Marianne Lienhard war schon immer eine Praktikerin. Aufgewachsen mit drei Geschwistern auf einem Bauernhof in Elm, absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete im Bereich Rechnungswesen zuerst in der Industrie, später im Treuhandwesen. Sie bildete sich zur Fachfrau im Finanz- und Rechnungswesen mit eidgenössischem Fachausweis weiter, betreute anspruchsvolle Mandate und wurde Geschäftsführerin einer ortsansässigen Treuhandunternehmung.
Schon in ihrer Jugend engagierte sie sich auch in Vereinen. So zum Beispiel im Turnerinnenverein und in der Harmoniemusik Elm, wo sie nach wie vor Klarinette spielt. «Ich fehle schon ab und zu bei den Proben. Aber nicht so häufig, dass ein Mitspielen nicht möglich wäre», sagt die 56-Jährige. Zudem ist sie heute noch Präsidentin der Winterhilfe Glarus und Vizepräsidentin der Synode.
Zukunft unseres Kantons mitgestalten
2006 wurde sie in den Landrat gewählt. Auch hier lag ihr Schwerpunkt in der Finanzaufsicht. Acht Jahre später stellte sie sich der Wahl zur Regierungsrätin. «Ich wollte damals wie heute die Zukunft unseres Kantons aktiv mitgestalten, suchte persönlich nach einer neuen Herausforderung, und der Zeitpunkt hat gepasst. Diese Chance wollte ich nutzen.» Die SVP war im Regierungsrat nicht vertreten, Glarus Süd auch nicht, zudem war mit Marianne Dürst eine Frau zurückgetreten.
Sie wurde gewählt und bekam mit «Volkswirtschaft und Inneres» auch gleich ihr Wunschdepartement. So war es für sie kein Thema, nach dem Rücktritt von Benjamin Mühlemann ins Finanzdepartement zu wechseln. «Zahlen und Finanzen gehörten knapp 30 Jahre zu meinem Beruf, rund 20 Jahre war ich als Finanzpolitikerin unterwegs, und die ehrenamtliche Tätigkeit umfasste auch finanzielle Belange. Ich fühle mich als Generalistin und glaube auch, hier meine Stärken zu haben. Mit diesen Fähigkeiten kann ich der Themenvielfalt des Departementes gerecht werden. Diese Vielfältigkeit reizt und fordert mich.»
Puls der Bevölkerung spüren
Die zehn Jahre seien schnell vorübergegangen, meint sie. Die Arbeit bereite ihr nach wie vor Freude. Einen wesentlichen Teil ihrer Zeit investiert sie in die Führung des Departementes. Die Zusammenarbeit mit den motivierten Mitarbeitenden erfüllt sie mit grosser Zufriedenheit. Doch als Regierungsrätin will sie vor allem auch den Puls der Bevölkerung spüren: «Der Kontakt mit der Bevölkerung und den Unternehmen ist sehr spannend und lässt mich am Leben der Glarnerinnen und Glarner teilhaben. Mit ihnen und für sie machen wir Politik. Es ist also wichtig zu wissen, was sie bewegt.»
Eingriffe in die Freiheiten der Wirtschaft und der Gesellschaft, wie sie in der Coronazeit erfolgen mussten, haben sie belastet. «Bei solchen Entscheiden steht man an der Grenze zur Realität und hinterfragt die eigene Machtposition.» Es sei eine Erfahrung gewesen, die sie wohl nie vergessen werde.
Dass sie die einzige Frau im Regierungsrat ist, bereitet ihr keine Mühe. «Ich bin das gewöhnt.» Ausserdem werde sie voll respektiert im Kollegium.
2020 wurde sie zur Frau Landammann gewählt. Dass ihr dieser Weg offenstand, erfüllt sie mit Stolz. Weil wegen der Pandemie keine Landsgemeinde stattfand, wählte sie der Landrat ins höchste Amt des Glarnerlandes.
«Man muss loslassen können»
Ihr Job als Regierungsrätin ist intensiv, fordert alles ab. Hat sie überhaupt noch Freizeit? «Ein gutes Zeitmanagement und ein verständnisvoller Ehemann lassen trotz hoher Belastung noch Freiräume zu», erklärt Marianne Lienhard. Sie spielt wie erwähnt nach wie vor in der Harmoniemusik Elm, wandert und fährt Ski. Die Wochenenden verbringt sie gerne zu Hause in Elm und in der Natur. «Schöne Momente bieten sich auch beim Zusammensein mit der Familie oder mit Freunden. In diesen Momenten muss man loslassen können, damit der Körper wieder neue Energie aufbauen kann.» Kann sie das? «Ja, man muss loslassen, das ist wichtig», so die Regierungsrätin.
In ihrem Leben gab es verschiedene Situationen, die sie belasteten. Doch ihre berufliche Tätigkeit und nun die Ausübung ihres Amtes brachten sie beim Verarbeiten immer wieder zurück auf den richtigen Weg. So sei sie jeweils wieder einen Schritt weitergekommen. «Das erfüllt mich mit Zufriedenheit.»
Was wünscht sie sich für die Zukunft? «Ganz bestimmt gute Gesundheit, Glück und Zufriedenheit für mich und mein Umfeld. Für den Kanton Glarus wünsche ich mir weiterhin einen sorgsamen Umgang mit den Institutionen und insbesondere mit der Landsgemeinde. Als kleiner Kanton sind wir auf kurze und effiziente Wege in der Politik besonders angewiesen.»