Mit Geissen und Kindern von Mitlödi nach Schwändi

Unter dem Patronat von Bundesrat Alain Berset und im Rahmen der Europäischen NIKE-Kulturerbe-Denkmaltage fanden am vergangenen Wochenende in verschiedene Gemeinden in der Schweiz verschiedene Veranstaltungen mit Dorfführungen, Atelier- und Baustellenbesichtigungen statt. In diesem Jahr organsierte der «mitlödi-kultur-dorfverein», gemeinsam mit dem Dorfverein Schwändi eine Besichtigung der restaurierten Geissgasse, die von Mitlödi nach Schwändi führt. Als Höhepunkt der Veranstaltung erlebten die vielen Teilnehmer einen Auftrieb einer echten Ziegenherde.



Mit Geissen und Kindern von Mitlödi nach Schwändi

Pünktlich mit dem 10-Uhr-Glockenschlag der Kirche begrüsste der Präsident des Dorfvereins «Mitlödi Kultur aktiv» Heiri Speich Senior die zahlreich anwesende Gästeschar, darunter auch einige Kinder, die als erste von zwei Gruppen sich im Anschluss auf den Weg Richtung Geissgasse machten. Bei Zwischenhalten, die man in Anbetracht des steilen Aufstiegs Richtung Schwändi gerne in Kauf nahm, wusste Historiker und Archäologe Dr. Heinrich Speich Junior allerhand Wissenswertes und Geschichtliches über die Ziegenhaltung und über die «Kuh des kleinen Mannes», so nannte man damals die Ziegen, zu erzählen. Ein Blick zurück ins 19. Jahrhundert bestätigt uns, dass damals täglich grosse Ziegenherden durch diese Gasse auf die höher gelegenen Weiden getrieben wurden.

Die Geissgasse liegt etwas oberhalb des Dorfkerns von Mitlödi. Dort werden zurzeit die noch vorhandenen Trockensteinmauern und der damalige Weg, der von Mitlödi nach Schwändi führte, auf einer Länge von rund 1000 Meter fachmännisch restauriert. Bei der Geissgasse angelangt, fokussiert man sich gleich auf die recht steile Wegführung, die links und rechts von Trockenmauern steil durch eine Waldpartie führt. Während der Führung erhielten die Teilnehmer einen Einblick in die Techniken des Trockenmauerns und in die frühere und die aktuelle Nutzung der Mitlöder Geissgasse. Ausführliche Informationen und Erklärung über das Projekt lieferte Landschaftsarchitekt Michael Schlüter. Mittlerweile hat sich ausgangs Mitlödi eine Geissenherde mit vielen Kindern gesammelt. Gemeinsam mit dem Geisser, der für einmal nicht Peter, sondern Andrea heisst, bewegte sich die Herde durch die renovierte Geissgasse. Und für einmal schien die Zeit still zu stehen. Man wähnte sich in Zeiten, wo mehrere Ziegenherden meckernd durch die Strassen und Gassen auf ihre Weidplätze liefen, und am Abend wieder in ihre Ställe zurückkamen, begleitet vom Geisshirt.

Gemütlicher Ausklang auf Lassigen bei Schwändi

Bei der Ankunft in Lassigen stellte Gastgeber Martin Klöti von «Glärnisch Textil» seinen Produktionsbetrieb vor. Im Anschluss erzählte Heinrich Speich-Leuzinger in der Festwirtschaft die Sage «Dr Geisser vum Obersee». Eine traurige Geschichte, meinte er. Doch heute werde gefeiert – nicht zuletzt dank der musikalischen Unterhaltung durch die Geschwister Elsbeth Hefti-Schiesser und Esther Schiesser. Gemeinderat Kaspar Luchsinger zeigte auf, dass es fast überall Orts-, Liegenschafts- oder Wegbezeichnungen mit Geissen gebe. Die Geissgasse sei Kultur, weil «Kultur alles sein kann, was die Menschheit gemacht hat». In mühseliger Arbeit seien früher sehr schwere Steine von Hand bewegt worden. Leider sei die Verlegung des Wanderwegs nicht zustande gekommen. «Das wäre ein grosser Gewinn gewesen», sagte der Gemeinderat. Er dankte Dr. Marco Baltensweiler, dem Leiter der kantonalen Abteilung Landwirtschaft, sowie allen Beteiligten für die grosse Arbeit und hoffte, dass diese noch weitergeführt werde: «Es ist sehr wichtig, dass man noch solche Zeitzeugen hat. Sie waren einst wichtige Bestandteile der Gemeinden und gingen sonst vergessen.» Marco Baltensweiler vom Kantonalen Amt für Landwirtschaft schilderte, wie Geissen damals das Landschaftsbild prägten. Früher habe es Pflanzplätze neben den Trockenmauern gehabt, welche so vor den Geissen geschützt worden seien. Ziel sei es, die Mauern in die Zukunft zu tragen. Im Steilstück der Geissgasse habe man mit der Treppe einen Kompromiss gemacht, damit auch «zweibeinige Geissen und Geissböcke raufkommen». Das Projekt sei nicht zuletzt dank dem Landschaftsqualitätsprogramm des Bundes zustande gekommen. Die Bauern hatten zunächst «gemeckert»; doch nun dürften alle stolz sein. Heinrich Speich-Leuzinger bedankte sich abschliessend bei Landschaftsarchitekt Michael Schlitner, Gemeinderat Kaspar Luchsinger, seinem Sohn Heinrich, Marco Baltensweiler, Peter Göldi vom Dorfverein Schwändi, den beiden Musikantinnen und Werner Bleisch für ihren Einsatz.