Porträt: Unternehmer mit Geschichtsbewusstsein

Produktdesign und Metallverarbeitung, Garten, Geschichte und Reisen: Diese Eckpunkte bestimmen das Leben von Thomas Schätti. Wichtig ist für den 59-jährigen Unternehmer Teamarbeit.



Thomas Schätti inmitten von Schätti Leuchten, Olympia-Espressomaschinen und im künftigen Therma-Schaulager. (Bilder: mb)
Thomas Schätti inmitten von Schätti Leuchten, Olympia-Espressomaschinen und im künftigen Therma-Schaulager. (Bilder: mb)

Wir treffen einander nicht im Tschachen in Schwanden, sondern am zweiten Firmenstandort der Schätti AG Metallwarenfabrik: in den Montagehallen der ehemaligen Therma, umgeben von Schätti Leuchten und Olympia-Espressomaschinen, deren Produkt wir zunächst geniessen. Thomas Schätti gibt ruhig Auskunft, lacht viel und beantwortet geduldig die Fragen, obwohl seine Zeit als Geschäftsführer rar ist.

Die Metallverarbeitung liegt ihm sozusagen im Blut: Sein Grossvater Josef Schätti-Zopfi gründete 1934 die Firma in Schwanden, 1969 übernahmen diese seine Eltern Josef und Francisca Schätti-de Jong. War ihm schon früh klar, dass er einmal ins Familienunternehmen eintreten möchte? «Die ‹Budä›, also die Metallwarenfabrik im Tschachen, war einer der Spielplätze von meinen drei Geschwistern und mir. Ja, spielerisch waren wir schon als Kinder am Fantasieren, was aus dem Betrieb werden könnte, wie wir Geschwister zusammenarbeiten würden. Übernommen haben wir als dritte Generation im Jahr 2000 nach dem Tod unseres Vaters», erzählt er.

In Zürich und Holland studiert

Geboren am 23. Dezember 1964 und in Schwanden aufgewachsen, stellte sich für ihn nach der Matura die Frage nach dem geeigneten Studium. Kunstgeschichte, Industriedesign oder Maschinenbau? Kunstgeschichte war ihm «zu luftig», Industriedesign an der Kunstgewerbeschule zu künstlerisch – er war sich nicht sicher, ob er das schaffen würde. So studierte er zunächst Maschinenbauingenieur an der ETH Zürich. Das war «am realsten und am bodenständigsten für mich. Ausserdem entsprach es einer gewissen Logik von der Firma her.»

Doch das Thema Industriedesign liess ihn nicht los. Abendkurse hatten ihm gezeigt, dass dies für ihn machbar wäre. Die Lösung fand er in Holland, dem Heimatland seiner Mutter. Er absolvierte an der technischen Universität Delft ein Nachdiplomstudium in Industriedesign. «Verwandte lebten in der Nähe. So konnte ich auch die Wurzeln meiner Mutter entdecken.» Er sprach allerdings zu Beginn fast kein Wort Holländisch, lernte es aber schnell.

Grosse Veränderungen

1992 kehrte er in die Schweiz zurück und trat wie seine beiden Brüder ins Familienunternehmen ein. Die drei hatten sehr schnell viel Verantwortung. Und ihre Schwester war von 2000 bis 2004 Verwaltungsratspräsidentin der Firma – notabene damals die einzige im Kanton Glarus.

Die Firma veränderte sich in den letzten 32 Jahren stark: «Neue Geschäftsfelder, neue Produkte, ein Zweigbetrieb in Bulgarien, der durch den älteren Bruder Jos aufgebaut und bis heute durch ihn geführt wird, viele neue Mitarbeiter. Mein jüngerer Bruder Stefan steuert die Produktion und Logistik mit total 100 Mitarbeitenden in Schwanden. Er ist fürs Tagesgeschäft verantwortlich.»

Auch die Aufgaben von Thomas Schätti haben sich gewandelt: «Der Betrieb ist mehr als doppelt so gross und anders strukturiert als 1992. In den ersten Jahren habe ich noch viele Produkte selber im CAD entwickelt und war auch viel in der Fertigung unterwegs. Heute skizziere ich allenfalls noch von Hand und lege fest, was die Produkte können müssen (Produktmanagement), und habe vor allem Aufgaben eines Geschäftsführers zu erfüllen.» Er sei «Primus inter Pares», also «Erster unter Gleichen»: «Wir sind ein Team, wir Brüder und die teils langjährigen Angestellten. Wir haben den Betrieb auf den Kopf gestellt. Zwar haben wir die Metallverarbeitung als Basis behalten, es ist aber viel Neues hinzugekommen. Da braucht es Leute, die das mittragen.»

Wichtig ist ihm, «dass der Baum, die Firma, die unser Grossvater gegründet hat, gesund bleibt und weiterwächst und blüht. Wir freuen uns, den Betrieb in den kommenden Jahren der nächsten Generation zu übergeben.»

Abschalten mit Gartenarbeit

Auch wenn die Arbeit im Unternehmen viel Zeit in Anspruch nimmt, füllt sie natürlich nicht sein ganzes Leben aus. Da gibt es vor allem noch die Familie. Thomas Schätti ist geschieden und lebt mit seiner 20-jährigen Tochter in Ennenda. Bewusst nicht in Schwanden: «Ich bin schon früh nach Glarus gezogen, allein schon, um etwas Distanz zur Arbeit zu haben. Vor einigen Jahren bot sich die Gelegenheit, in Ennenda ein Haus mit grossem Garten zu mieten. Ich bereue nicht, diese Chance gepackt zu haben, denn der Garten (vor allem der Obstgarten) ist nun eines meiner Hobbies.»

Hier wachsen Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Pfirsiche, Khakis, Indianerbananen, Feigen, Trauben, viele Beeren, Kirschen und Aprikosen. «Heuer habe ich etwa 250 Khakis geerntet. Vier ergeben ein Kilogramm. Damit waren es mehr Khakis als Äpfel», erzählt er lachend. Hat er denn genügend Zeit für die Gartenarbeit? «Die nehme ich mir. So kann ich abschalten und mich zu Hause körperlich betätigen.»

Früher war er auch Spieler, Coach und Organisator im Volleyball, so in Schwanden, bei Spada Academica und kurz als Aushilfscoach bei Glaronia, wo seine Tochter spielte.

Historische Thermageräte im Schaulager

Breiten Raum nimmt für ihn auch die Geschichte ein. Seit 1993 ist er Stiftungsrat von Pro Schwanden, seit 2000 Präsident des Geschichtsvereins gukum Schwanden. Diesen Verein mitzugründen und zu präsidieren, war die Folge des Engagements in der Stiftung Pro Schwanden: «Die Stiftung hat im Jahr 2000 das Rysläuferhuus um Wandmalereien aus dem 16 Jahrhundert herum gebaut. Leben in dieses Haus zu bringen, war das erste Ziel von gukum.»

Die Stiftung und gukum machen mit Führungen ihre Sammlung von mehr als 300 Therma-Haushaltgeräten aus den Jahren 1907 bis 1970 zugänglich. Das Schaulager soll 2024 eröffnet werden. Wie kam es dazu?

«Ende 2015 schloss Electrolux das ehemalige Therma-Werk in Schwanden. Der Stiftung war bekannt, dass es eine Sammlung von historischen Elektrohaushaltgeräten gibt. Unterstützt von Fritz Speich, einem Angestellten von Therma und Electrolux, hat die Stiftung erwirkt, dass sie die Geräte geschenkt bekommen hat», so unser Gesprächspartner. Fritz Speich richtete eine erste Ausstellung im ehemaligen Gerätearchiv ein. Als dieser Raum nicht mehr zur Verfügung stand, übernahm Thomas Schätti das Projekt.

Die Stiftung Pro Schwanden ist nun daran, eine permanente Ausstellung im ehemaligen Labor der Therma im Obergeschoss der damaligen Emailliererei einzurichten. Besuche sind bereits jetzt auf Anmeldung möglich. Thomas Schätti sucht noch Interessierte, welche Gruppenführungen im Schaulager machen können.

Welches sind denn die speziellsten Geräte? «Es gibt unzählige interessante Stücke in der Sammlung. Die eiförmigen Eierkocher aus den 1910er-Jahren, die Reisebügeleisen, vermutlich von Samuel Blumer entworfen, den Heizspiegel aus dem Jahr 1942 (Glasplatten mit aufgebrachten Metallbahnen, die erhitzt werden – ähnlich einer Frontscheibenheizung im Auto) oder die Kochtische mit Klapprechauds von Hans Hilfiker.»

«Ich bereue nichts»

Reisen ist ein weiteres Hobby von Thomas Schätti. Als er nach Glarus zügelte, reiste er mit Nachbarin Lisä Marti nach Bhutan – für beide die erste Reise in den Himalaya. «Bei meinen Hobbies erhole ich mich von der Arbeit. Und wenn ich komplett ausspannen und nur noch die Beine baumeln lassen will, geschieht dies an einem unserer schönen Bergseen oder beim Wandern.»

So ist er zufrieden mit seinem Leben: «Es ist vieles gut gegangen, einiges auch daneben, aber ich bereue nichts. Ich finde es spannend, was ich mache und gemacht habe.»