Ökonomie dominiert Architektur

Der Informationsabend am Donnerstag, 6. Februar, in der Turnhalle Mitlödi war eine Experten-Diskussion rund um Architektur, Schutz des Lebensraums und Lebensqualität: Doch die 40 Besucher vermochten die grosszügig geplanten Sitzgelegenheiten nicht zu füllen – das Interesse war tiefer als erwartet.



)) Das Podium der Experten (v.l.n.r.): Heinrich Speich, Moderator und Historiker; Hansruedi Marti, Architekturforum Glarus; Fritz Waldvogel, Präsident Bauernverband; Fridolin Luchsinger, Gemeinderat, Departementsleiter Hochbauten und Liegenschaften; Lando Rossmaier, Glarner Heimatschutz; Maja Widmer, Kantonale Demkmalpflege. (Bilder: wie)
)) Das Podium der Experten (v.l.n.r.): Heinrich Speich, Moderator und Historiker; Hansruedi Marti, Architekturforum Glarus; Fritz Waldvogel, Präsident Bauernverband; Fridolin Luchsinger, Gemeinderat, Departementsleiter Hochbauten und Liegenschaften; Lando Rossmaier, Glarner Heimatschutz; Maja Widmer, Kantonale Demkmalpflege. (Bilder: wie)

Ernüchternde Erkenntnisse

Eine Erkenntnis des Abends brachte Fridolin Luchsinger mit der Zusammenfassung seiner mehrjährigen Erfahrungen als Gemeinderat und Departementsleiter von Glarus Süd auf den Punkt: «Zuerst kommt der Bedarf, dann die Kosten – und wenn wir Glück haben, interessiert sich am Ende jemand für eine ansprechende Architektur.» Fritz Waldvogel sagte, er freue sich zwar über den sorgfältigen Umgang mit beschränkt vorhandenem Boden, bemerkte aber mit Blick auf die leeren alten Ställe, dass «landwirtschaftliche Gebäude und eine kleinräumige Kulturlandschaft langfristig nur erhaltenswert sind, wenn sie betrieblich sinnvoll genutzt werden können.» Die Landwirtschaft präge die Kulturlandschaft, müsse aber auch verschiedenste Ansprüche wie eine effiziente Lebensmittel-Produktion oder Tierschutz-Vorschriften erfüllen und dafür effiziente Bauten und Arbeitsabläufe zur Verfügung haben.

Hohe Verdichtung realistisch?

Hansruedi Marti vom Architekturforum Glarus erkennt in den Dorfkernen heute schon hohe Verdichtung und sieht etwa in Glarus Süd eher «an den Rändern» schwierige Stellen, während Fridolin Luchsinger einen Widerspruch zwischen einer attraktiven Bewohnbarkeit von Dorfkern-Liegenschaften und ihrer Verkäuflichkeit sieht, etwa wenn man sie mit einer «Randparzelle» vergleicht.

«Mut zur Ruine»

Maja Widmer von der Kantonalen Denkmalpflege erklärte die Veränderungen von Arbeits- und Materialkosten der letzten Jahrzehnte und ihre Auswirkungen. Diese lösten sichtbare Baustil-Veränderungen etwa bei Alpgebäuden aus. Während Arbeit früher wenig und Material viel kostete und zu dicken Alpstall-Steinmauern führte, seien geringe Transport- und Materialkosten heute der Grund für vorgefertige, eingeflogene Holzelement-Bauten auf Alpen oder bei SAC-Hütten. Und bei der hohen Zahl inventarisierter Ställe sei nicht alles schützenswert. Diese dürften durchaus «verschwinden» und man dürfe auch «Mut zur Ruine» zeigen, wenn ein Gebäude sich ökonomisch nicht mehr lohne.

Wann lohnen sich Bau und Unterhalt der Infrastruktur?

Bei der Frage, ob sich z.B. für 280 Braunwalder eine kostspielige Infrastruktur rechne, herrschte einen Moment Stille. Zuvor hatte Gesprächsleiter Heinrich Speich provokativ festgestellt, dass eine Modernisierung alter Ferienhäuser zur Überdehnung der finanzierbaren Infrastruktur führe. Im Falle Braunwalds würden zwei Drittel der Gebäude als Zweitwohnsitze verwendet, nur ein Drittel sei ständig bewohnt. Fridolin Luchsinger bemerkte, dass die Zweitwohnungs-Initiative wirksam sei und Glarus Süd von solchen Baugesuchen bisher nicht «überrannt» werde.

Lando Rossmaier vom Glarner Heimatschutz verlangte einerseits, dass Bauämter von den Bauherren eine architektonische Begründung ihrer Pläne einfordern, er sieht anderseits keinen Widerspruch zwischen Baukosten und guter Architektur. Es müsse das Ziel eines Architekten sein, dank seiner Planung sinnvolle Gestaltungen zu einem günstigeren Preis zu ermöglichen. Ausserdem seien «Häuser auch nur Menschen». In einer Kernzone stünden diese meist in einer Beziehung zu ihrer Umgebung, kehrten ihr je nach Gestaltung ihr Gesicht oder den Rücken zu.

Industriebrachen als Chance

Hansruedi Marti sieht in den «rahmensprengenden» Industriebauten der Textil-Industrie vielseitige Gestaltungs-Möglichkeiten, die man nutzen solle. Und seiner Meinung nach würden die Gewässer-Räume zu dogmatisch ausgelegt.

In der Schlussrunde waren die auffälligsten Zusammenfassungen, dass Bevölkerung und Behörden zu den noch vorhandenen «Schätzen» Sorge tragen und unser «Paradies» schätzen lernen sollen. Damit wurden die Besucher/-innen auf ihren nächtlichen Heimweg entlassen. Durch Grüngürtel, Industriebrachen, grosse und kleine Ställe, potenzielle Gewässerschutzräume und hinein in geschützte Dorfkern-Liegenschaften oder schwerer schützbare, ausfransende Randzonen.