Musikwoche Braunwald – Die Kraft der lyrischen Miniatur

Das Motto «Kinderszenen wurde als Titel der diesjährigen 85. Musikwoche in Braunwald gewählt und führt damit Inhalte aus den Vorjahren (Refugium, die Welt aus den Fugen) weiter. Michael Eidenbenz, künstlerischer Leiter der Musikwoche, Leiter des Departements Musik der Zürcher Hochschule der Künste, vorher publizistisch und journalistisch tätig; nahm sich mit seinem Referat dieser Thematik an.



Musikwoche Braunwald – Die Kraft der lyrischen Miniatur

Kindheit ist Teil unseres Lebens, ist in uns vorhanden, auch wenn wir ihr altersgebunden längst entwachsen sind. Robert Schumann, (1810 – 1856) beschreibt mit seinen 13 Klavierstücken Szenen aus dieser Zeitspanne, wendet sich damit dem Leben der Jungen hin. Er hat Titel gewählt, die ganz klar Bekenntnisse und Ausdeutungen sind. Es seien erwähnt: Von fremden Ländern und Menschen; Hasche-Mann, Bittendes Kind, Glückes genug; Träumerei; Am Kamin; Fast zu ernst; Kind im Einschlummern; Der Dichter spricht.

Diese musikalische Form fasziniert. Mit einigen Fragmenten verdeutliche Michael Eidenbenz Schumanns Denken, dessen Hingabe und kompositorische Kunst. Da spreche ein romantischer Dichter, deutete der Referent mit einzelnen Akkorden am Flügel im Saal des Märchenhotels Braunwald aus. Schumanns Zyklen stufte er musikalische Gedichte ein. Da gehe es weniger um Geschichtliches als ums Heute, die direkte Gegenwart. Auch wenn Gedichte eher aus der Mode gekommen sind, Gedichtbände nicht mehr unbedingt in Bücherregalen stehen, ist deren Popularität geblieben – glücklicherweise. Gedichte sind eine Frage der jeweiligen Perspektive, Zugänge sind immer gegeben, werden beispielsweise dank Medien bekannt gemacht.

Gedichte sind zuweilen magische Orte, beinhalten Alltagssprache, setzen Neues in die Welt, wecken verschiedenste Gefühle, provozieren Stellungnahmen. Sie sind von Poesie erfüllte Melodien – was logischerweise Hinführung ins Musikalische ist. In derartigen Kontexten beginnen wir, uns mit Gestaltungsformen und deren Aussagen zu beschäftigen. Wir beginnen mit dem Suchen nach «Wenn» und «Wann». Wir stellen uns mehr Fragen als zuweilen Antworten möglich sind. Eidenbenz kam auf Ideologien, Toleranz, Erklärungsversuche zu reden. Er wandte sich dem bekannten Liedtitel «Ich weiss nicht, was soll es bedeuten …» hin.

Dass Schumann Musik und Dichtung in brillanter Weise zu verknüpfen wusste, zeigte der Referent auf. Der letzte der 13 Sätze trägt den Titel «Der Dichter spricht». Da sind durchaus Kommentare rauszuhören. Es finde, so Eidenbenz, eine Rückkehr in die Anfänge statt. Und – wieder musikbezogen – wurden Pathos, Träumereien, Fantasien ausgespielt, in eine aktuelle Fülle ausmündend, die nicht selten kraftvoll und intensiv ist – und eine Aktualität angenommen hat, die nicht voraussehbar war.