Mobbing in der Schule – Filmisches Thematisieren

Hinter dem unlängst in der Kulturbuchhandlung Wortreich Glarus gezeigten Kurzfilm mit dem Titel «Revenge» versteckt sich eine unglaubliche Fülle von Arbeit, die anlässlich der Filmpremiere – notabene vor ausverkauftem Haus – in knappen Zügen erläutert wurde. Das beeindruckende Umsetzen zahlreicher Inputs ist nicht bloss das Verdienst des Filmemachers Andreas Benz aus Niederurnen. Einbezogen sind auch die acht Jugendlichen, darunter zwei Burschen, die am Zustandekommen beharrlich mitgetan haben, trotz grosser Belastung nie aufgaben und ganz viel Freizeit geopfert haben.



und Andreas Benz im Gespräch.
und Andreas Benz im Gespräch.

Und was im Verlaufe von knapp zwölf Minuten bildhaft stark entstanden ist, trägt die Handschrift der Jugendlichen, denen Andreas Benz viel Freiraum gewährte, dessen Abläufe mit zuweilen groben verbalen Äusserungen verdeutlicht werden. Andreas Benz, während eines Vierteljahrhunderts in der Finanzbranche tätig, wählte mit seiner Familie das Glarnerland als neuen Lebensmittelpunkt. Dass filmisches Potenzial noch brach liegt, merkte er bald, mittlerweile zum Fachmann geworden. Er merkte im Gespräch an, dass er in New York eine Filmschule, später in Los Angeles das Entstehen von Drehbüchern von Grund auf gelernt habe. Seit nunmehr sieben Jahren widmet er sich dem Entstehen von Kurzfilmen. Zwanzig Prozent seiner Arbeitszeit betrifft das Realisieren von Auftragsfilmen, zudem befasst er sich für Constantin-Film mit dem Verfassen von Drehbüchern. Den Kontakt zur Offenen Jugendarbeit und damit zu Filmbegeisterten unseres Kantons fand er durch Renate Grassi Slongo und Caroline Wirz auf unkomplizierte Art. Happiger wurde es dann mit der Besetzung aller Rollen und dem Filminhalt, der eine Unmenge von Gesprächen bedingte. Irgendwann einigte man sich auf das Thema Mobbing, auf ebenso Belastendes wie Forderndes. Es geht um eine Mitschülerin, die nicht ins gängige Schema der Pubertierenden und deren verletzenden Umgang mit dem Anderssein passt. Ewig muss sie einstecken, kann sich gegen die gehäufte Zahl von Kränkendem, Verletzendem, reichlich Primitivem nicht zur Wehr setzen. Es geht aber auch um jene, die irgendwelche Gerüchte in die Welt setzen und sich über vermeintliche Volltreffer riesig freuen. Die dermassen Agierenden tragen im Kurzfilm weisse Masken, die sie auf Geheiss eines Erwachsenen abzulegen haben und für ihr Tun gnadenlos zur Rechenschaft gezogen werden. Mädchen haben sich ihre Haare kurz zu schneiden, Beschimpfungen, die auf der Haut lange haften bleiben, gut sichtbar anzubringen. Die Jungen treten plötzlich als Primaballerinen auf. Die Gegensätze zwischen Kränkung, massiv Verletzendem und Bestrafung sind wohl bewusst derart krass gewählt. Der Film gewährt zu wenig Zeit, um ein gründliches Auseinandersetzen zu visualisieren. Schlagwortähnlich wird vorgegangen.

Dass der grosse Beifall mehr als verdient war, verseht sich wie von selbst. Das Ergebnis aller Auseinandersetzungen ums und mit dem Geschehen hat die riesige Anerkennung gewiss verdient. Es wird sich zeigen, wie das Urteil nach dem Präsentieren am Jugendfilmfestival in Zürich, später in Winterthur und im kommenden Jahr eventuell an den Solothurner Filmfesttagen ausfällt. Interessant wird gewiss das Konfrontieren an Oberstufenschulen ausfallen. Mobbing ist niemandem fremd.

Andreas Benz vermochte aufzuzeigen, wie viel Arbeit hinter den kleinsten Szenen steckt, wie häufig die eine und andere Einstellung zu wiederholen war, welche Geduld und Ausdauer die ausgestaltenden Jugendlichen aufzuwenden hatten, wie heikel das Positionieren der Kamera, die Einschätzung der Lichtverhältnisse, die Auswahl der Kostüme, der Einbezug der überzeugenden, stimmigen Tonqualität, das natürliche, unverkrampfte Bewegen, das Sprechen der kurzen Dialoge, die unablässig erforderliche hohe Präsenz beim Drehen und anderes stets waren. Dass ab Sommerferien bis kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr an vielen Samstagen geübt und sinnrichtig ausgespielt wurde, gereicht allen Beteiligten zur Ehre. Und dass die Erwachsenen mit dem Regisseur, dem Bewegungscoach Silvio Wey, Vanessa Benz (Schnitt) sehr professionell tätig waren, kam dem filmischen Ergebnis zugute.

Die Filmpräsentation im Wortreich war derart kompakt, packend, voll erfrischender Jugendlichkeit und Spontanität. Der Gedankenaustausch beim Apéro war enorm lebhaft, munter – einem Spiegelbild des filmischen Geschehens nicht unähnlich.