Mystisches Glarnerland auf der Bühne

Am kommenden Samstag feiert das Theater Glarus mit ihrer neuen Vorstellung „Quatemberkinder“ von Tim Krohn im Schützenhaus Glarus Premiere. Das Stück spielt im Glarnerland des ausgehenden 19. Jahrhunderts.



Sündenfall: Melk beobachtet
Sündenfall: Melk beobachtet

Seit gut einem Jahr probt das Theater Glarus - wie jedes Jahr - ein frisches Stück ein. Nach den eher klassischen und bekannten Theaterstücken Nach dem "Talisman“ und „Der zerbrochene Krug“ setzt das Theater Glarus nun eine völlig neues und etwas andere Geschichte um. Basierend auf seinem eigenen Roman schrieb der im Glarnerland aufgewachsene Autor Tim Krohn eine spezielle Inszenierung für das Theater Glarus.

Eine wilde und facettenreiche Welt

Das Glarnerland des Tim Krohn ist eine Gegend, in der gegensätzliche Welten aufeinander prallen. Auf der einen Seite ist es noch sehr ländlich geprägt und mit phantastischen Wesen angereichert. Auf der anderen Seite dringen der Fortschritt und die Industrialisierung langsam in das scheinbare Idyll ein. Da trifft archaischer Aberglaube und tief verwurzeltes Christentum aufeinander. Kurz nacheinander werden Zaubersprüche und Alpsegen praktiziert.
Auch wenn die Atmosphäre und Figuren an ein Märchen erinnern, schildert Krohn das Glarnerland und seine Menschen realistisch und glaubwürdig. Die meisten Menschen sind getrieben von Gewalt und Leidenschaft. Was sich auch in der zum Teil sehr direkten Sprache wiederspiegelt. Sie stehen so im deutlichen Kontrast zu Melk und seiner scheuen und unschuldigen Liebe zu Vreneli.

Melk – der arme Verdingbub

Im Zentrum der Geschichte steht Melk, ein junger Waisenknabe und Verdingbub. Als Quatemberkind hat er Einblick in die übersinnliche Ebene der Welt und kommt so in Kontakt mit Fabelwesen, wie dem Mendrisch, dem Felsengeist und schliesslich sogar dem Teufel selbst. Die Geschichte zeigt, wie er lernt, sich in dieser Welt zu Recht und seinen Platz in ihr zu finden. Seine ersten Erfahrungen macht er auf der Drecklochalp, bevor es ihn dann weiter in die weite Welt zieht. Am Ende der Geschichte findet er jedoch wieder zurück ins Glarnerland.
Die Geschichte fasziniert durch ihre lebhafte und glaubwürdige Schilderung der Geschehnisse und Figuren und webt ein dichtes Konstrukt aus alten Glarner und Schweizer Sagen; aus historischen Ereignissen sowie Verweisen und literarischen Anspielungen. Präsentiert wird das Ganze in einer eigenwilligen, sehr an Jeremias Gotthelf erinnernden Sprache, welche gekonnt ein kunstsprachliches Glarnerdeutsch mit der Schriftsprache vermischt.

Ambitionierte Inszenierung

Die Adaption eines solch dichten und atmosphärischen Werks birgt so manche Schwierigkeiten. Da der Autor selbst die Übertragung auf die Bühne vorgenommen hat, kommen die zentralen Punkte und die Handlung jedoch gut rüber. Die Verwebung der verschiedenen Ebenen und die Fabelwesen können dem Zuschauer jedoch teilweise das Gefühl von Unwissenheit vermitteln. Dies widerspiegelt jedoch auch die Gefühle der Protagonisten, welche selber in solchen Momenten teilweise keine Ahnung haben.

Das Stück verlangt von den Laienschauspielern des Theater Glarus viel ab: Neben den Fabelwesen wechseln sich teilweise Traum und Realszenen ab. Um so bemerkenswerter sind die Fähigkeiten und schauspielerischen Leistungen der Truppe. Die Inszenierung von Mathias Werden und Ladina Meili vermag aber mit dem eigenwilligen Bühnenbau, der sphärischen Musik sowie der Projektion von Bildern das Publikum in ihren Bahn zu ziehen. Das Theater Glarus hat sich mit „Quatemberkinder“ an ein ehrgeiziges Projekt gewagt. Das Resultat ist mehr als nur ansehnlich.

Am kommenden Samstag feiert das Stück im Schützenhaus in Glarus Premiere und wird an jedem Wochenende bis zum 18. November aufgeführt. Tickets können unter www.theater-glarus.ch oder telefonisch unter der Nummer 055 645 6172 bestellt werden.