Oper Fiorina – ein Kulturereignis der besonderen Art

Die Kulturgesellschaft Glarus feiert ihr hundertjähriges Bestehen mit der Wiederaufführung der Oper «Fiorina – La fanciulla di Glaris» – mit musikalisch und szenisch Unbekanntem. Viermal wird das Geschehen ab 19. Mai mit der Premiere in der Aula unserer Kantonsschule aufgeführt. Und wenn auf dem dazugehörigen Flyer angemerkt ist, dass es sich um die «Wiedererstaufführung (1851) mit sechs Gesangssolistinnen und Solisten, dem Glarner Kammerorchester, dem Glarner Kammerchor und Mitgliedern des Glarner Singvereins, der Regie von Ann Allen und der musikalischen Leitung von Reto Cuonz handelt, ist die Neugierde geweckt.



Reto Cuonz
Reto Cuonz

Allein die Vorgeschichte ist beeindruckend. Zum Studium der originalen Partitur begaben sich Reto Cuonz, musikalischer Leiter der vier Aufführungen und Dirigent des Glarner Kammerorchesters und Martin Zimmermann, an der Zürcher Hochschule der Künste und in Mitlödi als geschätzter Organist wirkend, zudem Verantwortlicher des Ressorts Musik der Kulturgesellschaft Glarus nach Mailand. Später setzte Gian-Andri Cuonz in sehr aufwändiger Arbeit alles spielgerecht um.

Martin Zimmermann erhielt von dritter Seite den Tipp, dass der damalige Musikdirektor Jacob Gehring im Jahrbuch 1943 des Historischen Vereins einen kurzen Bericht zur Oper Fiorina des italienischen Komponisten Carlo Pedrotti (1817–1893) verfasst habe. Und wird man nach gewissem Suchen fündig, ergibt sich Erstaunliches.
Pedrotti hat die zwei Akte umfassende, tragikomische Oper im Jahre 1851 vollendet. Deren Titel lautet: «Fiorina – o – La Fanciulla die Glaris». Mit der Titelheldin sei tatsächlich ein Glarner Mädchen gemeint. Im Textbuch ist nachzulesen: «L` azione si finge in un villagio presso il cantone di Glaris nella Svizzera». Unklar ist, weshalb ausgerechnet das Glarnerland als Ort der Handlung auserkoren wurde. Glarus habe – dies der Versuch einer Antwort – «in der Gedankenwelt des Verfassers, einen besonderen Ruf als verlockendes Reiseziel genossen». So treten denn – natürlich mit Wanderausrüstung – «Viaggiatori di varie nazioni» auf.

Und wenn sich der Vorhang erstmals hebt, zeigt sich dem Hinschauenden die Vorderfront eines Gasthauses im Gebirge mit Aussicht auf den nahen Wasserfall samt Gletscher. Der Gasthof heisst «Al Pellegrino» – der Pilger. Es ist nicht auszuschliessen, dass mit diesem Pilger der Landesheilige Sankt Fridolin gemeint ist.
Es nahen Touristen, die mit dem Wirt Eugenio unter anderem über die Verpflegung verhandeln. Einer – er ist im Text des Jahrbuchs wörtlich als «widerlicher Schürzenjäger» erwähnt, erkundigt sich, wie es in Sachen Liebe um die Mädchen stehe. Eugenio antwortet in offener Art: «è vivido fra questi monti amor».  
Alles nimmt seinen romantisch – dramatischen Verlauf. Fiorina, die jüngere der beiden Wirtstöchter, liebt ihre Heimat, leidet darunter, dass ihr Liebster kein Hiesiger ist, die Rede ist von einem «bündnerischen Gemsjäger». Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Der liebestolle Tourist gibt vor, seinen «Rivalen im Zweikampf besiegt zu haben», was in keiner Weise der Wahrheit entspricht.

Ins Geschehen stimmt der Chor zuweilen ein. So klingt beispielsweise auf: «Wie schön strahlt demjenigen der Morgen, der auf den Bergen der Schweiz geboren». Das leidenschaftliche Geschehen endet mit: «Der Schwur der Liebe ist Sphärenklang, der im Himmel ertönt».
Nach damals zahlreichen Aufführungen von Messina bis Wien und Barcelona ist die Wiederaufführung im Glarnerland angeboten. Wer kann sich dem gar reizvollen Geschehen entziehen?

Es gelten für die vier Aufführungen in der Aula der Kantonsschule Glarus folgende Daten:
Donnerstag, 19. Mai, 19.30 Uhr – Premiere und Regierungskonzert
Freitag, 20. Mai,19.30 Uhr
Samstag, 21. Mai, 19.30 Uhr
Sonntag, 22. Mai, 16.00 Uhr
Vorverkauf:  www.ticketino.ch und Baeschlin Bücher, Glarus