Porträt: Bewegung als Ausgleich

Sie braucht die Bewegung in der Natur, arbeitet in ihrem Traumjob und ist Odi-Fan. Rita Argenti-Frefel hat aber auch schwierige Zeiten erlebt.



Rita Argenti-Frefel leitet die Geschäftsstelle des Vereins «Glarner Gemeinnützige». (Bilder: mb)
Rita Argenti-Frefel leitet die Geschäftsstelle des Vereins «Glarner Gemeinnützige». (Bilder: mb)

Wir sitzen im grossen Büro in Mollis mit schönem Blick ins Grüne. Ein Stockwerk weiter oben befinden sich die Wohnräume von Rita Argenti-Frefel und ihrem Mann Marco. Sie haben das Minergie-Haus 1995 erbaut. Gleich vis-à-vis wohnt Ritas Bruder mit seiner Familie. Früher lebte auch der ältere Bruder im gleichen Quartier, nur ihre Schwester hat es nach auswärts verschlagen. «Ich fühle mich sehr verwurzelt hier», sagt Rita Argenti.
Kein Wunder, ist sie doch schon in Mollis aufgewachsen. Sie besuchte das Gymnasium und absolvierte eine Lehre als kaufmännische Angestellte. Anschliessend reiste sie für ein Jahr nach England, um die Sprache zu lernen. Zunächst als Aupair, dann in einer Sprachschule.
Zurück in Mollis, arbeitete sie wieder, bis sie genügend Geld für eine Weltreise hatte. Mit einer Freundin war sie elf Monate unterwegs. «Das war schon etwas Besonderes», erzählt sie. «Die völlig andere Welt und die fremde Kultur vor allem in Südostasien faszinierten mich.» Heute aber macht sie in der Schweiz Ferien: «Ich möchte nicht mehr fliegen.»
Wertvoll für sie waren die Weiterbildung zur Fachfrau Finanz- und Rechnungswesen und das Fachdiplom öffentliche Verwaltung und NPO. Als Ausgleich zu ihrer Arbeit dient ihr die Bewegung in der Natur (Laufen, Wandern, Nordic-Walking), sie macht E-Bike-Touren, jeden Morgen Yoga, Pilates, liest viel und geniesst das Zusammensein mit Familie und Freunden. Zudem ist sie schon lange Mitglied des Fanclubs von Marco Odermatt, den sie seit der erfolgreichen Junioren-WM verfolgt. «Ich bin ein Odi-Fan, schaue jedes Skirennen von ihm und sammle Zeitungsartikel. Das tut gut, es ist etwas weniger Anspruchsvolles für mich», lacht sie.

Schwieriger Moment im Leben

Unsere Gesprächspartnerin hat auch schwierige Zeiten erlebt. Der schwerste Tag in ihrem Leben war der, als sie und ihr Mann erfuhren, dass ihre damals zweijährige Tochter Fabia eine kognitive Beeinträchtigung habe. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie gehofft, dass sie den Entwicklungsrückstand wieder wettmachen würde. Rita Argenti war erneut schwanger, und die Sorge, dass auch die zweite Tochter eine Behinderung haben könnte, war gross. Glücklicherweise ist Elena aber gesund.
Fabias Beeinträchtigung war sehr einschneidend für die Familie und brachte viele Herausforderungen mit sich. In einer Gesprächsrunde bei insieme/Cerebral – von Rita Argenti initiiert – konnten sie sich mit anderen betroffenen Eltern austauschen.
Mit Fabias Eintritt in das Heilpädagogische Zentrum engagierte sich unsere Gesprächspartnerin noch mehr im sozialen Bereich und wurde Mitglied der HPZ-Kommission. Schon als sie nach ihrer Weiterbildung zur Buchhalterin einen Jahresbericht der damaligen Gemeinnützigen Gesellschaft in den Händen hielt, dachte sie, dass sie genau diese Rechnungen – für die damals Nora Häuptli verantwortlich war – führen möchte. Bei der Fusion der Gemeinnützigen Gesellschaft und der Evangelischen Hilfsgesellschaft zur GG, «Glarner Gemeinnützige», bewarb sie sich dann mit Erfolg als Geschäftsstellenleiterin der GG. «So kam ich 2011 zu meinem Traumjob: Ich führe nun genau diese Buchhaltungen.»
Aktuell ist sie Beiständin für Fabia und drei andere Menschen mit Beeinträchtigung. Ihre nun 27-jährige Tochter lebt in einer Wohngruppe des glarnerstegs und kommt jedes zweite Wochenende nach Hause.

Zudem engagiert sie sich im Vorstand von Alzheimer Glarus. «Meine Mutter war an Demenz erkrankt, und zu dieser Zeit arbeitete ich im Spitex-Kantonalverband, welcher Alzheimer Glarus mitinitiierte. Den Weg meiner Mutter ‚zurück zum Kind‘ verglich ich oft mit dem Weg von mir zur Akzeptanz von Fabias Beeinträchtigung», erzählt Rita Argenti.
Sie hat auch noch einige Stiftungsmandate für Buchhaltungen inne. «Über alles gesehen dürfte es Vollbeschäftigung sein», meint sie. Administrative Aufgaben macht sie nach wie vor gerne, «wenn ich einen direkten persönlichen Bezug habe und für andere Menschen da sein kann. Auch die Arbeit an neuen Projekten gefällt mir sehr. Ich organisiere gerne. Schwierig wird es für mich, wenn zwischenmenschliche Misstöne unser Handeln prägen.» Heisst: «Wenn Leute für sich schauen statt für die Sache und gegen involvierte Personen schiessen.»

Braucht ihre Ruhe-Inseln

Für ihren Gemüse- und Kräutergarten, den sie früher mit viel Liebe gepflegt hat, hat sie fast keine Zeit mehr: «Unter der Woche arbeite ich zu viel, und am Wochenende gehe ich lieber laufen.» Sie hat sich ein relativ hohes Tages- und Wochenziel an Schritten gesetzt. «Das schaffe ich fast immer locker. Das ist zwar so ein Modetrend, aber das motiviert mich sehr. Auch mit meiner täglichen Morgenyoga-Praxis kann ich Kraft tanken», sagt Rita Argenti. Sie braucht die Bewegung zum Ausgleich und läuft bewusst viel alleine. «Nach wie vor benötige ich meine Ruhe-Inseln, da ich ein sehr lebendiger Mensch bin.»

Was wünscht sie sich für die Zukunft? «Wir sind in der GG in einer Umstrukturierungsphase, und ich möchte Verantwortung und Arbeitsgebiete abgeben, um mich langsam auf die Pension vorbereiten zu können und mehr Zeit für mich selbst zu haben. Zudem will ich vermehrt familiäre und freundschaftliche Beziehungen pflegen können. Und natürlich wünsche ich mir, dass mein Umfeld und ich die Zukunft gesund erleben dürfen.»