Nicht weniger, sondern mehr Souveränität

Die Bürgerinnen und Bürger hatten für einmal Gelegenheit, die amtierende Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey hautnah zu erleben und ihr auch brennende Fragen zu stellen. So geschehen am vergangenen Freitag im Gasthaus Adler in Schwanden. Mit ihrem welschen Charme und ihren offenen Antworten gewann sie dabei im Handumdrehen die Herzen der Anwesenden.



Frau Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey während ihrem Besuch im «Adler» in Schwanden. Aufnahmen vom Feierabendgespräch mit Stimmbürgerinnen und Stimmbürger aus Glarus Süd. (Bilder: ehuber)
Frau Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey während ihrem Besuch im «Adler» in Schwanden. Aufnahmen vom Feierabendgespräch mit Stimmbürgerinnen und Stimmbürger aus Glarus Süd. (Bilder: ehuber)

Ihr Besuch war eigentlich bereits im vergangenen Jahr vorgesehen, damals im Rahmen der Ouvertüre Glarus Süd. Das unsichere Wetter und die unsichere internationale politische Situation machte eine Verschiebung nötig. Dass eine Bundepräsidentin aber zu ihrem gegebenen Wort steht, davon konnten sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger überzeugen. Nach der Gesprächsrunde im «Adler» begab sie sich ins Gemeindezentrum, um mit sympathischen Worten die erste offizielle Gemeindeversammlung von Glarus Süd zu eröffnen.

Interessante und unterschiedliche Fragen aus dem Publikum

Bereits mit ihren einleitenden Worten: «Ich möchte einmal persönlich sehen, wer diese Leute sind, die einen so mutigen Fusionsentscheid gefällt haben. Ich möchte aber auch ihre Sorgen vernehmen und ihre Fragen beantworten», hatte die Bundespräsident das Eis und die anfänglich leicht zu spürende Unsicherheit der Anwesenden gebrochen. Die Fragen, die den Besuchern auf der Zunge brannten, waren sehr vielseitig und von nationalem, aber auch internationalem Interesse. Mit einem leichten Lächeln und mit dem Verweis auf ihre Amtskollegin Doris Leuthard erklärte sie sich bereit, in Bundesbern den Wunsch der Glarner nach der Anbindung an die Nationalstrasse und damit verbunden mit der geplanten Umfahrungsstrasse zu deponieren. Zur Frage einer möglichen Übernahme des EU-Rechtes versicherte Calmy-Rey: «Ich bin eine Frau des bilateralen Weges, unser Ziel ist es nicht weniger, sondern mehr Souveränität mit der EU zu erwirken.» Ausführlich nahm sie Stellung zur Haltung des Bundesrates zu den Konflikten in Libyen, Afghanistan und aktuell zu Syrien. Hier habe die Schweiz die Möglichkeit, Vermögen der verschiedenen Diktatoren einzufrieren. Dies aber erst, wenn von den entsprechenden Ländern ein Rechtshilfebegehren gestellt werde. Sie betonte aber, dass das Ziel der Schweizer Entwicklungshilfe in erster Linie direkt in den entsprechenden Ländern geplant und auch durchgeführt wird. «Wir müssen verhindern, dass die Leute ihr Land verlassen, sondern müssen ihnen helfen, wieder eine Existenz und einen würdigen Lebensraum in ihrer gewohnten Umgebung zu schaffen.» Die Schweiz werde Griechenland sicher nicht im Stich lassen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen zu helfen.

Die Bundespräsidentin und der Bundesrat

Auf die Frage, wie die Stimmung im heutigen Bundesrat sei, antwortete sie, dass es ihr ein grosses Anliegen sei, die Bundesratssitzungen stets sehr gut vorzubereiten und dass sie bereits jeweils im Voraus mit ihren Ratskolleginnen und Ratskollegen gewisse Probleme bespreche oder thematisiere. «Die normalen, täglichen Geschäfte sind jeweils schnell abgehandelt, aber da, wo wir Differenzen haben, da diskutieren wir und wir geben uns die Zeit, um Kompromisse zu machen. Wir betrachten uns als eine Equipe, die für das «Haus Schweiz» arbeitet.» Sie führte weiter aus, dass oft die Presse versuche, die einzelnen Mitglieder des Bundesrates gegeneinander auszuspielen, was die jeweiligen Situationen nicht unbedingt einfacher mache. «Ich kann jetzt behaupten, dass wir in diesem Bundesrat seit Anfang des Jahres sehr gut funktionieren, wir fällen Entscheidungen und wir haben Respekt voreinander. Und ich finde, es geht besser als früher, es geht gut!»