Porträt: Die Macherin, die Dinge in Frage stellt

«Ich bin eine Macherin, die koordiniert, Denkanstösse gibt und Visionen kreiert», sagt Jacqueline Jenny. Die Marketing- und Kommunikationsberaterin wohnt mit ihrer Familie in Glarus und hat sich 2020 selbstständig gemacht.



Jacqueline Jenny aus Glarus hat sich als Marketing- und Kommunikationsberaterin selbstständig gemacht. (Bilder: mb)
Jacqueline Jenny aus Glarus hat sich als Marketing- und Kommunikationsberaterin selbstständig gemacht. (Bilder: mb)

Wir sitzen am Esstisch des modernen Einfamilienhauses in Glarus. Von hier aus bietet sich ein schöner Blick durch das grosse Fenster Richtung Bärengasse. «Mein Fenster», schmunzelt Jacqueline Jenny. Ihr vierjähriger Sohn Nik spielt daneben mit Legosteinen, interessiert sich aber bald mehr dafür, was die Journalistin alles fragt. Später gesellen sich sein bald einjähriger Bruder Leo und Vater Stefan dazu.

2014 nach Braunwald gekommen

Ruhig erzählt Jacqueline Jenny aus ihrem Leben. Sie ist mit einer älteren Schwester in Zürich aufgewachsen, ihr Heimatort ist Sool. 2014 zog sie ins Glarnerland. Sie hatte soeben ihr Tourismusstudium an der Fachhochschule Graubünden abgeschlossen und dort das «ländlichere» Leben entdeckt.

Während zwei Jahren arbeitete sie im Destinationsmarketing für Braunwald Klausenpass Tourismus. «Es war die perfekte Stelle, um meine theoretischen Kenntnisse aus dem Studium in der Praxis anzuwenden», meint sie rückblickend. Sie durfte «zwei grossartige Sommer- und Wintersaisons in Braunwald verbringen. Ich wohnte auch in Braunwald und bin dadurch voll eingetaucht.»

«Geschichten erzählen»

Anschliessend wirkte sie als Kommunikations- und Innovationsmanagerin im Linthpark Glarus Süd in Linthal, ehe sie sich 2020 selbstständig machte. «Es war schon immer mein Traum, selbstständig zu sein. Ich bin eine Macherin und treibe gerne Projekte voran. Mit meiner Marketing- und Kommunikationsberatung Jenny Projektmanagement & Marketing kann ich meine Stärken voll ausleben», so die 34-Jährige.
Was das heisst, erklärt sie folgendermassen: «Ich erarbeite mit meinen Kunden und Kundinnen Kommunikations- und Marketingstrategien, was zu einer effektiveren und bewussteren Erreichung der Zielgruppe und Kommunikation führt. Natürlich unterstütze ich auch Unternehmen in der Umsetzung dieser Massnahmen. Der Mensch ist stark visuell geprägt, das heisst, je bildlicher und erfahrungsbasierter erzählt wird, desto eher bleibt man beim Kunden oder der Kundin hängen. Es geht also letztlich darum, Geschichten zu erzählen.»
Image und Bekanntheitsgrad von Unternehmen und Menschen seien heute unheimlich wichtig. Es gehe vor allem darum, Fertigkeiten und Fähigkeiten nach aussen zu kommunizieren und zu steuern.
Jacqueline Jenny verrät auch gleich ihre wichtigsten Tipps: «Gute Story: Menschen denken in Geschichten. Gutes Handwerk: Wann kommunizieren wir, was, zu wem, über welchen Kanal? Gute Geschichtenerzählerinnen und -erzähler: Vieles läuft nonverbal ab, darum investiere ich in den Auftritt: Tonlage, Gestik und Mimik.»
Man merkt: Es ist für sie nicht einfach ein Job. Sie lebt ihre Leidenschaft. Und sie besucht auch regelmässig Weiterbildungen. Unter anderem hat sie die CAS in Digitalem Marketing und Wertschöpfung an der ZHAW Winterthur erworben sowie sich zur Immobilienbewirtschafterin ausbilden lassen. «Das war spannend: Man lernt viel fürs Leben.»
«Ehrlich gesagt, ist mein Job für mich auch Erholung. Als Selbstständige verschwimmen die Bereiche Work und Life», betont sie. Ansonsten erholt sie sich beim Sport – am liebsten marschiert sie steil hoch –, mit ihrer Familie oder ihren engen Freunden. Früher gehörten auch Auslandreisen dazu; doch nun, mit den Kindern, ist sie mehr in der Schweiz unterwegs.

Diverse Engagements

Jacqueline Jenny ist vielseitig tätig. Zum Job kommen noch diverse Engagements. So ist sie zum Beispiel Verwaltungsrätin der tb.glarus. Im Alter von 28 Jahren machte sie das Rennen gegen Mitbewerber. «Das ist nicht selbstverständlich», meint sie. Sie sei die einzige Frau im Verwaltungsrat, könne sich aber gut einbringen.
Apropos einzige Frau: Seit August vergangenen Jahres gehört sie auch der Gleichstellungskommission des Kantons Glarus an. Wie kam sie dazu? «Peter Rufibach hat mich als ehemaliger Präsident der Glarner Wirtschaftskammer angefragt, ob ich Interesse hätte. Und dies sehe ich bis heute als meine Rolle an: als Vertreterin der Wirtschaft.»
In Sachen Gleichstellung müsse noch viel gehen: «Mir ist natürlich der Bereich Diversität ein grosses Anliegen, und für diesen stehe ich auch oft in meinem Alltag ein. Ich bin nach wie vor oft die einzige Frau in verschiedensten Projekten, was auch daran liegt, dass meine Projekte eher in männerdominierten Branchen sind, aber nicht nur.»
Zudem ist sie Stiftungsrätin und seit 2022 Präsidentin des Gönnervereins des Wirtschaftsarchivs. Das ist eine berührende Geschichte: «Ich wurde an der Landsgemeinde von einem Bekannten angefragt, ob ich nicht Interesse an dieser Rolle hätte. Ich sagte dann, jaja, schauen wir mal. Kurz darauf hat er mir das Glarner Wirtschaftsarchiv gezeigt. Ich bin eigentlich dorthin gefahren, um ihm abzusagen. Als ich dann aber dort war, konnte ich nicht anders als Ja sagen. Meine Mutter ist Iranerin und mein Vater Glarner. Als ich im Archiv in die Glarner Textilgeschichte eintauchte, vereinten sich diese beiden Welten.» Sie sei den Tränen nahe gewesen und habe gefühlt: «Ich gehöre hierher. Diese Geschichten müssen weiterleben.»
Wie bringt sie alles unter einen Hut? «Indem ich mir nicht überlege, was richtig und was falsch ist, sondern meinen eigenen Weg gehe», antwortet sie spontan. Sie arbeitet viel online, und ihr Partner ist als Selbstständigerwerbender ebenfalls flexibel. Zudem helfen die Schwiegermutter, Kita und Nachbarinnen mit. «Ich habe gelernt, Hilfe anzunehmen», sagt Jacqueline Jenny.
Für die Zukunft wünscht sie sich und ihrer Familie eine gute Gesundheit. Und dass sie weiterhin vielen Kunden und Kundinnen «zu Erfolgen verhelfen kann».