Der Richtplan Verkehr beruht auf dem Mobilitätskonzept, welches nach dem Scheitern der E+E-Strasse breit abgestützt von Vertretern von Behörden, Regionen, Verbänden sowie von interessierten Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet worden ist. Es zeigt Wege auf, wie sich das Verkehrssystem auf Kantonsgebiet als Ganzes weiterentwickeln soll. Am 11. April 2006 wurde es vom Regierungsrat genehmigt mit dem Auftrag, die Massnahmen in einen kantonalen Richtplan – Sachbereich Verkehr zu überführen.
Ein erster Richtplan-Entwurf wurde am 20. Juni 2006 vom Regierungsrat gutgeheissen. Das anschliessende öffentliche Mitwirkungsverfahren ergab 77 Stellungnahmen, die im zweiten Entwurf teilweise berücksichtigt werden konnten. Die eingeschlagene Marschrichtung sowie die Struktur respektive der Aufbau des Richtplans wurden in den Stellungnahmen mit wenigen Ausnahmen unterstützt.
«Alle Verkehrsteilnehmer sollen zu den Gewinnern gehören»
Auch der Richtplan Verkehr behandelt das Verkehrssystem als Ganzes. Es geht nicht nur um Infrastrukturprojekte und deren Auswirkungen, sondern ebenso um den Betrieb und um den Erhalt der Funktionstüchtigkeit bestehender Anlagen und Systeme. Öffentlicher Verkehr, motorisierter Individualverkehr und Langsamverkehr werden als gleichwertige Glieder der Mobilitätsvorsorge berücksichtigt. «Sie können auch sachlich nicht auseinander dividiert werden, da insbesondere der öffentliche Strassenraum von allen Verkehrsträgern genutzt wird», heisst es dazu im Richtplanentwurf.
Aufgeführt sind insgesamt zwölf Massnahmen: drei im öffentlichen Verkehr, vier bezüglich Strasseninfrastruktur, drei im Langsamverkehr sowie zwei im organisatorischen Bereich. Sie sollen zur nachhaltigen Sicherstellung der Mobilität im Glarnerland beitragen. «Alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sollen zu den Gewinnern gehören, vom Radfahrer bis zum Fussgänger, vom Automobilisten bis zum Anwohner», hat Landesstatthalter Pankraz Freitag im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens geschrieben. Dass dies nur mittels Kompromissen von allen Seiten möglich ist, hat der lange Erarbeitungsprozess deutlich aufgezeigt.
Hier ein Überblick über die zwölf Massnahmen.
Öffentlicher Verkehr
Im Bereich Öffentlicher Verkehr (ÖV) werden folgende Massnahmen vorgeschlagen:
1. Die Bahnlinie von Ziegelbrücke bis Linthal bleibt das Rückgrat des ÖV. Das Bahnangebot wird gezielt verbessert. Das Konzept «GlarnerSprinter» wird erweitert und sobald wie möglich auf einen Stundentakt ausgebaut. Dieses Angebot wird ergänzt durch Regionalzüge. Ziel ist ein integraler Halbstundentakt mit schlanken Anschlüssen in Ziegelbrücke.
2. Kontinuierliche Optimierung des Bus-Systems. Das Busangebot wird gezielt ausgebaut. Ziel ist ein Angebot mit Anschlüssen an alle Züge, sofern die Nachfrage besteht.
3. Massvoller Ausbau des ÖV in den Randstunden und an den Wochenenden. Das öV-Angebot an Wochenenden und in den Randstunden wird entsprechend den Bedürfnissen punktuell ausgebaut. Für Rand- und Nachtstunden stehen auch private Anbieter zur Verfügung.
Strasseninfrastruktur
Bezüglich Strasseninfrastruktur enthält der Richtplanentwurf folgende Massnahmen:
1. Entlastung des Dorfzentrums Näfels. Das Siedlungsgebiet wird im Westen in einem Tunnel umfahren. Die heutige Kantonsstrasse wird umgebaut und für den Langsamverkehr attraktiv gestaltet. Die Verbindung nach Mollis und zum Industriegebiet von Näfels wird über eine Strasse zwischen A3-Zubringer und Kerenzerbergstrasse hergestellt.
2. Entlastung des Dorfzentrums Netstal. Das Siedlungsgebiet wird im Westen in einem Tunnel umfahren. Die heutige Kantonsstrasse wird umgebaut und für den Langsamverkehr attraktiv gestaltet. Die Verbindung nach Mollis wird über eine neue Spange Nord hergestellt.
3. Entlastung des Zentrums Glarus. Das Siedlungsgebiet wird im Westen in einem Tunnel umfahren. Die Umfahrung Glarus wird im Gebiet westlich des Löntschwerkes direkt an die Umfahrung Netstal angehängt. Die Anbindung von Netstal Süd/Glarus Nord wird mit einem Halbanschluss realisiert. Die Verbindung nach Ennenda erfolgt mit einer Verbindungsstrasse im Bereich Leimen. Die Verkehrsorganisation im Ortszentrum wird angepasst. Der Strassenraum wird neu gestaltet (multifunktionaler Raum).
4. Mehrjahresprogramm Kantonsstrassen. Die Substanz der Strasseninfrastruktur muss erhalten werden. Neuralgische Punkte, vor allem aus Sicht der Verkehrssicherheit, werden schrittweise saniert.
Langsamverkehr
Im Bereich Langsamverkehr werden folgende Massnahmen präsentiert:
1. Erhalt und Ausbau des kantonalen Radwegnetzes. Umsetzung des Radroutengesetzes. Es soll ein zusammenhängendes, sicheres Radwegnetz entstehen. Die Radwege sind an den öV, insbesondere an die Bahnumsteigepunkte, anzuschliessen. An Bahnhöfen und publikumsintensiven Einrichtungen sind genügend diebstahlsichere Abstellplätze zur Verfügung zu stellen. Der Kanton berücksichtigt die Anliegen für ein attraktives und sicheres Radwegnetz im Siedlungsraum.
2. Fuss- und Wanderwege unterhalten. Der Kanton berücksichtigt die Anliegen für ein attraktives und sicheres Fusswegnetz im Siedlungsraum. Es wird sichergestellt, dass das Wanderwegnetz den Bedürfnissen der Naherholung und des Sommertourismus angepasst wird. Die Verknüpfung der Fusswege mit dem öV ist zu verbessern.
3. Nahtstellen zwischen den Verkehrsträgern verbessern. Der Kanton unterstützt die Anstrengungen der Gemeinden zur Verbesserung der Umsteigeverhältnisse an den Knotenpunkten des öV.
Organisatorische Massnahmen
Der Richtplan Verkehr enthält schliesslich noch zwei Massnahmen im organisatorischen Bereich:
1. Mobilitätsmarketing. Der Kanton informiert aktiv über Mobilitätsangebote.
2. Anreize und Lenkungsmassnahmen. Der Kanton fördert innovative Projekte der Mobilitätsvorsorge sowie ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten.
Wie weiter
Es ist vorgesehen, den angepassten Richtplanentwurf noch im September dem Regierungsrat vorzulegen. Das weitere Vorgehen richtet sich nach dem im kantonalen Raumplanungs- und Baugesetz geregelten Verfahren: Der Regierungsrat erlässt den Richtplan – Sachbereich Verkehr und unterbreitet ihn dem Landrat zur Genehmigung. Anschliessend muss der Richtplan noch vom Bundesrat gutgeheissen werden.