Mystischer Abschied aus der Musikwoche Braunwald

Der Abschied aus der diesjährigen Musikwoche war von Geheimnisvollem, Flehendem, Trostreichem, zuweilen fast Volkstümlich – Bodenständigem, dann wieder Sakralem geprägt, unter der musikalischen Gesamtleitung von Peter Freitag wechselvoll und faszinierend angeboten.

 



Chor
Chor

Das Zustandekommen der überzeugenden, stimmungsstarken Aufführung war nicht nur für den Singwochenchor mit hohem, stark forderndem Aufwand verbunden. Alle hatten sich mit gar Wechselvollem auseinanderzusetzen, um die aus verschiedenen Epochen und musikalischen Kulturen stammenden einzelnen Stücke zur inhaltsstarken Ganzheit zu fügen. Dass dies in erfüllender, für die Hinhörenden in gar wechselvoller Weise gelang, sei ein riesiges Kompliment an alle, beginnend beim Bariton Robert Koller, dem Hackbrettvirtuosen Töbi Tobler, dem Alphornquartett Honrnroh und zum Projektchor führend. Dessen Mitglieder waren von Salome Schneebeli (Choreografie / Inszenierung), Gabriela Schöb (musikalische Assistenz) und Peter Freitag spürbar sorgsam zu einer überzeugend agierenden, sich wechselreich formierenden Gemeinschaft gefügt worden. Die Chorleute gestalteten den fordernden Part kunstreich, einfühlend und erfüllend, mit abwechslungsreich gesetzter Dynamik und geschickt gefügten Tempi. Es wurden Werke des skandinavischen Komponisten Jean Sibelius, Thomas Jennefelt, Hugo Alvén, Claudio Monteverdi, Peter Wettstein, Christian Lahusen und Volksliedsätze aus Finnland und der Schweiz in spannenden Wechseln gesungen. Robert Koller verkörperte das Urwüchsige, Wilde, drohend Unberechenbare in diesem Szenario. Er näherte sich der Erscheinung von Ukko, des Hochgotts der finnischen Mythologie, zugleich Ursprung des Feuers an. Er ist auch ein Mendrisch; ein Wesen, das in der Sagenwelt oft dort auftrat, wo Menschen frevelten. Er sang und agierte geheimnisumwoben. Töbi Tobler, Hackbrettspieler, entführte gar wechselreich und virtuos in die Welt der von Geheimnissen und Urtümlichem geprägten Urwelt. Balthasar Streiff, Jennifer Tauder, Michael Büttler und Heléne Berglund, Ensemble Alphornquartett Hornroh, interpretierten musikalisch und stimmungsmässig ungemein Forderndes als überzeugende Einheit. Das Ausgestalten der Naturklänge verlangte hohes Einfühlungsvermögen und immense Abgestimmtheit Es klangen Alphörner, Alpophone und Büchel auf, packend, spannend, innig und stimmig ins Reich der Sagen entführend.

Claudio Monteverdis Madrigal bezieht sich auf die Legende um den Salamander.

Es mutet aus der heutigen Zeit heraus gar seltsam an, dass der Feuersalamander – er gab dem in der Tödihalle aufgeführten Schlusswerk den Titel – wegen seiner angeblich giftigen Haut und der leuchtend gelben Farbe auf dem schwarzen Untergrund ins Feuer geworfen wurde, um Brände zu löschen.

Mit der realisierten musikalische Zeitreise liess man sich in eine Welt entführen, die gar nicht so fern und fremd ist, die Elemente enthält, die Sehnen, Träumen, Genuss, Wohlklang, Schroffheiten und gar Wildes, damit eine gesamtheitlich vielfältige Anteilnahme weckt. Den Interpretierenden ist es umfassend und überzeugend gelungen, den Steg zwischen Realem, Alltäglichem zum Fernen, Faszinierenden und Unbekannten zu bauen.Man gab sich dem Träumen, Betrachten, dem zuweilen leichten Schaudern und anderen Gefühlen bereitwillig hin, Spannung war angesagt und wurde aufgelöst, dank vielfältigster, klug gefügter Musik.

So kam es, wie im Programm angekündigt: «Es ist dunkel auf der Erde, düster die Stimmung. Der Gott Ukko aus dem finnischen Nationalepos Kalevala schafft Sonne und Mond als Lichter am Himmel. In einer Wiege, die sich sachte schaukelt, hütet eine Jungfrau die Flamme. Es wird Tag. Die Menschen sind mit ihrem Vieh auf den Alpen, sie necken sich, die Stimmung wird freudig.»

Der grosse, lange Beifall war mehr als verdient, war zuverlässiger Gradmesser für die hohe Anerkennung, die allen gezollt wurde.Artikel