Musik an den Höfen von Henry VIII und Isabella d `Este – dies nach Mollis transferiert

Was «unter den Gebeinen» jener erklang, die anno 1388 bei der Schlacht zu Näfels ihr Leben verloren, hatte mit der wechselvollen und stimmungsreichen Musik aus dem 16. Jahrhundert gar nichts gemeinsam – mit Ausnahme des Aufführungsortes. Da besang die aus einem guten Dutzend bestehende, alles sorgsam einstudierte formation21 unter Leitung von Ana Djordjevic und Magdalena Mattenberger reichhaltigstes und buntes Durchleben einer Zeitspanne, die es so nicht mehr gibt. Es trugen I flauti di Vellanda Willkommenes bei. Über beinahe anderthalb Stunden hinweg war eine stimmige Vermischung von Träumereien, Herbeisehnen, Wirbligem, Verharren, Frohlocken, Jubel, kindlicher Freude, Tanz und Frohmut angeboten.



formation21 unter Leitung von Ana Djordjevic und Magdalena Mattenberger (Bilder: p.meier)
formation21 unter Leitung von Ana Djordjevic und Magdalena Mattenberger (Bilder: p.meier)

Man wähnte sich zuweilen in einer gar bunten Fülle, ja Überfülle von Blumen, Düften und Farben, von lieblichem Herzschmerz, höchst angenehmen Gefühlswellen getragen. So schön kann das Leben sein – voller Harmonien und Wohlklang. Ausgestaltung und Wiedergabe dieser weiten musikalischen Welt waren enorm fordernd, erheischten ein gehöriges Mass an Können und Einfühlungsvermögen. Man liess sich von dieser Fülle an selten Gehörtem und Interpretiertem gerne mittragen.
Sängerinnen und Sänger gestalteten kenntnisreich aus, in ausgewogener Balance, nie forcierend. Die jeweilige Instrumentalbegleitung war stets diskret. Es ergab sich ein Miteinander, das spürbar sorgsam vorbereitet worden war und den Titel «In May, that lusty season» trug. So sei – war einem Programmhinweis zu entnehmen – an den Höfen von Henry VIII und Isabella d `Este gelebt worden. Nur ein kleiner Teil wird das in dieser Art erlebt und mitgelebt haben.

In gewisse Lied-Inhalte wurde eingeführt, leider nicht immer gleichermassen verständlich. So sah man sich mit nicht eben Weltbewegendem, aber riesig Schicksalsschwangerem konfrontiert. «Ah, Robin, wie geht es deiner Geliebten» oder «In Treue liebt mich meine Dame, sie wird mich nicht für einen anderen verlassen». Andächtiges, Leidenschaftliches, leichtes Intrigieren, nachvollziehbares Betrauern, reizende Verdachtsmomente, Beschwingtes und Festliches klangen auf, verlangten auch spieltechnisch sehr Forderndes, dem die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten (Flöten, Laute, Renaissance-Gambe) absolut gewachsen waren.

Auf dem Programm standen die Namen von Komponisten, die auch «Insidern» eher unbekannt sind. William Cornish, Elway Bevin, Alexander Agreicola, Thoas Farthing, Hayne van Ghizeghem, Vincenzo Capirola, Marchetto Cara, Bartolomeo Tromboncino seien aufgeführt. Der Wechsel von englischen Kompositionen nach Italien und damit den Vorläufern von Madrigalen, samt Aufnahme anderer Klangwelten war spannend. Bewusst waren kurze Kompositionen ausgewählt worden.

Und nach dem herzlichen, langen Applaus war es Zeit für Wiederholung und Abschied – samt Hoffnung auf ein Wiederhören.