Multinationales, von Herzen kommendes Musizieren

Das Rezept für musikalisch Hervorragendes hatten der Chor der Nationen, sein Orchester und die Special Guests vor ihrem stark besuchten Auftritt in der Aula der Kanti Glarus tüchtig ausprobiert, an dessen Feinheiten derart rumgepröbelt, dass es nur noch den Chefkoch benötigte, um alles ohne Fehl und Tadel anzubieten. Sein Personal, farbenstark und festlich gekleidet, stand fürs Auftischen bereit.



Multinationales, von Herzen kommendes Musizieren

Die Gäste zeigten sich in grosser Zahl, waren spürbar erwartungsvoll. Und beim Studium der ganz besonderen Menükarte, in diesem Fall handelte es sich um einen musikalischen Mehrgänger mit Auserlesenem, Köstlichem und Verheissungsvollem, lief einem schon mal das Wasser im Munde zusammen.

Nun muss man wissen, dass es sich bei diesem Chefkoch um den musikalischen Gesamtleiter Bernhard Furchner handelt, beim Personal um Sängerinnen und Sänger der Chöre der Nationen Glarus-Linth, Bern, Luzern und Zürich aus gar verschiedenen Nationen, beim Orchester um virtuose Musikerinnen und Musiker, die teilweise von Bern angereist waren und bei den Special Guests um die erfrischend auftretenden Jugendlichen der Lucerne Singers und dem glarnerischen Kanti-Chor und der dreiköpfigen, beherzt und aussagestark ausgestaltenden Band mit Namen Moskito aus Luzern. Sie hat sich weit über die Hip-Hop- und Rap-Szene der Innerschweiz hinaus hohe Beachtung und Anerkennung geholt. Bernhard Furcher dirigiert kraftvoll, leidenschaftlich und mit ansteckender Kraft und enormer Übersicht. Er vermag alle anzuspornen, mitzureissen, Details dann zu korrigieren, wenn es ihm als notwendig erscheint. Er freut sich mit den Interpretierenden, wenn alles gut gelungen ist, spendet Beifall und ist ein Alleskönner, zumal er auch die musikalische Bearbeitung des so inhaltsstark und wechselreich Angebotenen gemacht hat. Ungewohntes ist für ihn Anreiz, einzelne Komponenten zu einer Ganzheit zu fügen. Sonst wäre es kaum möglich, dass indischer Tempeltanz mit dem «Vreneli ab em Guggisbärg» einhergeht, gestenreich, anmutig, textbezogen.Und dass sich Rap in luzernischem Dialekt (von Luzian Rast, Raphael Fluri und Feliciano Ponce kraftvoll, voller Ehrlichkeit und Leidenschaft angeboten) mit dem Begleiten der jugendlichen Chöre ausdrucksstark vereint, ist ein zweites Wagnis, dessen Ausgestalten kaum Probleme zu bieten scheint. Tänze und Soli fügten sich mit stimmungsvollem Gesang und gekonntem Begleiten zu Erfüllendem, mit viel Beifall Bedachtem.

Die musikalische Botschaft, das genussvolle Verweilen in einer Chorgemeinschaft, die im Falle von Glarus-Linth aus zehn Nationen besteht, der spürbare Wille zum sorgsamen, aufeinander abgestimmten Erarbeiten, die gegenseitige Anteilnahme unter den Chorleuten, das spürbare Geniessen beim Singen, Leichtigkeit und Leidenschaft, Kraft und Eleganz, Innigkeit übertragen sich auf die Zuhörerschaft und schaffen einmal mehr die Erkenntnis, dass gemeinsames Erarbeiten und Ausgestalten unter den Angehörigen verschiedenster Kulturen auf der Basis von Vernunft, Vor- und Nachgeben, Toleranz und gegenseitigem Verständnis gar kein Problem ist. Den Mächtigen der Welt – aber das ist nun fern jeder Musik und Erwartung – würde der Besuch eines derartigen Konzerts unendlich gut tun, ihnen neue Klugheit und Kompetenzen auf den Weg mitgeben. So gesehen machen die Aufführenden wertvolle Geschenke von hohem Wert.

Die Internationalität widerspiegelt die Vielfalt des Gebotenen. Kurz, musikalisch intensiv klangen Lieder aus Tschechien, Deutschland, der Schweiz, Kuba, Neuseeland, Italien, England, Russland, Taiwan und von anderswo auf. Die Fülle an Beseeltheit, Eleganz, Beherztheit, Bedachtsamkeit, Ruhe, Verharren und stürmischem Drang war immens, führte zu Anteilnahme, genussvollem Hinhören. Die charmanten Ansagen zu den einzelnen Sequenzen zeugten von Herzlichkeit. Es wuchs eine Ganzheit, die kaum erfassbar ist, die beim Zurückdenken in Bruchstücken bleibt. Es waren einige Ohrwürmer drunter, das Abgleiten in Kitschiges wurde klug vermieden. Und nachdem – schon war Zeit für die unvermeidliche Zugabe – Nkosi Sikeleli, das Gebet Afrikas mit der mächtigen Hommage an Nelson Mandela verklungen war, verabschiedete man sich nur zögerlich.