Mister-Schweiz-Aufregung

Es ist unglaublich, welche Aufregung die Lese- und Schreibschwäche von André Reithebuch ausgelöst hat. Dabei befindet er sich in bester Gesellschaft: Weit über eine halbe Million Menschen sind in der Schweiz vom so genannten Illetrismus betroffen.



André Reithebuch
André Reithebuch

Vor allem der «Blick» hat sich leider wieder auf unseren Mister Schweiz eingeschossen. Online konnten sich Leserinnen und Leser zum angeblichen «Makel» von André Reithebuch äussern. Ich hab’s auch getan, doch wurden meine Zeilen glatt unterschlagen. Vermutlich waren sie zu positiv. Ich fragte nämlich, was denn die Aufregung überhaupt soll? Es geht ja schliesslich um einen Schönheitswettbewerb und nicht um perfektes Lesen und Schreiben. «André Reithebuch ist schön, sympathisch und ehrlich. Lassen wir ihn doch einfach seinen Job machen. Den macht er nämlich wirklich gut», lautete mein Fazit, das man eben leider nicht lesen konnte.

Nun hat sich sogar Bundesrat Moritz Leuenberger in die Diskussion eingeschaltet. In seinem Blog nimmt er André Reithebuch in Schutz, solidarisiert sich mit ihm und lobt ihn gar: «Einen Mister Schweiz mit einer so grossen politischen Wirkung hat es wohl noch gar nie gegeben.»

Dies wiederum hat den «SonntagsBlick» veranlasst, die beiden zusammen zu führen. Am Tag der Rücktrittsankündigung von Pascal Couchepin war André Reithebuch zu Gast in Bern – eine Premiere der besonderen Art. Die beiden diskutierten über Sprache, Lesen und Schreiben, Reden und Auftreten. «Sie waren mir sofort sympathisch», sagte der Bundesrat zu unserem Mister Schweiz. Dass dieser öffentlich zu seinem Leseproblem stehe und es diskutiere, sei ein politischer Akt: «Ich gratuliere! Da wird politische Verantwortung wahrgenommen.» Das Gespräch ist übrigens nachzulesen auf www.blick.ch.

Diese magistralen Worte dürften Balsam sein für die Seele des in den vergangenen Wochen arg geprügelten Mister Schweiz. Aber auch für uns alle. Ich finde es eine absolute Frechheit, wenn der sympathische Glarner in auswärtigen Medien als «hirnloser Schnösel» bezeichnet wird. Zum Glück lässt er sich – mindestens in der Wahrnehmung von aussen – nicht davon beeindrucken. Absolviert unbeirrt seine zahlreichen Auftritte in der Öffentlichkeit. Lächelt und schreibt Autogramme. Und wirbt nun auch engagiert für das Glarnerland. Das macht ihn nur noch mehr sympathisch. Er ist schliesslich der beste Beweis dafür, dass das Glarnerland schön macht. Ob das nun dem «Blick» passt oder nicht...