Nun denn, packen wir's doch einfach an!

Mit einigem Erstaunen hat der Gemeinderat Niederurnen den Landsgemeindeentscheid bezüglich der Gemeindestrukturreform zur Kenntnis genommen, darüber aber keineswegs die Fassung verloren.



Mit einem Durchschnittsalter von knapp über 40 stellt sich die initiative Behörde der Ge-meinde Niederurnen gerne der neuen grossen Herausforderung. Von links nach rechts: An-dreas Zweifel
Mit einem Durchschnittsalter von knapp über 40 stellt sich die initiative Behörde der Ge-meinde Niederurnen gerne der neuen grossen Herausforderung. Von links nach rechts: An-dreas Zweifel

Wohl als einzige Kommunalbehörde im Glarner Unterland hat er sich Gemeindefusionen gegenüber immer positiv gestellt, auch wenn er dabei natürlich ebenfalls vom 10-er-Modell der Landsgemeindevorlage ausgegangen ist. Nun ist der Entscheid überraschenderweise sogar noch weiter gegangen und führt wohl zur mutigsten Strukturbereinigung eines Kantons in der Schweizer Geschichte. Der Gemeinderat Niederurnen ist selbstverständlich bereit, dem Volkswillen zu entsprechen und an der Verwirklichung dieses wegweisenden Beschlusses nach Kräften mitzuwirken.

Im Vorfeld der Landsgemeinde haben sich mehrere Exponenten von Gemeindebehörden teilweise vehement geäussert und sich mit durchsichtigen Argumenten gegen das Verschmelzen mit ihren Nachbargemeinden gewehrt. So haben sich die Fronten da und dort verhärtet, was eine künftige Zusammenarbeit nicht gerade erleichtert. Der Zusammenschluss der einzelnen benachbarten Gemeinden gemäss dem 10-er-Modell wäre daher wohl nur harzig vorangegangen und bestimmt von einem Gerangel um Einzelinteressen geprägt gewesen. Überhaupt keine Änderung der Strukturreformen in Betracht zu ziehen wäre andererseits aber auch verantwortungslos und insbesondere unserer Jugend gegenüber unfair gewesen. Gegen den Landsgemeindeentscheid Rechtsmittel zu ergreifen, macht daher aus Sicht der (ebenfalls vom Stimmvolk gewählten) Behörde wenig Sinn – jetzt gilt es voranzugehen und die Gunst der Stunde zu nutzen.

Risiko und Chance

Mit der nun beschlossenen Lösung sitzen gewissermassen wieder alle im gleichen Boot und müssen sich neu formieren. Die bis anhin geäusserten Gartenzaun-Animositäten verlieren an Bedeutung und ein Neustart setzt neue Prioritäten. Es gilt jetzt, den Volkswillen zu vollziehen und an der Realisierung der neuen Strukturen mitzuwirken – wer sich sträubt, riskiert fallen gelassen zu werden. Das Resultat darf sich ganz bestimmt sehen lassen:

Mit "Glarus Nord" – oder wie immer es auch heissen soll – entsteht eine der grössten und bedeutendsten Gemeinden im Grossraum Zürich, perfekt erschlossen mit Autobahn und öffentlichem Verkehr, mit bereits existierenden Bildungs- und Kongresszentren, eigenen Erholungsgebieten vom Kerenzerberg über Mullern, Oberseetal, Niederurner Täli bis hin zum Gäsi, dem ältesten Strandbad der Ostschweiz, wenn's gelingt mit dem grössten Einkaufszentrum weit und breit (Stichwort ECE) und das alles bei ausgesprochen hoher Wohnqualität in nächster Nähe der grössten Ansammlung von qualifizierten Arbeitsplätzen in der Schweiz. Diese Chance muss einfach gepackt werden.

Aufbauarbeit

Niederurnen verfügt über initiative Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und über tüchtige, erfahrene Gemeindeangestellte – sie alle sind gewillt, an der Entwicklung der neuen Strukturen mitzuarbeiten und teilzuhaben. Einiges hat in den letzten Jahren realisiert werden können – die freiwillige Fusion von Fürsorge- und Ortsgemeinde, der Zusammenschluss der Feuerwehren Nieder- und Oberurnen, Modellentwicklung zur gemeinsamen Bewirtschaftung der Forstreviere von Bilten und Niederurnen, Umbau der Rechtsform des Elektrizitäts- und Wasserwerkes zum überkommunalen Dienstleistungsanbieter, Erarbeitung von aktuellen Gesetzesgrundlagen (z. B. erster Einbürgerungsrat im Kanton) und interkommunalen Vertragswerken, erfolgreiche Prozessführung in raumplanerischen Angelegenheiten, etc. Alle dabei gewonnenen Erfahrungen können in die Entwicklungsarbeit eingebracht werden, ebenso die politischen Erfahrungen der beteiligten Behördemitglieder und Angestellten.

Selbstverständlich hat sich der Gemeinderat bereits Gedanken über den Ablauf der Strukturreform und den Standort des künftigen Verwaltungszentrum der neuen Grossgemeinde gemacht. Wir wären natürlich stolz, wenn unser aufstrebendes Dorf am Fusse des ältesten (seit 1640) Rebberges im Kanton in Betracht gezogen werden könnte. Die heutige Niederurner Dorfbevölkerung stellt doch immerhin praktisch einen Viertel der Einwohnerschaft der künftigen Grossgemeinde (16'000) dar. Der Gemeinderat hat deshalb dem Regierungsrat bei der Umsetzung des Landsgemeindebeschlusses seine Unterstützung angeboten.