Nur einer kann gewinnen

Die vier Bewerber um die Nachfolge von Nationalrat Werner Marti - die Ersatzwahl findet am 8. Februar statt - haben sich am Montagabend im Landratssaal auf Einladung der Glarnerische Staatsbürgerlichen Gesellschaft und unter der straffen Gesprächsleitung von deren Präsident Fridolin Hauser, Näfels, im besten Licht zu präsentieren versucht. Und eigentlich ist es ihnen auch gelungen.



Peter Rothlin (SVP)
Peter Rothlin (SVP)

Der Landratssaal war leicht überfüllt; viele wichen auf die Tribünen aus und harrten dort auf den unbequemen Bänken gut anderthalb Stunden aus. Das Publikum war altersmässig wie auch, soweit überhaupt, parteipolitisch sehr gut gemischt.

Persönliches

Hauser, im bequemen Sessel des Landratspräsidenten, von dem aus man den Saal wie die Tribunen ausgezeichnet überblickt, hatte die vier Kandidaten, lauter Landräte, auf den Sitzen der Stimmenzähler platziert: Paul Hösli (CVP), Dr. Peter Rothlin (SVP), Christoph Zürrer (SP) und Martin Landolt (BDP).

Zuerst stellten sie sich vor: Paul Hösli als selbstständig erwerbender Ingenieur, Schulpräsident von Niederurnen, Gemeinderat und Landrat. Er sei bodenständig und könne auch mit den einfachen Mann reden. Martin Landolt unterstrich sein Herkommen aus bescheidenen Verhältnissen, die Vorliebe für Mannschaftssportarten, seine Freude an der Übernahme von Verantwortung, auch in der Politik. Landolt war Landratspräsident. Dr. Peter Rothlin freut sich, im Glarnerland zu wohnen, an der Politik und auch an der Jagd. Seine akademische Karriere hat er als Werkstudent selber finanziert. Er ist in einer Grossbank tätig. Der Tösstaler Christoph Zürrer ist seit 1996 Geschichts- und Deutschlehrer an der Kantonsschule, hat Freude am Theater und interessiert sich speziell für das menschliche Zusammenleben; darum habe er auch Geschichte studiert und sei Lehrer geworden. Er präsidiert die SP-Fraktion des Landrates. Er rede zwar gerne, könne aber auch gut zuhören.

Warum sie Nationalrat werden wollen

Zürrer antwortete als erster auf die Frage, warum er sich bewerbe, mit dem Hinweis, unser Kantone sollte nicht nur durch „rechtsbürgerliche“ Leute (die Ständeräte Jenny und Freitag) im eidgenössischen Parlament vertreten sein. Er würde sich in Bern u.a. einsetzen für eine gute Infrastruktur in unserem Kanton (Post, Fernmeldwesen, Bahn), träte für den Klimaschutz ein und würde die Wirtschaft durch antizyklisches Vorgehen durch den Staat fördern.

Dr. Rothlin will den Kanton stärken. Er erinnerte an sein erfolgreiches Politisieren, z.B. in Sachen Kantonalbank (er habe als erster auf die Unstimmigkeiten aufmerksam gemacht); er sei für tiefere Steuern, Kontrolle der Sozialleistungen, für niedrige Gebühren und Abgaben. Er würde in diesem Sinne gerne etwas für den Kanton Glarus auch in Bern tun.

Martin Landolt, möchte grundsätzlich seine reiche politische Erfahrung, die er im Glarnerland gesammelt hat, in Bern einbringen, in einem neuen politischen Umfeld.

Paul Hösli möchte seine Erfahrungen ebenfalls auf einer höhern Ebene einbringen, und zwar in der zweitgrössten Bundeshausfraktion, die ihm bei der Durchsetzung glarnerischer Anliegen unterstützen könnte. Er erwähnte speziell die Umfahrung zwischen Näfels und Glarus.

Die Bedeutung der Fraktionsgrösse

Hauser knüpft bei Hösli an und fragte nach der Bedeutung der Fraktionsgrösse. Rothlin betonte, dass die SVP die grösste Fraktion stelle, was sicherlich positiv sei bezüglich seines Engagements. Zürrer erklärte, es sei wichtig, dass man auch über die eigene Fraktion hinaus Unterstützung finde. Landolt stimmte zu; auch aus einer kleinen Fraktion heraus (mit seiner Wahl bekäme die BDP Fraktionsstatus mit einer „20-prozentigen“ Glarner Präsenz) könnten Mehrheiten gefunden werden. Rothlin widersprach sofort: Es komme auf die Fraktionsgrösse an. Grosse Fraktionen könnten Koalitionen schmieden.

Fridolin Hauser erinnerte daran, dass es im Bern immer wieder angesehene und erfolgreiche Glarner Einzelkämpfer gegeben habe, allerdings ohne Namen zu nennen (gemeint waren sicherlich Landammann und Nationalrat Eduard Blumer, der als Fraktionsloser das ersten Proporzparlament präsidierte, oder Ständrat Dr. Rudolf Stüssi, aber auch die frühern Demokraten, die zeitweise einer sehr kleinen Fraktion angehörten).

Die Umfahrung von Glarus

Der Streit um den Projektierungskredit für die Umfahrung von Glarus (zusammen mit Näfels und Netstal) war natürlich ein besonders dankbares Thema, weil sich Ständerat This Jenny gegen Glarus ausgesprochen hatte. Rothlin sprach sich für den Kredit aus, speziell im Blick auf das Hinterland. Zur Haltung von This Jenny, der innerhalb der SVP-Landratfraktion allein auf weiter Flur stand, sagte er, dass auch die SVP andere Meinungen zulassen, was im Publikum freilich ungläubige Heiterkeit auslöste. Hösli bekannte sich zur Umfahrung Glarus speziell wegen der Verkehrssicherheit. Zürrer dagegen schloss sich Ständerat Jennys Meinung an; es sei unrealistisch, die Umfahrung Glarus zu verlangen; viel wichtiger wäre es, sich im Nationalrat für die Umfahrung Näfels und Netstal einzusetzen, denn es sei ja noch gar nicht sicher, dass der Bund überhaupt mitmache. Landolt bestätigte, dass es nicht so einfach sei, die Zustimmung des Bundes zu erlangen, aber probieren müssten wir es auf jeden Fall. Wir haben ja auch noch den Baudirektor, der sich bei den Bundesbehörden für die Umfahrung stark machen wird.

Mit einer Stimme reden?

Rothlin erklärte noch, der Kanton Glarus sollte in Bern mit einer Stimme reden. Der fast einhellige Landratsbeschluss für die Umfahrung müsste von allen vertreten werden. Hösli forderte auf, sich diesbezüglich zusammenzuraufen. Zürrer sagte, nicht jedes Anliegen oder Thema sei geeignet, dass alle drei Glarner Bundesparlamentarier gleicher Meinung sein müssten.

Bürgerlich - nichtbürgerlich

Hauser fragte, ob denn die Partei eine Rolle spiele. Rothlin erklärte, die politische Meinung zähle schon, z.B. in der Steuerpolitik. Zürrer kritisierte dagegen den Steuerwettbewerb unter den Kantonen, der dem Kanton schade. Hösli betonte, dass die Wirtschaft Vorrang vor dem Staat haben müsse, und Landolt betonte, der Staat solle gute Rahmenbedingungen schaffen und nicht einfach „stark“ sein, wie Zürrer gefordert hatte.

Weitere Themenvielfalt

In der anschliessenden Diskussion mit dem Publikum wurden etliche weitereThemen aufgegriffen, so die Volksabstimmung über die Personenfreizügigkeit, zu er der sich Landolt, Hösli und Zürrer bekannten.

Und es wurde an Rothlin die Frage gestellt, ob er denn (nur) kandidiere, um Landolt zu „verhindern“. Rothlin bezeichnete die Parteispaltung von SVP-BDP als „abgehakt“. Aber die SVP könnte durchaus einen Anspruch auf zwei Sitze in Bern erheben (Jenny und Rothlin also), denn sie stelle ja keinen Regierungsrat mehr, (seitdem Robert Marti bei der BDP ist). Auf den Vorwurf des „Neofaschismus“ der SVP reagierte Rothlin mit der Bitte, an solle sachpolitisch argumentieren.

Relativ „gespalten“ bezw. differenziert äusserten sich die Kandidaten zur Bundeshilfe an die UBS, doch überwog die Meinung, sie sei eben nötig.

Fridolin Hauser verteilte den Kandidaten, begleitet von einem leicht ironischen Kommentar, noch ein paar kleine Geschenke, so ein Bild des Bundesrates und die Broschüre „Bern kurz erklärt“.