Sie sei ein Tausendsassa, hat ein Journalistenkollege geschrieben und sie für ein Porträt empfohlen. Pia Freitag lacht, als sie das hört: «Das mag schon stimmen.» Wie würde sie sich selber beschreiben? Die Antwort ist vielfältig: «Ehrgeizig, zielstrebig, lebendig, unternehmenslustig, gut gelaunt, hilfsbereit, chaotisch, neugierig, sportlich, charmant, manchmal etwas stur – aber ist nicht so falsch –, liebenswürdig.» Und sie lacht erneut.
Wir sitzen im Konferenzraum der Firma Elysator Engineering AG in Bilten, wo sie seit 2023 als Leiterin Administration tätig ist. Der Betrieb ist spezialisiert auf Filteranlagen. «Es ist ganz einfach: Wir machen gesundes Wasser für die Heizung. Wir filtern diejenigen Mineralstoffe raus, die schädlich sind. Das ist spannend», sagt sie. Und zwar in behäbigem Berndeutsch.
Geboren ist die heute 46-Jährige nämlich in Meiringen und aufgewachsen mit zwei Geschwistern in Innertkirchen. Die Lehre zur Kauffrau absolvierte sie in einem Bauunternehmen in Grindelwald, anschliessend folgte die Weiterbildung zur Sachbearbeiterin Rechnungswesen an der Wirtschaftsschule Thun.
Sie arbeitete daraufhin in verschiedenen Betrieben, bis sie der Liebe wegen ins Glarnerland übersiedelte. Ihren Mann Silvio lernte sie an einer Delegiertenversammlung des Schweizer Schiesssportverbandes kennen. 2013 heirateten die beiden und führten zunächst eine «Fernehe»: Pia Freitag arbeitete zu 80 Prozent und fuhr dann jeweils am Donnerstagabend ins Glarnerland. «Das war speziell, aber schön», erinnert sie sich. Zuerst waren die beiden in Elm wohnhaft, heute in Mitlödi.
Ins Schiessen reingewachsen
Breiten Raum in ihrem Leben nimmt der Schiesssport ein. Selber schiesst sie, seit sie zehn Jahre alt ist – geprägt von ihrem Vater. Ihn hat sie jeweils schon im Kinderwagen nach Lauterbrunnen begleitet. «So bin ich einfach reingewachsen», meint sie.
In Meiringen begann sie mit dem Kleinkaliberschiessen und dann mit dem Luftgewehr. «Ich bin bis ins Berner Schiesssportverband-Kader gekommen, und das hat für mich so gepasst. Da erreichte ich im Junioren- wie Elitealter Podestplätze beim Verbandsmatch. Ich bin mehrfache Medaillengewinnerin – beim Berner Kniendfinal sowie dem Stehendmatch durfte ich eine Medaille mit nach Hause nehmen.»
Doch nicht genug der Erfolge: Bei der Schweizerischen Gruppenmeisterschaft Luftgewehr wurde sie mit den Stadtschützen Zürich Dritte. «Diese Medaille bedeutete mir in dieser Zeit sehr viel. Bei der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft mit der Region Thunersee eroberte ich nebst viel Erfahrung auch die eine oder andere Medaille. Ich habe auch an den Schweizermeisterschaften teilgenommen.»
Seit sie im Glarnerland wohnt, ist sie aus zeitlichen Gründen nicht mehr gleich aktiv wie vorher. «Aber es passt so.»
Vielfältiges Engagement
Ihr Engagement ist denn auch beeindruckend: «Ich bin oft mit dem Schiessen unterwegs, als Revisorin in verschiedenen Vereinen (SV Elm, Sportschützen Glarnerland, Gönnervereinigung Schiessen). Beim Kranzkartenkonkordat mache ich einen Teil des Sekretariats; beim KV Glarus bin ich auch im Vorstand und für die REKA-Checks verantwortlich. Während der QV-Zeit (Lehrabschlussprüfungen) bin ich als Expertin im Einsatz. Zudem führe ich die Kasse der VSGT (Vereinigte Schützengesellschaften der Gemeinde Thun) und bin beim Glarner Sommercup am Finalwochenende als Helferin im Einsatz.»
Vor allem aber leitet sie seit März 2016 die Geschäftsstelle des Glarner Kantonalschützenverbandes (GLKSV). Wie kam sie dazu? «Ich wurde vom damaligen Präsidenten (heutigen Ehrenpräsidenten) angefragt, ob ich mitarbeiten möchte und musste nicht lange überlegen. Mich hat es gereizt, etwas mitaufbauen zu können und eine unterstützende Hand für den Präsidenten zu sein sowie eine der ersten Ansprechpersonen bei Fragen rund um das Schiesswesen.»
Damit ist sie die Drehscheibe für den GLKSV und entsprechend engagiert: «Die Arbeit geht mir nicht aus. Von Einladungen zu Versammlungen bis zur Organisation von Geschenken und den verschiedenen Auszeichnungen für die erfolgreichen Schützen und Schützinnen ist die Arbeit umfangreich und vielfältig.» Die Hauptarbeit falle von Ende November bis Mitte April an, wenn Jahresbericht und DV anstünden. Weiter im Herbst bei der Abrechnung der verschiedenen Anlässe im Kanton und der Anmeldung der Feldmeisterschaftsmedaillen. Viel Zeit nehme auch die Homepage in Anspruch.
Diese Tätigkeit ist zum grössten Teil ehrenamtlich. «Ich mache es aus Leidenschaft und Freude, und ich mache es gerne», sagt sie. Vor allem gefallen ihr die Begegnungen mit Politik, Militär sowie Gleichgesinnten aus dem Bereich (Schiess-)Sport an den verschiedenen Versammlungen.
Hommage ans Berner Oberland
Dass sie trotz Züglete beim VSGT immer noch verantwortlich für den Bereich Finanzen zeichnet, ist wohl eine Hommage an ihre Heimat? «Wir sind ein toller Vorstand, und es macht Spass, die Zeit mit den Personen zu verbringen. Es gibt viele Begegnungen, da die VSGT mit der Stadt Thun und der Armasuisse zusammenarbeitet. Es ist sicher auch eine Hommage an zu Hause, und so gehe ich je nach Saisonphase alle zwei Monate ins Berner Oberland. Solange es mir Spass macht, werde ich dies noch tun. Denn die Schiessanlage Guntelsey liegt mir am Herzen.» Letztere sei ein tolles Konstrukt und ein bisschen ihr Baby, meint sie lachend.
Hat sie bei diesen vielen Engagements überhaupt noch Zeit für Hobbies? «Ja. Wenn es die Zeit erlaubt, bin ich gerne auf dem Rennrad und erkunde die Gegend und bereite mich auf die 24h-Tour vor.» Letztere umfasse jeweils 500 Kilometer Velofahren nur mit Verpflegung, ohne Schlaf. «Eine extreme Kopfsache», so Pia Freitag. «Oder ich bin auf dem Bike, am Joggen, Skifahren, Schlitteln, Schneeschuhwandern, in den Bergen. Oder am Kochen und Backen.»
Schwimmen und Wandern seien in diesem Jahr etwas zu kurz gekommen, weil sie das Schiessen emotional, psychisch und physisch gefordert habe. Vor allem wegen des Schweizer Luftgewehr-Mannschaftsfinals in den letzten zwei Jahren im Februar.
Erholung findet sie neben dem Rennrad auch auf der täglichen Fahrt mit dem «Stromi» (E-Bike) zur Arbeit und zurück, bei einem guten Essen und einem Glas Wein oder auf ihrer Terrasse in Mitlödi sowie im Hüttli in Elm. «Dort gibt es nichts, das ist so schön. Richtig back to the roots. Einfach herrlich», schwärmt Pia Freitag.








