Porträt: Nägel mit Köpfen

Leidenschaft, Hartnäckigkeit, Ausdauer und Demut: Diese Tugenden seiner Vorfahren haben Christian Landolt gelehrt, auf dem Boden zu bleiben. Der Innendekorateur aus Näfels steht seit 2010 dem Verein Kletteranlagen Linthgebiet vor.



Vielseitig unterwegs: Christian Landolt aus Näfels, Innendekorateur und VKL-Präsident aus Näfels. (Bilder Madeleine Kuhn-Baer/zVg)
Vielseitig unterwegs: Christian Landolt aus Näfels, Innendekorateur und VKL-Präsident aus Näfels. (Bilder Madeleine Kuhn-Baer/zVg)

«Wer 111 Jahre alt wird, hat wohl vieles richtig gemacht!» Mit diesem Slogan wirbt Christian Landolt für das besondere Jubiläum seiner Firma, die sich auf Polsterungen, Bodenbeläge, Vorhänge und Matratzen (letzteres in Zusammenarbeit mit Riposa) spezialisiert hat. Vor 30 Jahren hat er den Kleinbetrieb von seinen Eltern übernommen und stetig weiterentwickelt. Gegründet worden ist er von seinem Grossvater Johann Landolt anno 1912.

Bäcker oder Innendekorateur?

«Ich liebe die Vielfältigkeit meines Berufes», sagt der gelernte Innendekorateur, der genauso gut hätte Bäcker werden können. Denn gleich neben dem Wohn- und Geschäftshaus in der Gerbi 12 in Näfels war die Bäckerei von Arthur Müller sel. beheimatet. «Ich staune selber, dass ich nicht Bäcker geworden bin», lacht der heute 59-Jährige: «Ich habe immer schon gerne gearbeitet, und so stand ich in der Freizeit während meiner Schuljahre beim Nachbarn in der Backstube. Dass ich den Beruf meines Vaters gelernt habe, liegt wohl daran, dass ich grundsätzlich für jede Arbeit offen bin. Und als drittes Kind lag es auf der Hand, da die beiden älteren Brüder einen anderen Berufsweg eingeschlagen haben.» Es habe aber keinerlei Druck von den Eltern gegeben: «Es war meine freie Entscheidung.» Bereut hat er den Entscheid nie.
Das Backen und Kochen überlässt er heute seiner Frau Iris. «Sie ist für Küche und Familie zuständig», schmunzelt er. Zudem arbeitet sie im Büro, hat das Personalwesen unter sich und ist «Mädchen für alles» im Betrieb. Die vier Kinder sind in der Zwischenzeit erwachsen. «Vielleicht fange ich aber wieder mal mit Backen an», räumt er ein.

Mit Leib und Seele dabei

Wie hat sich die Geschäftstätigkeit in den 30 Jahren verändert? «Wie überall, ist der Wandel allgegenwärtig.» Einerseits habe sich das ursprüngliche Geschäft vom «Sattler Franz» zu einem Betrieb entwickelt, welches heute total (mit ihm und seiner Frau) sieben Personen beschäftige. «Davon fünf Frauen. Ich habe kein Problem mit der Frauenquote», lacht er. Anderseits seien Mobilität, Digitalisierung und das wandelnde Angebot stetig den Kundenbedürfnissen angepasst worden.
«Geblieben ist die handwerkliche Komponente, welche wir nach wie vor pflegen.» Und zwar mit Leidenschaft und sehr gerne. «Es ist ein wunderschöner Beruf und sehr vielseitig. Zudem sind wir sehr regional verankert», sagt Christian Landolt, der eigentlich nie gross weg war von Näfels. Denn: «Ich bin ein Heimwehmensch.» Dank dem Finden von Nischen und dem Eingehen auf die individuellen Wünsche der Kundschaft läuft der Betrieb gut.

Das Glarnerland liegt ihm am Herzen

Ebenfalls mit Leib und Seele engagiert sich Christian Landolt beim 2001 gegründeten Verein Kletteranlagen Linthgebiet, VKL, den er seit 2010 präsidiert. Dieser bezweckt die Planung, den Bau und den Betrieb von Kletteranlagen im Glarnerland und Umgebung. Es werden künstliche Wände sowie Routen im Fels gebaut und unterhalten – aber immer in Selbstverantwortung der Kletterer. Der Verein unterstützt nur finanziell. Erste Priorität haben der Unterhalt der Kletter- und Boulderrouten in der lintharena, welche die Routen dort betreibt.
Was hat ihn zu diesem Engagement bewogen? «Es gab verschiedene Beweggründe. An erster Stelle sicherlich die Verbundenheit zum Berg- und Klettersport. Ebenso lag mir die Region, im besonderen Näfels respektive der Kanton Glarus, am Herzen. Für eine attraktive und wirtschaftlich florierende Region braucht es nebst breiten und guten Jobangeboten auch eine gute Infrastruktur für sinnvolle Freizeitgestaltung, sei dies für den Individualkonsumenten als auch für Familien. Es ist/war mein Beitrag, Nägel mit Köpfen zu machen.»
Der VKL-Präsident erinnert an die Jahrtausendwende: «Da war im Kanton Glarus eine regelrechte Aufbruchstimmung. Man versuchte, der Landflucht Einhalt zu gebieten. Von den damaligen Exponenten aus Politik und Wirtschaft wurde die Business Area ins Leben gerufen. Als Direktverbindung nach Zürich kam der Glarner Sprinter. Grosse, zu dieser Zeit futuristische Loftwohnungen im Jenny-Areal in Ziegelbrücke entstanden, wo man Leute von Zürich ins Glarnerland lockte. Grössere bis grosse Firmen waren in den dortigen Räumlichkeiten beheimatet. Politisch gipfelte der ganze Umbruch zuerst vom siebenköpfigen, teilbeschäftigten Regierungsrat zum fünfköpfigen Vollamt. Und zu guter Letzt wurde der aus 25 Gemeinden bestehende Kanton am ersten Sonntag im Mai 2006 zu einem Dreigemeindekanton bestimmt.»
Als junger Familienvater habe er aber auch der nächsten Generation die Entwicklung des Berg- und Klettersports nicht vorenthalten wollen. «Ich träumte auch von mehr Sicherheit in Outdoorklettergebieten in unserer Region. Und vor allem sollten die eigenen Kinder ihr Herz auch dieser Sportart verschreiben.» Letzteres taten diese, «vor allem die drei Mädchen».

«Fünftes Kind»

Der VKL ist schnell gewachsen, zählt heute rund 2000 Mitglieder. Ist das ehrenamtlich noch machbar? «Wir mussten vor anderthalb Jahren ein Sekretariat mit einer 20-Prozent-Stelle ins Leben rufen. Anders war es nicht mehr möglich», so der Präsident.
Ist er selber leidenschaftlicher Kletterer? «Eher gewesen. Heute freue ich mich, aktiv in unserer wunderschönen Bergwelt unterwegs zu sein, frühere Touren zu wiederholen und diese zum Teil in keinem Führer ersichtlichen Wege mit der jungen Generation zu erleben.»
Nächstes Jahr gibt er das Präsidium weiter. Mit welchen Gefühlen wird das geschehen? «Ich habe beim VKL immer von meinem fünften Kind gesprochen. So kommt es mir auch vor. Mittlerweile ist das Kind mehr als 20-jährig. Da musst du nicht mehr viel dreinreden.» Ihn erfülle eine grosse Genugtuung und Zufriedenheit über das Resultat, das geschaffen worden sei. Man freue sich, wenn sich die Träume erfüllten, und müsse akzeptieren, wenn gewisse Entscheide nicht nach dem eigenen Kopf gingen. «Dankbar bin ich allen Exponenten des VKL, welche in der Vergangenheit dieses einzigartige Werk geschaffen haben. Aber auch meiner ganzen Familie, welche mich während dieser Zeit ertragen musste und immer unterstützt hat.»

«Mir ruft man, und ich gehe helfen»

Der gelernte Innendekorateur mit eidgenössischem Meisterdiplom engagiert sich zudem im Berufsverband und war Verwaltungsrat des Skilifts Schilt und Vorstandsmitglied des Turnvereins Näfels. Heute ist er immer noch Helfer und Unterstützer bei regionalen Anlässen. «Mir ruft man, und ich gehe helfen», sagt er. Obwohl er ja sonst eigentlich genug zu tun hätte.
Als Hobbys nennt er «Bergsport, Sport allgemein, Geschäft, Familie, Ahornen ob Näfels». Letzteres ist das Ferienparadies der Familie im Oberseetal. «Hier kann ich mich zurückziehen, verweilen und meine Heimattouren unternehmen.»
So ist er nach wie vor sehr zufrieden mit seinem Leben. Es freut ihn auch, dass sich die «Nachfolge im Geschäft positiv abzeichnet. Nicht familienintern zwar, sondern mit einer externen Person.»