarus weitergibt, darf gewiss als Glücksfall gewertet werden. Auf die Frage nach Musik, die ihm gar nicht passt, die er durchaus ablehnt, erwähnt er Hassbotschaften und politische Texte, die reichlich quer in der Landschaft stehen. Alles kann einem nicht gefallen. Aber da wird er sehr diplomatisch: «Es hat alles seine Berechtigung, wenn es irgendjemanden positiv bewegen oder erfüllen kann».