«Pfarrer zum Anfassen» tritt ab

Eine volle Kirche nahm am Sonntag in Schwanden Abschied von Hans-Walter Hoppensack. Der sichtlich gerührte Pfarrer prägte die Kirchgemeinde und die reformierte Landeskirche während fast 34 Jahren.



Nach fast 34 Jahren verabschiedet sich Pfarrer Hans-Walter Hoppensack von Schwanden. (Bilder: mb) Hans-Walter Hoppensack sei in einer Zeit der Veränderungen ein sicherer Wert gewesen
Nach fast 34 Jahren verabschiedet sich Pfarrer Hans-Walter Hoppensack von Schwanden. (Bilder: mb) Hans-Walter Hoppensack sei in einer Zeit der Veränderungen ein sicherer Wert gewesen

Am 1. November 1984 trat der damals 27-jährige deutsche Pfarrer und Familienvater seine Stelle in Schwanden als Nachfolger von Jakob Schiltknecht an. Am 24. Juni 2018 wurde er von einer vollen Kirche verabschiedet. In der reformierten Kirchgemeinde Schwanden seien nur gerade fünf Pfarrer länger im Amt gewesen als HWH – wie er auch genannt wird –, sagte Kirchenpräsident Hans Heinrich Hefti am Sonntag im Abschiedsgottesdienst. In den rund 1756 Wochen seiner Amtszeit habe der Pfarrer viele Veränderungen in der Kirchgemeinde, den Dörfern und im Kanton miterlebt. Er sei der sichere Wert gewesen, habe die Kirchgemeinde mitgestaltet und unzählige Gottesdienste und Kasualien durchgeführt.

Nahe bei den Menschen

Ein Zeitalter gehe zu Ende, sagte auch Pfarrer Ulrich Knoepfel, kantonaler reformierter Kirchenratspräsident: «HWH ist ein Pfarrer, den man wahrgenommen hat. Er hat die Kirchgemeinde Schwanden und die Glarner Kirche markant geprägt. Er ist gewissermassen eine Institution.» Zweimal hatte der scheidende Pfarrer das Amt des Dekans bekleidet und sechs Jahre im kantonalen Kirchenrat mitgewirkt. «Man darf alles, nur nicht langweilig sein» – so könnte laut Ulrich Knoepfel das Motto seiner Tätigkeit lauten.

HWH sei ausgesprochen engagiert und menschennah gewesen und hätte einen guten Draht zur Jugend gehabt. «Ein Pfarrer zum Anfassen, den man nicht selten auch in der Beiz beim ,Gsprächlen’ antreffen konnte, als normaler Mensch eben, nicht als Pfarrherr.» Er habe gezeigt, dass Religion auch Freude und Spass mache.

Sein Glaube sei offen und liberal, lebendig, ohne sturen Dogmatismus, nahe bei den Leuten. Er wolle immer wieder auf allen Lebensgebieten Neues kennenlernen und ausprobieren. So sei es ihm gelungen, stets neue Menschen anzusprechen. Diese offene und dialogbereite Haltung sei wichtig für die Kirche, auch wenn HWH damit manchmal auch angeeckt sei, so der Kantonalpräsident.

Nie abstrakt und weltfremd

Mathias Vögeli, Gemeindepräsident von Glarus Süd, dankte für die langjährige Zusammenarbeit: «Ich kann mir gut vorstellen, dass es genau deine offene und direkte Art sowie die Aufgeschlossenheit gegenüber den manchmal knorrig wirkenden Glarnern war, die zu dieser erfolgreichen und fruchtenden Zusammenarbeit und Akzeptanz geführt haben.»

Aus den Predigten und Abdankungen von HWH habe man schöpfen können, sie seien nie abstrakt und weltfremd, sondern verständlich und einfühlsam gewesen. Jung und Alt habe den Pfarrer geschätzt, er habe die Gemeindemitglieder in den vergangenen 34 Jahren sozusagen durchs Leben begleitet und sei immer mit Gott verbunden gewesen. Die positiven Abschiedsworte habe der Scheidende verdient, «und das ohne Wenn und Aber».

Jakob Hegner, katholischer Kirchenpräsident von Glarus Süd, würdigte die ökumenische Zusammenarbeit mit HWH, und Christian Thüner erzählte von Begegnungen mit seinem Cousin – einige Familienmitglieder waren zum Abschied extra aus Deutschland angereist.

«Kein Abschied für immer»

Der scheidende Pfarrer war sichtlich gerührt ob der Wertschätzung, die ihm zuteil wurde. «Es ist ein bisschen wie eine Abdankung. Nur dass der, der geht, selber redet», meinte er. In seinem Herzen sei etwas Trauer und Wehmut, aber vor allem viel Dankbarkeit: «Sie haben mich toll aufgenommen mit der Familie, wir haben uns keinen Moment fremd gefühlt. Ich wollte nie anderswo hin. Besser kann man es nicht haben.» Er habe ein wirklich privilegiertes Leben im Glarnerland gehabt. Natürlich sei nicht alles gut gegangen – «dafür bitte ich Sie um Verzeihung».

Jetzt sei es genug und gut, neuen Kräften Platz zu machen. «Ich freue mich, Sie wieder zu sehen, wenn mein Weg mich wieder hierher führt. Und das wird er bestimmt», versprach er. Es sei kein Abschied für immer. Fortan wird er im Kanton Zürich wohnhaft sein und den vorzeitigen «Unruhestand» geniessen.

Der bewegende Abschiedsgottesdienst war von viel Musik begleitet. Von Lieblingsliedern des scheidenden Pfarrers, von intensiven Trommelklängen von Sibylle Raths, vom Orgelspiel von Ursula Caflisch. Im Anschluss daran gab es einen Apéro riche im Zelt vor der Kirche, bei welchem die grosse Gemeinde verweilen und sich noch persönlich von HWH verabschieden konnte. Darunter auch Regierungsrätin Marianne Lienhard und die beiden Ständeräte Thomas Hefti und Werner Hösli.