In seiner Legislaturplanung 2019–2022 gab sich der Regierungsrat das Ziel, dass sich mehr Menschen an der Politik beteiligen. Dazu wurde ein umfassender Bericht zur Förderung der politischen Partizipation auf Stufe Bund, Kanton und Gemeinden erarbeitet. Nach einer umfassenden Analyse und Erörterung beschloss der Regierungsrat im Juni 2021 die Umsetzung von Massnahmen. Diese erfordern eine Verfassungsänderung sowie eine Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte.
Ausweitung des Stimm- und Wahlrechts
Auslandschweizer Stimmberechtigte, die in einem Glarner Stimmregister eingetragen sind, sollen künftig auch an den Ständeratswahlen ihre Stimme abgeben können. Bisher konnten sie nur an Nationalratswahlen und eidgenössischen Volksabstimmungen teilnehmen. Eine Ausweitung des Stimm- und Wahlrechts auf die Landsgemeinde ist für Auslandschweizer hingegen nicht sinnvoll, da die Beschlussfassungen an der Landsgemeinde vor Ort erfolgen. Ebenso bleibt die Teilnahme an Regierungsrats- und Landratswahlen den im Kanton wohnhaften Stimmberechtigten vorbehalten. Auslandschweizerinnen und -schweizer sind von deren Entscheiden nur sehr selten betroffen.
Stimmrecht und verbesserter Zugang für Menschen mit Behinderungen
Der geltende Ausschluss vom Stimmrecht von Menschen, die wegen einer geistigen Behinderung oder psychischen Störung unter umfassender Beistandschaft stehen, soll aufgehoben werden. Diese Regelung steht im Widerspruch zur UNO-Behindertenrechtskonvention. Diese ist für die Schweiz im Jahr 2014 in Kraft getreten und garantiert Menschen mit Behinderungen die politischen Rechte sowie die Möglichkeit, diese gleichberechtigt mit anderen auszuüben.
Zudem setzt sich der Kanton Glarus für eine inklusive und diskriminierungsfreie Ausübung der politischen Rechte ein. Mit einer Verfassungsänderung und neuen gesetzlichen Massnahmen werden Menschen mit Behinderungen und andere Personen, die in ihrer Fähigkeit zur Stimmabgabe beeinträchtigt sind, besser unterstützt. Der Aufwand zur Umsetzung dieser Massnahmen soll in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen.
Einführung einer Namensliste bei Majorzwahlen
Ein freiwilliges Anmeldeverfahren für Majorzwahlen wurde bei den eidgenössischen Wahlen im Oktober 2023 erstmals angewendet. Dieses haben seither alle Kandidatinnen und Kandidaten für Wahlen im Mehrheitswahlverfahren an der Urne genutzt. Die Staatskanzlei und die Gemeindekanzleien haben gute Erfahrungen gemacht. Das freiwillige Anmeldeverfahren soll deshalb gesetzlich verankert werden. Zusätzlich soll die Information der Stimmberechtigten noch weiter verbessert werden, indem bei künftigen Wahlgängen im Mehrheitswahlverfahren eine Liste mit den Namen der eingegangenen Kandidaturen mit dem übrigen Wahlmaterial versandt werden kann. Der Zeitpunkt der Anmeldung einer Kandidatur wird mit dem Bundesrecht harmonisiert.
Neukonzeptionierung des Landsgemeindememorials und der Unterlagen für die Gemeindeversammlungen
Die aktuellen Bestimmungen, die das Landsgemeindememorial und die Unterlagen für die Gemeindeversammlung auf eine physische Form beschränken, werden aufgehoben. Das bedeutet, dass diese Dokumente nicht mehr nur in Papierform vorliegen müssen. Gleichzeitig wird eine rechtliche Grundlage geschaffen, die es ermöglicht, diese Unterlagen auch elektronisch zu verbreiten. Diese elektronische Form wird rechtlich verbindlich. Ferner soll die Möglichkeit «weiterer Medien» geschaffen werden. Diese sollen keine zusätzlichen Informationen bieten, sondern die bestehenden Informationen anders aufbereiten, zum Beispiel durch Erklärvideos. Auf Kantonsebene soll weiterhin ein Memorial pro Haushalt versendet werden. Die Stimmberechtigten sollen aber die Möglichkeit erhalten, auf die physische Zustellung des Memorials zu verzichten.
Auch die Gemeinden setzen künftig auf die digitale Form der Informationsvermittlung. Das Papierformat bleibt auch hier erhalten. Im Unterschied zu den Informationen für die Landsgemeinde muss dieses aber aktiv bestellt werden. Die Stimmberechtigten sollen neu einen Flyer im Vorfeld der Gemeindeversammlung erhalten. Dort sollen alle Informationen in komprimierter Form zusammengefasst werden.
Förderung innovativer Projekte
Kleine und grosse Projekte, mit denen das Mitmachen an politischen Prozessen gefördert werden kann, sind denkbar. Die Möglichkeit, neue Formen auszuprobieren und Pilotprojekte anzustossen, wird in der Gesetzesvorlage verankert.
Vereinfachte Verfahren
Die Bestimmung, dass Wahlvorschläge für Landratswahlen von mindestens zehn im Wahlkreis wohnhaften Stimmberechtigten unterzeichnet werden müssen, wird aufgehoben. Dadurch wird ein bürokratisches Hindernis für die Teilnahme an Wahlen abgebaut. Die Motion Urs Sigrist, Schwändi, und Mitunterzeichner «Änderung Gesetz über die politischen Rechte – Artikel 43 Wahlvorschläge» kann als erfüllt abgeschrieben werden.
Auch sollen Anträge zuhanden der Landsgemeinde oder der Gemeindeversammlung künftig nicht nur schriftlich, sondern auch elektronisch eingereicht werden können. Dies soll über das sogenannte Serviceportal ermöglicht werden, welches am 1. September 2024 in Betrieb genommen wurde.