Orientierungsveranstaltung Mobilitätskonzept – Glarus Süd oder Glarus Nord

Bekanntlich soll man ja das Fell des Bären nicht verteilen, bevor das Tier erlegt ist: Noch steht nicht fest, ob der Bund den Hauptort Glarus an das Nationalstrassennetz anbinden wird. Nur bei einem allfälligen „Ja“ erhebt sich überhaupt die Frage nach Glarus Süd oder Glarus Nord. Dies war Thema der ersten Orientierungsveranstaltung des Mobilitätskonzeptes im Schützenhaus in Glarus.



Grosses Vorhaben: Fridolin Brunnen spricht über das Mobilitätskonzept (Bild: e.huber)
Grosses Vorhaben: Fridolin Brunnen spricht über das Mobilitätskonzept (Bild: e.huber)

Der Regierungsrat hat an der letzten Sitzung vom 20. Juni 2006 den Entwurf des kantonalen Richtplans zum Sachbereich Verkehr genehmigt. Basis bildete das Mobilitätskonzept. Bezüglich Strassenverkehr ist die Westvariante Grundlage für die Richtplanung. Dies bedeutet, dass die Gemeinden Näfels, Nestal und auch Glarus westlich und zum Teil in Tunnels umfahren werden sollen.

Anspruch der Stadt Glarus

Zu Beginn der Orientierungsversammlung meldete Fridolin Brunner, Gemeinderat von Glarus, die Ansprüche der Hauptstadt unmissverständlich an. Eine Verkehrsentlastung von Glarus ist unumgänglich. Eine Lösung durch Einbahnverkehr würde das Verkehrsaufkommen nur in die Aussenquartiere verlagern. Einer solchen Lösung könnte auf keinen Fall zugestimmt werden. Um dieses brisante Problem für Glarus sinnvoll zu lösen, sieht der Gemeinderat nur die Variante Umfahrung West. Wichtig sei dabei, dass die Anbindung an das Nationalstrassennetz bis zur südlichen Grenze von Glarus akzeptiert werde.

Ausführungen von Dr. Bernath

Träume können sich später als Schäume erweisen. So die einleitenden Worte von Dr. Bernath zum Mobilitätskonzept. Die Hoffnungen und Wünsche sind oft leider mit der Realität nicht immer zu vereinbaren. So versuchte er die Anwesenden etwas auf den Boden der Realität zurückzuführen. Es sei unbestritten, dass das Verkehrsaufkommen, - insbesondere der Schwerverkehr - für Glarus ein nicht zu unterschätzendes Problem darstelle. Heute fahren täglich bis zu 18.000 Fahrzeuge pro Tag nach Glarus Nord, davon aber nur noch ca. 8.000 Fahrzeuge direkt weiter ins Glarner Hinterland. Erstaunt wurde zur Kenntnis genommen, dass der Freitzeitverkehr 44%, der Arbeitsverkehr im Vergleich dazu aber „nur“ 24% beträgt. Weitere 11% fallen auf den Einkaufs- und zusätzliche 8% auf den Gewerbeverkehr. Erschwerend für eine Bewertung ist, dass die Ziele des Freizeitverkehrs im Vergleich zum Arbeitsverkehr weniger definierbar sind.

Massnahmen

Nach Aussage von Dr. Bernath ist ein Bekenntnis zum öffentlichen Verkehr im Kanton klar vorhanden. Die SBB wird in nächster Zeit aufgrund bestehender Projekte für die Strecke Glarus-Ziegelbrücke gegen 35 Mio Franken investieren. Für die Strasse sind, wie eingangs durch Fridolin Brunner bereits erklärt, die drei Westumfahrungen vorgesehen. Hier sieht Dr. Bernath eine etappierte Lösung. Auch er bekennt sich dabei zu den Tunnellösungen. Aufgrund erster Abklärungen belaufen sich die Kosten für diese drei Umfahrungsvarianten auf insgesamt geschätzte 900 Mio Franken. Also pro Umfahrung ca. 300 Mio Franken. Bei der Beurteilung durch den Bund und das Parlament wird der Kosten-Nutzen Vergleich mit Sicherheit in die Waagschale geworfen. Es darf nicht unterschätzt werden, dass auch andere Regionen finanzielle Unterstützungen aus dem „Finanztopf“ erwarten. Aus diesem Grund warnt er vor allzu grossem Optimismus. Die Umfahrung Glarus hat im Vergleich zu den Umfahrungen Näfels und Nestal im gesamten Mobilitätskonzept nur 2. Priorität. Für Glarus wird es auf jeden Fall ein intensiver Kampf, wobei unbedingt kurzfristig andere, finanziell realisierbare Lösungen gesucht und angestrebt werden sollten.

Umsetzung Sachplan

Nach Regierungsrat Pankraz Freitag kann das ganze Mobilitätskonzept nur realisiert werden, wenn Glarus als Hauptstadt an das Nationalstrassennetz angebunden wird. Mit diesem Entscheid würden die Kosten für die Umfahrungsstrassen vom Bund übernommen. Nicht zu unterschätzen wäre dabei, dass auch die Kosten für den Unterhalt – insbesondere für die kostenintensiven Tunnels – vom Bund getragen würden. Die Chancen für diese Anbindung an das Nationalstrassennetz stehen gut. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass auch die Projekte der Umfahrungsstrassen angenommen und auch finanziert werden. Eine Entscheidung kann nicht vor Ende 2007 erwartet werden. Die Umsetzung kann bei einem allfälligen positiven Entscheid nur schrittweise, über einen Zeitraum von 15-20 Jahren realisiert werden. Immer vorausgesetzt, dass die finanziellen Mittel vorhanden sind. Ähnliche Projekte aus anderen Kantonen sind ebenfalls beim Bund angemeldet. Ein gutausgearbeites Projekt sei wichtig, wenn es in die Entscheidungsphase geht. Im Voranschlag 2007 ist eine erste Tranche von 300.000 Franken für die Planung von Massnahmen sowohl im Strassenbereich als auch im öffentlichen Verkehr eingstellt. Darüber wird der Landrat in einer der kommenden Sitzungen zu entscheiden haben.

Quo vadis?

In der anschliessenden Diskussion wurde klar, dass der dringende Wunsch besteht, die Variante Glarus Süd in das Projekt einzubinden. Viele Wortmeldungen zielten auf diese Thematik. Er habe volles Verständnis für diese Wünsche, so Dr. Bernath. Gleichzeitig gab er nochmals zu Bedenken, dass bei der Beurteilung des Projektes sicher die Frage des Nutzens im Vorgrund stehen wird. Er empfiehlt nach kurzfristigen und finanziell realisierbaren Lösungen und Ideen zu suchen. Wie immer auch der Entscheid in Bern ausfällt, der Zeitraum von 15 bis 20 Jahren wird so oder so bleiben. Also sind keine kurzfristigen Lösungen wie allgemein gefordert möglich. Er ist der Überzeugung, dass der öffentliche Verkehr die Zunahme des Verkehrs auffangen wird. Aber Glarus wird auch in absehbarer Zeit mit einem Verkehrsaufkommen von 15.000 bis 18.000 Fahrzeugen pro Tag leben müssen. Am 24. August 2006, erläutert Pankraz Freitag, startet das öffentliche Mitwirkungsverfahren. Dies über einen Zeitraum von 30 Tagen. Er hofft, dass im ersten Quartal 2007 der Richtplan dem Landrat vorgelegt werden kann. Abschliessendes Fazit: Es gibt noch viel zu tun, packen wir es an. Dazu ist aber auch die Bevölkerung aufgefordert aktiv mitzudenken und mitzuhelfen.