Die Grüne Landratsfraktion reichte im Februar 2020 das Postulat «Klimaschutz bei den Motorfahrzeugsteuern» ein. Hintergrund ist das 2012 von der Landsgemeinde eingeführte Bonus-/Malus-System für die Besteuerung von Motorfahrzeugen. Diese habe seine Wirkung nach Auffassung der Postulanten in Bezug auf die Reduzierung des CO2-Ausstosses verfehlt. Deshalb wurde angeregt, verschiedene Massnahmen zu prüfen, welche den Treibstoffverbrauch und den CO2-Ausstoss der Motorfahrzeuge im Kanton Glarus markant senken. Als Beispiel wird eine Bemessung nach Leergewicht und/oder CO2-Ausstoss angeregt. Ausserdem soll geprüft werden, ob der Grundsatz der Saldoneutralität von Ermässigungen und Zuschlägen (Bonus bzw. Malus) aufgehoben werden soll, und ob die rechtliche Möglichkeit einer Ausgestaltung als Lenkungsabgabe mit (teilweiser) Rückerstattung an die Bevölkerung bestehe.
In seiner Auslegeordnung legt der Regierungsrat vor dem Hintergrund der klima- und energiepolitischen Zielsetzungen des Bundes dar, welchen Abgaben der motorisierte Strassenverkehr unterliegt, wie seit 2017 die Schadstoffe standardisiert gemessen werden und wie sich die CO2-Emissionsvorschriften auf Neuwagen auswirken. Der Regierungsrat geht davon aus, dass die Einhaltung der jährlichen Zielwerte durch neue, strengere Messungen für die Autoimporteure erschwert wird und damit der Druck, schadstoffarme Fahrzeuge zu verkaufen, weiter zunehmen wird.
Kantonale Bemessungsgrundlagen
Im Kanton Glarus bemisst sich die Motorfahrzeugsteuer für Personenwagen nach dem Hubraum. Zur Förderung von emissionsarmen Fahrzeugen werden folgende Reduktionen (Bonus) oder Zuschläge (Malus) berechnet:
- 100 Prozent Bonus bei Fahrzeugen der Kategorie A und erster Inverkehrsetzung ab 2014 für das laufende Jahr und zusätzliche zwei Kalenderjahre
- 75 Prozent Bonus bei Fahrzeugen der Kategorie B und erster Inverkehrsetzung ab 2014 für das laufende Jahr und zusätzliche zwei Kalenderjahre
- 20 Prozent Malus bei Fahrzeugen der Kategorie F und erster Inverkehrsetzung ab 2012 für die gesamte Immatrikulationsdauer
- 30 Prozent Malus bei Fahrzeugen der Kategorie G und erster Inverkehrsetzung ab 2012 für die gesamte Immatrikulationsdauer
Die Energieetikette dient dem Autokäufer als Instrument, um sich über den Verbrauch, die jeweilige Effizienz des Fahrzeuges und dessen klimawirksame CO2-Emissionen zu informieren. Ausserdem lässt sie einen Vergleich von Fahrzeugen mit verschiedenen Antriebsarten bezüglich ihrer Energieeffizienz zu.
Motorfahrzeuge, die den Energieeffizienz-Kategorien C, D und E angehören, sind von der Ökologisierung der Motorfahrzeugsteuern nicht betroffen (kein Bonus oder Malus).
Fahrzeuge mit ausschliesslich elektrischem Antrieb sind von der Verkehrssteuer ganz und unbefristet befreit.
Hybrid- und gasbetriebene Fahrzeuge werden, sofern sie nicht unter die Energieeffizienz-Kategorie A fallen, nicht gesondert besteuert.
Die Berechnungsmethode zur Einteilung in die Energieeffizienzkategorien erfolgt so, dass neben dem direkten Verbrauch auch die Energie aus der Treibstoff- und/oder der Strombereitstellung weiterhin in die Berechnung einfliesst. Damit belohnt oder bestraft das vorhandene Bonus-/Malus-System die Halter und Halterinnen von Personenwagen, welche tiefere oder höhere CO2-Emissionen verursachen.
Kantone bemessen unterschiedlich
BemessungsgrundlageKantonHubraum oder Steuer-PSAG, FR, GR, LU, NW, OW,
SH, SO, TG, VS, ZG, GL
Gesamtgewicht AI, AR, BE, BL, JU, SG, UR
Leistung GE
Leistung und Gesamtgewicht SZ, TI, VD
Hubraum und Gesamtgewicht ZH
Leergewicht und CO2-Emission (Energieetikette) BS
CO2-Emission und Fahrzeugalter NE
Im Kanton Glarus sind im Zeitraum von 2014 bis 2019 durchschnittlich 1,71 Prozent aller neu zugelassenen Personenfahrzeuge mit ausschliesslich elektrischem Antrieb in Verkehr gesetzt worden, obwohl der Kanton Glarus bei den reinen Elektrofahrzeugen die Motorfahrzeugsteuer zu 100 Prozent und unbefristet erlässt. Dies stützt gemäss Regierungsrat die Feststellung, dass die Motorfahrzeugsteuer als Lenkungsmodell für den Kauf von energieeffizienteren Modellen ungeeignet ist.
Wieso haben die bisherigen Massnahmen nicht gegriffen?
Bund und Kantone versuchen seit Jahren, ökologische Fahrzeuge mit verschiedenen Mitteln zu fördern. Der Regierungsrat vermutet, dass die Massnahmen wirkungslos geblieben sind, weil die Höhe der Motorfahrzeugsteuer nur für 15 Prozent der Autokäufer wichtig ist. Dies zeigt eine Studie vom Dezember 2017. Weitere Gründe könnten sein, dass die Strassenverkehrsabgaben nur einen sehr geringen Teil an den Betriebskosten eines Motorfahrzeuges ausmachen, und dass bei Neuwagenkäufern oft das zuletzt gekaufte und das zuvor gekaufte Auto von der gleichen Marke stammen.
Fazit: Regierung möchte bestehendes System beibehalten ...
Aufgrund der untersuchten Faktoren (standardisierte Messungen, Druck auf Autoimporteure, geringe Bedeutung der Steuern beim Kauf, wenig Hebelwirkung von Abgaben als Teil der Betriebskosten, Transparenz des Glarner Bonus-/Malussystems) kommt der Regierungsrat zum Schluss, dass am bestehenden System festgehalten werden soll.
Das fairste und wahrscheinlich wirksamste Besteuerungsmodell wäre eine CO2-Abgabe auf Treibstoff, die dem Verursacherprinzip folgt und dynamisch ist, statt eines Pauschalbetrages. Darauf zielt die Erhöhung des Treibstoffpreises um bis 12 Rappen pro Liter mit dem neuen CO2-Gesetz ab, welches das Parlament im Sommer 2020 beschlossen hat.
... aber Saldoneutralität prüfen
Die Saldoneutralität von Ermässigungen und Zuschlägen im Bonus-/Malus-System der kantonalen Motorfahrzeugsteuern ist in der Praxis nur mit grossem Verwaltungsaufwand umsetzbar. Sie muss spätestens alle drei bis vier Jahre zur Überarbeitung der Berechnungsfaktoren führen. Wiederkehrende Neuberechnungen und somit Anpassungen des Bonus-/Malus-Systems verunsichern zudem die Fahrzeughalter. Deshalb unterstützt der Regierungsrat den Vorschlag der Postulanten, die gesetzlich vorgeschriebene Saldoneutralität aufzuheben.
Die Entwicklung der Erträge seit der Einführung der ökologisierten Motorfahrzeugsteuer mittels Bonus-/Malus-System im Jahr 2012 hat gezeigt, dass jeweils ein Überschuss bei den Zuschlägen (Malus) resultierte. Die Rückerstattung dieser Überschüsse an die Bevölkerung könnte über den kantonalen Energiefonds erfolgen, d. h. als jährliche Einlagen dem kantonalen Energiefonds zufliessen. Heute werden sie zur Deckung von Strasseninfrastrukturkosten verwendet. Die betreffenden Erträge könnten beispielsweise für die sinnvolle Verwirklichung von Vorhaben im Gebäudebereich, im Bereich der erneuerbaren Energien oder der Mobilität eingesetzt werden. Eine Alternative wäre, mögliche Überschüsse in einen neuen Fonds zu legen und damit der Glarner Bevölkerung beim Kauf von emissionsfreien oder emissionsarmen Fahrzeugen als einmalige Kaufprämie zufliessen zu lassen.
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, die Bemessung der Motorfahrzeugsteuer gemäss bisheriger Praxis zu belassen und das Postulat in diesem Punkt abzulehnen. Hinsichtlich der vorgeschlagenen Aufhebung der Saldoneutralität soll das Postulat überwiesen werden.