Porträt: Gemeinsam gute Lösungen finden

Die Begegnungen mit Menschen sind für Andrea Trummer zentral. Die Gemeinde- und Landrätin aus Glarus ist offen und kommunikativ, arbeitet lösungsorientiert und liebt es, Neues zu entdecken.



Andrea Trummer ist in Beruf, Politik und Engagements aktiv unterwegs. (Bilder: mb)
Andrea Trummer ist in Beruf, Politik und Engagements aktiv unterwegs. (Bilder: mb)

Wir sitzen in der schönen Eigentumswohnung mitten in Glarus, die Andrea Trummer mit ihren beiden Kindern im Teenageralter bewohnt. Deren Geburt sei das prägendste Erlebnis in ihrem Leben gewesen, sagt die 49-Jährige: «Sie stellten mein ganzes Leben auf den Kopf. Das Bewusstsein, dass ich nun für meine beiden Kinder die Verantwortung trage, war sehr prägend. Einerseits war dadurch ein gutes Stück meiner Unbeschwertheit weg, und andererseits war da dieses wunderbare Gefühl in meinem Muttersein – voller Stolz und Zuneigung.»

Von der Bank in die Pflege

Sie selber erlebte mit ihrer älteren Schwester eine unbeschwerte Kindheit in Näfels. Ihre Eltern führten ein kleines Unternehmen für Landmaschinen. Ihr Grossvater war Hufschmied. «Bei ihm war ich als Kind besonders gern in der Schmiede», erzählt sie.
Ihre berufliche Laufbahn startete bei der Glarner Kantonalbank, wo sie nach einer kaufmännischen Lehre noch vier weitere Jahre als Privatkundenberaterin arbeitete. Der Wunsch nach Veränderung und einer sozialen Tätigkeit führte sie dann für ein Praktikum nach Nottwil ins Paraplegikerzentrum. «Das war eine extrem wertvolle Zeit für mich. Dort habe ich entschieden, in die Pflege zu gehen.» Bevor sie die vierjährige Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau HF in Chur in Angriff nahm, erlebte sie noch einen unbeschwerten Winter mit einer Saisonstelle im «Suworow-Cheller» in Elm.
Das Abschlusspraktikum vor dem Diplom zur Pflegefachfrau absolvierte sie im Kantonsspital Glarus. Hier blieb sie 13 Jahre. Neun davon arbeitete sie auf der Intensivstation und absolvierte während dieser Zeit einen Intermediate Care-Nachdiplomkurs. Die letzten drei Jahre war sie als Sachbearbeiterin im Personalmanagement tätig.

Eigene Stelle wegrationalisiert

2016 verliess sie das Spital, um nebst ihrer politischen Tätigkeit ein Studium in Angriff zu nehmen. 2018 schloss sie den Master in Nonprofit und Public Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz ab und wurde Geschäftsführerin bei der Lungenliga Glarus. Erfolgreich führte sie die Fusion mit der Lungenliga St. Gallen-Appenzell durch, damit im Kanton Glarus weiterhin die Versorgung der Atemwegs- und Lungenkranken sichergestellt werden kann. Dies bedeutete aber auch, dass es ihre Funktion als Geschäftsführerin nicht mehr gab. «Ich habe meine eigene Stelle wegrationalisiert», meint sie lachend.
Anfang September ist sie mit 60 Stellenprozenten bei polsan, einer Polit- und Kommunikationsagentur, als Senior Beraterin eingestiegen. «Es ist die perfekte Gelegenheit, mich unter anderem für meine Kernthemen im Gesundheitswesen und im Bereich Kinderrechte auf nationaler Ebene einzusetzen. Geht eine Türe zu, eröffnet sich eine neue Chance. Ich freue mich von Herzen darauf, von all diesen erfahrenen Menschen und in diesem professionellen Team zu lernen und mir neues Rüstzeug anzueignen, um diese Themen mit Nachdruck weiterzuverfolgen.»
Ihre Arbeit beinhaltet die Geschäftsführung des Schweizer Fachverbands Mütter- und Väterberatung sowie Projekte und Mandate in den Bereichen Public Affairs und Kommunikation.

Zur Gemeinde- und Landrätin gewählt

Das ist die berufliche Seite von Andrea Trummer. Wesentlich ist natürlich auch ihr politisches Engagement. 2010 übernahm sie das Präsidium der CVP Mitte Sektion Glarus, obwohl sie vorher «extrem unpolitisch» war, wie sie sagt. Aber: «Auf dem politischen Parkett wird über alle unsere Strukturen und Grundlagen entschieden. Es war für mich klar, dass ich da eine aktive Rolle einnehmen wollte.»
2014 wurde sie zur Gemeinderätin von Glarus und dann gleich noch zur Landrätin gewählt. «Das war eigentlich nicht so geplant», schmunzelt sie. Im Gemeinderat übernahm sie das Departement Gesellschaft und Gesundheit, was sie als Glücksfall bezeichnet: «Es beinhaltet meine zwei Herzensthemen: die Gesundheit aus meinem beruflichen Umfeld und die gesellschaftlichen Aspekte aus meinem ehrenamtlichen Engagement.»
In dieser Funktion war sie auch Verwaltungsrätin der Alters- und Pflegeheime Glarus, von Glarus hoch 3 und den Technischen Betrieben Glarus. Nach dem Zusammenschluss mit der Spitex ist sie seit Januar 2023 Verwaltungsrätin von cura unita glarus.

Grosse Freude an der politischen Arbeit

Was gefällt ihr an ihrem politischen Engagement? «Ich finde es grossartig, dass ich durch mein politisches Wirken und mein Engagement Einfluss auf die Entwicklung von Glarus nehmen kann. Durch die verschiedenen Rollen, im Gemeinderat in der Exekutive und im Landrat in der Legislative, kann ich aus verschiedenen Blickwinkeln agieren und meine Anliegen und die von unseren Einwohnerinnen und Einwohnern einbringen», sagt sie. Sie habe nach wie vor grosse Freude an der politischen Arbeit und schätze, insbesondere im Gemeinderat, den konstruktiven Umgang und das gemeinsame Vorwärtsgehen.
Und was gefällt ihr weniger? «Ich mag es nicht, wenn bei politischen Debatten die Sachanliegen nicht im Zentrum stehen und nur aus purem Eigeninteresse politisiert und argumentiert wird. Zudem sind die politischen Prozesse teilweise sehr langwierig, was meine Geduld manchmal stark fordert.»
2023 kandidierte sie erfolglos für den Nationalrat. Die Enttäuschung war gross – sie hätte den Kanton Glarus sehr gerne in Bern vertreten. Im Rückblick sagt sie: «Politik an sich ist ein Wagnis. Vieles daran ist nicht bequem. Man stellt sich als Person zur Verfügung – mit dem Risiko, dass man nicht gewählt wird. Das gehört dazu, und so sind die Spielregeln. Es wäre falsch, wegen diesen Regeln keinen Einsatz zu wagen. Unsere Demokratie lebt davon, dass Menschen etwas wagen – auch wenn es manchmal einen Rückschlag zur Folge hat.»

Ehrenamtliches Engagement bereichert ihr Leben

Die dritte Seite von Andrea Trummer ist ihre breite ehrenamtliche Tätigkeit. Seit ihrer Jugendzeit engagiert sie sich in verschiedenen Vereinen. Aktuell ist sie Präsidentin der KISS Genossenschaft Kanton Glarus (Nachbarschaftshilfe mit Zeitgutschriften, schweizweit die grösste Genossenschaft ihrer Art) und des Hilfsvereins Ennenda, der das Begegnungs- und Generationenhaus ReVier betreibt.
Früher war sie viele Jahre im Vorstand des VBC Glaronia tätig (wo sie auch aktiv spielte), präsidierte den Kinder- und Elternklub Ennenda und vertrat die Glarner Gemeinden als Vorstandsmitglied im Verein FRAMI – Freiwilligenarbeit im Migrationsbereich.
Weshalb engagiert sie sich so sehr im Ehrenamt? «Etwas zieht sich wie ein roter Faden durch meinen Lebenslauf: die Begegnungen mit Menschen. Sie sind für mich in meiner Arbeit und meinem Engagement zentral. Dies ist auch der Grund, warum ich mich ehrenamtlich betätige. Ich mag es sehr, gemeinsam mit verschiedenen Personen für eine gute Sache einzustehen, Projekte umzusetzen, etwas zu bewirken und zu verändern. Das macht einfach Freude und bereichert mein Leben», so Andrea Trummer.

Bewegung in der Natur

Hat sie überhaupt noch Freizeit? «Ich muss schon schauen, dass noch Zeit für mich bleibt und es mir gut geht», räumt sie ein. Ihre freie Zeit geniesse sie am liebsten in der Natur. «Hier kann ich am besten Kraft und Energie tanken.» Zentral für sie sei Bewegung: «Ich bin am liebsten in den Bergen unterwegs. Im Winter auf der Piste oder auf Skitouren. Im Sommer liebe ich es, Berge zu besteigen oder mit dem Velo auf Touren unterwegs zu sein.»
Sehr gut erholen könne sie sich aber auch bei gemeinsamer Zeit mit ihrem Partner in Mollis, ihrer Familie und Freundinnen, bei Reisen in ferne Länder oder Besuchen von kulturellen Anlässen. Und sie liebe es, «Gastgeberin zu sein, für meine Familie und Freunde zu kochen, miteinander Zeit zu verbringen, zu lachen, zu plaudern, einfach zu sein».