Oropax – Chaostheater in Schwanden

Was Thomas und Volker Martins auf der Bühne des Gemeindezentrums Schwanden anboten, stiess auf riesige Anerkennung, war vergnüglich, sprachlich absolut variantenreich. Und leicht chaotisch geriet die eine oder andere Szene – sonst wären die beiden Brüder nicht als «Chaostheater – Testsieger am Scheitel» vom einladenden Kulturverein Glarus Süd angekündigt worden.



Oropax – Chaostheater in Schwanden

Von Tiefschürfendem, Ernsthaftem kann ebenso wenig berichtet werden, wie von konzeptlosem Blödeltheater, das von Verletzendem, Primitivem lebt. In den beiden kreativ ausformulierenden Wortakrobaten steckt viel Spielwitz. Da wird drauflosfabuliert, dass man sich richtiggehend anstrengen muss, um alles situationsgerecht erfassen zu können. Blitzschnell wird zu Neuem, zumeist Unerwartetem gewechselt. Das macht den echt hohen Unterhaltungswert aus. Vieles provoziert Szenenapplaus und raumfüllende Lacher. Von Letzterem lassen sich die Martins anstecken, inspirieren, geniessen Vergnügliches mit, wenden sich vom Publikum ab, wenn sich auch für sie Situationen ergeben, die das eigene Zwerchfell aktivieren.

Und nachdem Ruth Tüscher, Präsidentin des Kulturvereins Glarus Süd, erfreulich viele Gäste begrüsst, den Sponsoren für die wertvolle Unterstützung gedankt und auf die kommende 100. Saison hingewiesen hatte, ging es los. In den Dank schlossen Thomas und Volker Martins ihre Helfer ein, die dafür sorgten, dass mit Licht, Verstärkung und Ordnung alles so klappte, dass sich das prognostizierte Chaos in Grenzen hielt.

Die beiden hatten sich spürbar auf Schwanden eingestimmt, alles in ihre Aussagen reingenommen, was erwähnenswert war, als da beispielsweise sind: Brauerei, Villa Kunterbunt, Electrolux. Als neue Währung lernte man so «en passant» den Klön-Taler kennen. Bald schloss man mit dem Barock-Rock Kontakt. Ein kleines Festival von zuweilen hochkarätig Sinnlosem ergab sich. Po-Saune, Omi – Lady, Raiff-Eisenleiter, Schmelz-Käse, Schmalz, mannigfaltige, käseverbundene Gerüche und Gerüchte – in Sprachlichem wurde genüsslich rumgeschwelgt. Es wurde zu Konjunktiv-Witzen gewechselt. Es wurde zum Du-Den (wo bleibst du denn?) und der kompletten Netz-Abdeckung rumgeschwenkt. Man erfuhr, was es mit den Schuppen der Fische so auf sich hat, was sich ergäbe, wenn an deren Stelle Haare wüchsen.

Es wurde drauflosgeplaudert, vermutet, kommentiert, angefleht, ein klein wenig analysiert, alles so verdreht, dass sich mehr oder weniger Sinngerechtes ergab und in jede der vielen Szenen eingebaut werden konnte. Ein Sprachfehler erlaubte den Wels im Welschen anzusiedeln, führte zum Treffen zwischen dem norddeutschen Seehund und dem schweizerischen Blindenhund. Dann war es exakt 20.22 Uhr – mit dem zahlenmässig deckungsgleichen Jahr konnte gefeiert werden, kurz, herzlich und zackig. Hedge-Fonds. Vizepräsident, Übungen in Singular und Plural waren angeboten. So mutieren Simmen zu Zweisimmen, Halbglatze zum Kahlrasierten, damit sei das persönliche Weiterführen angeregt …Hilfen seien angeboten: Globus – Globuli, Rind – Rinderfilet, eins – noch eins, Kartoffelchips – Zweifel.

Ein klein wenig wurde das spürbar vergnügte Publikum einbezogen, zu munteren Zwischenrufen aufgefordert.

Und es fehlte an fast nichts, getarnte Heidelbeerkonfitüre, Butzemann, Biber, ewig auftretender, nach Rollmops stinkender Mönch, Duft von gebratenem Fleischkäse, Französischkenntnisse in Praxis umgesetzt (ein bisschen Neuschnee wird so zu «un petit dé- schönee»), zelebriertes schwedisches Frühstück, die unvergleichlich tolle Aufwartung des Starcoiffeurs bei seinem sehr, sehr beleibten Kunden, die Aufwartung der Umbau – Taube, die Auswahl an Bühnenwirksamem – die Vielzahl wollte kaum enden.

Es kam dann die Produkteplatzierung mithilfe eines mobilen WCs, natürlich samt Hinweisen auf jene, die sowas brauchen und es grad austesten.

Und irgendwann kam das Ende, damit der Schluss der so sorgsam gefügten 99. Saison und des kunterbunten Abends als letztem von vielen, so willkommen verschiedenartigen Anlässen. Auf Kommendes darf man sich gewiss freuen.