Mit Musik durch alle Monate – Gamben, Cembalo und Gesang

Sieht man sich eventuell mit der Frage konfrontiert, wie Monate zu klingen vermögen, wird man auf gewiss verschiedenste Arten reagieren, beispielsweise mit argem Runzeln der Stirne nach einer passenden, sinngebenden Antwort suchen. Wer unlängst die reformierte Kirche in Ennenda besuchte, konnte sich über erfüllende Zeitspannen hinweg anhören, wie sich das die Komponisten Christopher Simpson (ca. 1602 – 1669) mit «The Months» und Johann Hermann Schein (1586 – 1630) «Musica Boscareccia» vorgestellt hatten.



Mit Musik durch alle Monate – Gamben, Cembalo und Gesang

Das überzeugende, ausdrucksstarke und wechselvolle Interpretieren lag beim Cellini Consort mit Tore Eketorp, Brian Franklin und Thomas Goetschel, Gamben, Yvonne Ritter, Cembalo, der Sopranistin Ana Djordjevic und dem Kirchenchor Ennenda und der umsichtig leitenden Magdalena Mattenberger.

Die vielen Konzertbesucher konnten dem willkommen informativ zusammengestellten Programm entnehmen, dass Christopher Simpson im 17. Jahrhundert als einzigartiger Gambenvirtuose und Komponist für sein Instrument galt. Erhalten geblieben ist unter anderem der Zyklus «The Month», bestehend aus zwölf Fantasien für Diskantgambe, zwei Bassgamben und Continuo. Nachzulesen war zudem einiges zu Johann Hermann Scheins Schäferdichtung in der «Musica Boscareccia», eine beliebte Literaturgattung der europäischen Renaissance und des Barock, die das entbehrungsreiche Hirtenleben in höchstem Mass idealisierte. Es kommen darin beispielsweise die nicht eben zwischenmenschlich handelnde Schäferin Fili, der liebesbedürftige Schäfer namens Coridon, der Liebesgott Amor und Gestalten der antiken Götterwelt vor. An überbordenden Gefühlen, Leidenschaften aller Art, Jubel und Frohlocken, übelster Rache, Neid, Aufblühen, Herzerweichendem mangelt es nun gar nicht. So war man fast – aber nur fast – in der Lage, den dichterischen Reichtum in die von den Gambisten ausgespielten zwölf Fantasien reinzudenken.

Es kam zu einer Fülle verschiedenster Begegnungen – natürlich voller Lieblichkeiten, Anmut, Dramatik, Träumereien, Leichtfüssigem, Verharren, Eleganz, Enteilen, Fragen und Necken. Die drei Gambisten wussten sich von der Cembalistin gar sorgsam, mit grosser Zurückhaltung und spielerischer Reife begleitet. Das Spiel auf den Gamben war so innig, kunstvoll, erfolgte in gegenseitig grosser Abgestimmtheit, dem Aufnehmen und Weitergeben vieler stimmungsstarker Inhalte, die zuweilen eine kanonartige Einleitung waren und sich in zahlreichen, verschiedensten Aussagen fortsetzten. Es wurde mit beeindruckender Bewegtheit und hohem spielerischem Können ausgedrückt. Es ergaben sich wechselvolle Kurzweil, vordergründig Leidenschaftliches, Dramatik, Zartheiten, Liebliches. Alles klang ungemein variantenreich auf, wechselvoll und spannend, in virtuosem Zusammenspiel.

Der Kirchenchor Ennenda bewies mit der Wiedergabe der hochromantischen Texte, wie weit sein erfüllender Gestaltungsreichtum, wie problemlos auch sehr Forderndes zu bewältigen ist. Mit immenser Aufmerksamkeit wurde den Intentionen der musikalischen Leiterin, Magdalena Mattenberger, Folge geleistet. Sie dirigierte behutsam, forderte umfassend, vermied Theatralisches in kluger Art. Das war Musik vom Feinsten, so innig, beseelt, dynamisch klug gegliedert, in sinnrichtigen Tempi. So vernahm man denn beispielsweise mit verständlichem Schmunzeln etwas über die «Sonn mit ihrem Schein und dem kühlen Lüftelein» oder «Drum lasst uns singen … Die angenehme Zeit am Tanz zubringen». Man liess sich von der Luft «dem edlen Element» bezaubern, vernahm vom lachenden Amor, dass er Schicksalshaftes schon zuvor gewusst habe und genoss das Ausklingen mit «Juch holla, freut euch mit mir». Die Mitglieder des Kirchenchors und die Solistin Ana Djordjevic – der zweite Solist Linus Hofmann war erkrankt – gestalteten wahrlich beseelt und kunstreich, mit bewunderungswürdiger Leichtigkeit aus.

Der lange Beifall war der verdiente Dank für so viel Köstlichkeiten der wirklich ungewohnten, gerade deshalb so willkommenen Art.