Postulat «Ausserordentliche Gemeindeversammlung nach zurückgewiesenem Voranschlag oder Steuerfuss»

Dem Landrat wird beantragt, vom Bericht zum Postulat «Ausserordentliche Gemeindeversammlung nach zurückgewiesenem Voranschlag oder Steuerfuss» Kenntnis zu nehmen und auf eine Verfassungs- oder Gesetzesvorlage, die Ausarbeitung eines Beschlusses oder eine andere Massnahme zu verzichten.



Postulat «Ausserordentliche Gemeindeversammlung nach zurückgewiesenem Voranschlag oder Steuerfuss»

Ausgangslage

Der Vorstoss wurde im Frühling 2014 als Motion eingereicht. Der Landrat hat diese im Herbst 2014 als Postulat überwiesen. Die Motion wollte im Gemeindegesetz eine Regelung verankern, welche den Gemeinderat nach einer allfälligen Zurückweisung des Voranschlages oder des Steuerfusses durch die Gemeindeversammlung verpflichtet, das entsprechende Geschäft innert acht Wochen wieder den Stimmberechtigten vorzulegen. Bei erneuter Zurückweisung solle der Gemeinderat den Voranschlag oder den Vorschlag für den Steuerfuss dem Regierungsrat zur Festlegung unterbreiten müssen.

Im Bericht vom Juli 2014 hatte sich der Regierungsrat eingehend mit dem Vorstoss sowie der Rechtslage im Kanton Glarus auseinandergesetzt und schliesslich auch rechtsvergleichende Überlegungen angestellt. Gestützt darauf war man zum Schluss gelangt, dass es keiner gesetzesergänzenden Regelung bedarf und hatte gestützt darauf die Ablehnung der Motion beantragt. Mit der Überweisung als Postulat wurde der Regierungsrat beauftragt, zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob eine Verfassungs- oder Gesetzesvorlage vorzulegen, der Entwurf zu einem Beschluss auszuarbeiten oder eine andere Massnahme zu treffen sei.

Rechtslage

Zwar stellen die Antragsteller zu Recht fest, dass eine Regelung wie bei einer Nichtgenehmigung der Rechnung im Gemeindegesetz fehlt. Jedoch handelt es sich dabei nicht um ein Versehen, sondern um ein qualifiziertes Schweigen. Wird der Voranschlag nämlich abgelehnt, kommen automatisch die Bestimmungen des Finanzhaushaltgesetzes zur Anwendung. Es dürfen nur noch Ausgaben getätigt werden, welche ohne nachteilige Folgen für die Gemeinde keinen Aufschub ertragen oder bei welchen es sich um eine gebundene Ausgabe handelt (z. B. Löhne, allgemeine Verwaltungskosten usw.). Für alle anderen Ausgaben, insbesondere Investitionen und dergleichen, fehlt es am notwendigen Budgetkredit. Sie dürfen deshalb nicht getätigt werden, bis ein rechtsgültiger Beschluss der Gemeindeversammlung vorliegt – sei dies in Form eines neuen Budgets oder eines gesonderten Kreditbeschlusses. Dadurch und weil eine Steuerfussfestsetzung ohne gültiges Budget ausgeschlossen ist, sind die Gemeinden gezwungen, möglichst rasch einen neuen Voranschlag vorzulegen.

Ohne Steuerfuss können Steuern nämlich weder veranlagt noch eingezogen werden. Gelingt dies nicht, steht dem Regierungsrat das gesamte aufsichtsrechtliche Instrumentarium zur Verfügung. Namentlich könnte er anstelle der Gemeindeversammlung über Voranschlag und Steuerfuss beschliessen. Der fehlende Gemeindesteuerfuss würde zudem nicht nur den Einzug der Gemeindesteuern blockieren, sondern auch denjenigen der kantonalen Steuern; ein Umstand, den der Regierungsrat veranlassen könnte, das Nötige schneller vorzukehren, als dies der Vorstoss vorsieht. Insofern ist aus rechtlicher Sicht kein Bedarf erkennbar, die heutige Regelung zu ergänzen; sie genügt. Eine zusätzliche Regelung widerspräche auch den Verwesentlichungsgrundsätzen.

Das Gleiche gilt sinngemäss für die Anstalten der Gemeinden. Grosse Anstalten können sich nicht lange nur auf gebundene Ausgaben beschränken. Der Investitionsbedarf wird über kurz oder lang einen derartigen Druck schaffen, dass ein grosses Unternehmen nicht umhinkommt, das Notwendige in die Wege zu leiten, damit ein genehmigtes Budget zur Verfügung steht.

Die Rechts- oder Säumnisfolgen in anderen Kantonen münden alle im aufsichtsrechtlichen Festsetzen des Voranschlages. Dies ist im Kanton Glarus bereits heute möglich. Eine spezielle Regelung ausserhalb des Aufsichtsrechts schafft keinen Mehrwert.

Blick in die Zukunft

In Glarus und Glarus Nord werden momentan verschiedene Gemeindeerlasse revidiert. So sollen in der Gemeinde Glarus die Finanzkompetenzen der beiden selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten (APG, TBG) ausgebaut werden, indem die Budgethoheit von den Stimmberechtigten auf die Anstalten selber übertragen wird. Dies würde den Anwen­dungsbereich einer solchen Bestimmung nochmals verkleinern.

Im Übrigen steht mittelfristig eine Revision des Gemeindegesetzes im Nachgang zur Gemeindestrukturreform an, mit welcher dieses Anliegen erneut diskutiert werden könnte. Ein Vorziehen einer einzelnen Fragestellung macht auch aus dieser Sicht wenig Sinn. Zudem ist es stets mit Risiken behaftet, aufgrund eines Einzelfalles überstürzt gesetzgeberisch aktiv zu werden. Es drohen Überregulierungen.