Pippi im Taka-Tuka-Land, sehr laut ging es zu und her

Eine derart grosse und spürbar erwartungsvolle Gesellschaft hat es in der Aula unserer Kantonsschule noch selten gegeben. Gar festlich, so richtig theaterwürdig, waren die Jüngsten im grob geschätzten Alterssegment von drei bis etwa zehn Jahren gewandet. Die Begleiter – einige grauhaarig – nahmen es in dieser Beziehung gelassener, freuten sich ebenfalls auf das zu erwartende, rund 70 Minuten dauernde Spektakel. Ein überdimensioniertes Buch belegte grosse Flächen der Bühne; eine geschickt umgesetzte Idee. Die riesigen Seiten dieses farbigen Bandes liessen sich mühelos wenden, waren damit Hintergrund der einzelnen Szenen.



Pippi im Taka-Tuka-Land, sehr laut ging es zu und her

Noch wurde da und dort gerätselt, wo denn dieses Taka-Tuka-Land sei, wo Pippi ihren Vater mit Namen Efraim Langstrumpf finde und dereinst selber auf dieser fernen Insel aufkreuzen würde; natürlich in Begleitung ihrer besten Freunde Tommy und Annika. Zu kämpfen haben die drei Unzertrennlichen gegen zwei Piraten mit Namen Blutsvente und Messerjocke, die Pippis Vater gefangen nehmen, ihn erpressen und ihm nur zu essen geben, wenn er das Versteck des ominösen Schatzes im Taka-Tuka-Land verrät. Pippi gibt den beseelt mitvollziehenden Kindern schon mal bekannt, dass man auf der fernen Insel während satten drei Tagen Geburtstag feiern könne.

Mit viel Gesang und knapper instrumentaler Begleitung gings dann los. Die Kinder wurden zum Mitstampfen, knappen Zwischenrufen und Klatschen aufgefordert. Pippi agierte in diesem schrägen Geschehen rotzfrech, munter, alles andere als auf den Mund gefallen, vorlaut, vorwitzig und – als wäre es das Selbstverständlichste der Welt – riesig dominierend. Für sie sind alle Probleme lösbar. Ihr Schwung überträgt sich natürlich blitzschnell auf die beiden Freunde. Sie alle freuen sich auf den Geburtstag, aufs Treffen mit Pippis Vater. Nur ist der nirgends zu sehen, was zu begreiflichen Sorgen führt. Am liebsten würde man ihn herbeizaubern. Es tauchen die beiden Piraten auf, ebenfalls lautstark zuweilen mit echt derbem Wortreichtum unterwegs. Der Piratenkäpten gibt sich riesig gescheit, sein Gehilfe ist so was von depp – den Kindern gefällts. Irgendwann taucht Pippis Vater doch auf. Man erreicht nach Irrungen und Wirrungen, immer in grösster Lautstärke unterwegs, die besagte Insel, stösst auf übermannshohe Kakteen, die wandern können, findet den Schatz samt Pippis Geheimgeschenk, hätte die so herbeigesehnte Spagetti-Torte beinahe getafelt, nachdem man per selbstgebasteltem Flugzeug (laut Aussage ohne Ozonbelastung) und unter Zuhilfenahme des «landesüblichen» Pilotenenglischs die Insel – endlich – erreicht wurde; nicht ohne zu vernehmen, was in eine ordentliche Reiseapotheke so reingehört.

Es war eine ungeheuer lautstarke Sache – in Anlehnung an Astrid Lindgrens gleichnamigen Kinderbuchklassiker. Mal klang es gar derb, das Geschehen barg viel Tempo, enthielt für Kinderohren gefällige Gags. Bei dieser Spielweise blieb keine Zeit für Besinnliches, für Herzlichkeiten oder einfach mal für ruhige, gemächlich einherkommende Momente. Nicht nur Pippi und ihre Entourage hätten das verdient gehabt.

Vieles war enorm schrill, überlaut, zuweilen derb und stark überzeichnet. Über die ganzen rund 70 Spielminuten hinweg fehlte Besinnliches, war von zwischenkindlicher Herzlichkeit und Anteilnahme eindeutig zu wenig zu spüren. Diese Elemente gehen dem Musical deutlich abhanden. Dafür wird beispielsweise mit einer überlangen, unangebrachten Slowmotion, in deren Verlauf asiatischer Kampfsport zelebriert wird, ein nicht eben notwendiger Abstecher ins Heute vollzogen.

Mut, Übermut, Fantasie, Freud, Wut, Urteilen und Verurteilen kamen in zuweilen rasanten Wechseln auf: weckten bei einigen wohl eine gewisse, verständliche Ratlosigkeit.

Man verliess dann den Ort des Geschehens, wechselte mit Bekannten einige Worte und liess auf dem Heimweg das eine oder andere nochmals Revue passieren, mit gewissen Fragen zum einen oder anderen Teil dieses farbigen, irgendwie leicht überdrehten Spektakels.