Porträt: Der Mensch im Mittelpunkt

Das Gesundheitswesen und vor allem der Bereich Pflege liegen Landrätin Sabine Steinmann aus Oberurnen sehr am Herzen. Nun steht sie vor einer neuen Herausforderung. Ein Porträt.



Sabine Steinmann ist beruflich und politisch engagiert. (Bilder: mb.)
Sabine Steinmann ist beruflich und politisch engagiert. (Bilder: mb.)

Ihr Vater war Gemeindepräsident von Oberurnen, ihre Mutter und Grossmutter arbeiteten als Pflegefachfrauen. So erstaunen das politische Engagement und die Berufswahl von Sabine Steinmann-Fehr nicht. Als diplomierte Pflegefachfrau HF mit einem Master in Care Management setzt sie sich für eine gute Pflege und genügend Personal ein. Nicht zuletzt mit der Pflege-Petition, welche das von ihr geleitete Komitee «Pflege Glarnerland» Anfang November eingereicht hat.

Prägende Jahre im Ausland

Die 50-jährige Landrätin wuchs mit zwei Brüdern in Oberurnen auf. Heute wohnt sie mit ihrem Mann und den vier Kindern im Alter zwischen 15 und 20 Jahren wieder dort. Dazwischen war sie weg, teils auch im Ausland.

Nach der Matura in Glarus machte sie ein Zwischenjahr, arbeitete als Volunteer ein halbes Jahr in einem Rehabilitationszentrum für hirnverletzte Jugendliche in der Nähe von London und drei Monate in einem Waisenhaus in Rumänien. Danach studierte sie während zwei Semestern Klinische Psychologie an der Universität Basel, merkte aber bald, dass ihr dies zu theoretisch war. Das Auslandjahr hatte sie dermassen geprägt, dass sie beschloss, sich in Zürich zur Pflegefachfrau DNII ausbilden zu lassen.

Ab 1998 folgten Anstellungen am Stadtspital Waid in Zürich, am Kantonsspital Glarus, bei der Spitex Glarus Nord, als Ausbildungsverantwortliche beim Spitex-Kantonalverband, als Fachenglisch-Dozentin, Geschäftsführerin der OdA Gesundheit Glarus sowie 2019 als Co-Leiterin des Pilotprojektes Koordinationsstelle Gesundheit Kanton Glarus (KOGE).

Zudem engagiert sie sich seit 2019/2020 in den Vorständen der OdA Gesundheit Glarus und des Netzwerks Case Management Schweiz sowie seit 2022 als Leiterin des erwähnten Komitees «Pflege Glarnerland».

Landrätin seit 2018

Das ist die eine Seite von Sabine Steinmann. Hinzu kommt ihr politisches Engagement als Landrätin. Gewählt im Juni 2018, präsidiert sie aktuell die SP-Fraktion und ist Mitglied der Energie- und Umweltkommission. Zudem ist sie Co-Präsidentin der SP Glarus-Nord.

Das Interesse an politischen Themen sei schon immer da gewesen, meint sie: «Ich möchte gerne mitgestalten, habe das Glück, gesund zu sein und stabile Lebensumstände zu haben. Darum kann ich das auch gerne leisten.» Sehr wichtig sei ihr eine chancengerechte Gesellschaft, deshalb politisiere sie in der SP. «Mir liegen soziale Themen am Herzen. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass es weniger Ungerechtigkeiten gibt und dass niemand aufgrund seiner Bildung, Gesundheit, Alter usw. als Mensch in unserer (Leistungs-)Gesellschaft weniger wertgeschätzt oder zurückgelassen wird. Für mich steht der Mensch im Mittelpunkt.»

Fürs Gesundheitswesen und vor allem den Bereich Pflege gibt sie ihr Herzblut hin. Wie steht es denn um die Situation der Pflegenden im Glarnerland? «Nicht gut», sagt sie. Schon lange, doch nun komme die Müdigkeit nach Corona, die Negativspirale nach unten. Verbleibende Pflegende hätten immer mehr zu schultern. «Es muss an mehreren Hebeln angesetzt werden, damit sich etwas ändert.» Und zwar sofort angesichts des akuten Notstands in allen Bereichen (Spital, Heimen, Spitex): «Der Notstand hat Auswirkungen auf die Pflegequalität und schlussendlich auf die Versorgungssicherheit.»

Was die Pflegenden vor allem aus dem Beruf treibe, sei, dass sie nicht so arbeiten könnten, wie sie es gelernt hätten, ist Sabine Steinmann überzeugt. «Die Leute gehen nicht wegen dem Lohn.» Man habe über die Corona-Zeit durchgehalten, jetzt werde es entgegen der Erwartungen nicht besser: «Man muss einspringen, hat keine gesicherte Freizeit, die Burnout-Gefahr nimmt zu.»

Neue Herausforderung

Sie selber steht vor einem Wechsel der Arbeitsstelle: Sie wird Leiterin der Demenzfachstelle Glarnerland, die im Februar 2023 im Alters- und Pflegeheim Letz in Näfels eröffnet wird. Weshalb hat sie den bis Ende 2022 befristeten KOGE-Vertrag nicht verlängert? «Als Mitarbeiterin beim Kanton und als Landrätin habe ich zum Teil verschiedene Rollen, die sich nicht immer ganz vereinbaren lassen», begründet sie die Entscheidung. Die Arbeit der KOGE findet sie sehr wichtig, und auch mit dem Team versteht sie sich gut. Aus dem Kantonsparlament zurücktreten wollte sie aber nicht: «Pflege und Betroffene sowie deren Angehörige haben keine grosse Lobby. Deshalb will ich mich weiterhin im Landrat für sie einsetzen.» Besonders freut sie, dass durch ihre Initiative betreuende und pflegende Angehörige ab 2023 einen Beitrag des Kantons erhalten.

Bei all ihren Tätigkeiten gefällt ihr, dass sie immer wieder Neues lernen darf: «Es ist wie eine dauernde Weiterbildung.» Auch den Austausch mit anderen schätzt sie sehr. Weniger gefällt ihr, «wenn gute Ideen grundsätzlich nicht angehört werden, weil sie aus der falschen politischen Ecke kommen».

Erholung in Natur, Familie und Hobbies

Wo erholt sie sich? «In der Natur, beim Zusammensein mit meiner Familie und meinen Hobbies», erzählt sie. Zu letzteren gehört das Velofahren – bevor sie Kinder hatten, unternahmen ihr Mann und sie eine längere Tour und fuhren gar mit den Velos von Schottland ins Glarnerland. Weiter zählen Skitouren, Tanzen, Fasnacht, Damenturnverein, Wandern und Lesen zu ihren Hobbies.

Und was wünscht sie sich für die Zukunft? «Politisch eine soziale Gesellschaft, welche wieder mehr den Menschen, das Gemeinwohl und eine intakte Welt im Mittelpunkt sieht. Privat, dass es meiner Familie gut geht, dass ich weiterhin gesellige Stunden an einem Fest, sportliche Freude auf dem Rennvelo und den Tourenskis mit meinem Mann sowie ruhige Lesestunden erleben darf.»