«Presenza» im Gartenflügel Ziegelbrücke

Besucherinnen und Besucher der Galerie in Ziegelbrücke kommen immer wieder in den Genuss von reichhaltigen, wertvollen Begegnungen mit Kunstschaffenden, der Gestaltungskraft eher selten bekannt ist. Diesmal sind Werke aus dem Nachlass des neapolitanischen Künstlers Pasquale Ciuccio (1950 – 2014) präsentiert.



(Bilder: pmeier)
(Bilder: pmeier)

Der Gartenflügel ist allein schon wegen seines Standortes einzigartig – ein wenig vom geschäftigen, hektischen Alltag entfernt liegt er in einem Park mit mächtigen, alten Bäumen, birgt etwas Geheimnisvolles, beinahe schon Majestätisches. Vom Innern des Gebäudes aus erkennt man wieder jene urwüchsigen Bäume, deren Ausstrahlung sich auf das Ausgestalten von Pasquale Ciuccio zu übertragen scheint. Er lebte und arbeitete einst in der Schweiz. Im erklärenden Text zur Ausstellung ist in der Einleitung nachzulesen: «Meine Arbeiten stehen in einem Spannungsverhältnis von Form, Farbe, Struktur und Licht. In der Wechselwirkung mit dem Raum sollen sie dem Betrachter die Möglichkeit eines Innehaltens geben. Für einen Moment soll der hektische Alltag in den Hintergrund treten und Ruhe einkehren können.»

Ciuccio wuchs in Neapel auf. Er erlernte einen handwerklichen Beruf. Ab 1973 lebte er während zwei Jahren in England. In dieser Zeit wurde sein Interesse an Kunst geweckt. Er besuchte zahlreiche Museen und setzte sich intensiv mit Erlebtem auseinander, las sich in die entsprechende Literatur ein und begann wenig später zu malen. Im Jahre 1977 folgte er seiner zukünftigen Gattin in die Schweiz und stellte 1979 in Einsiedeln aus.

Es folgten regelmässige Ausstellungen in verschiedenen Ländern. Über eine längere Zeitspanne hinweg ergab sich mit der Galerie art acutuel in Liège eine enge Zusammenarbeit. Dies führte ab 1990 zum Aufenthalt in Belgien. 1996 wurde er zum Symposium «Naturzeichen – Zeichen in der Natur» nach Deutschland eingeladen. Im Odenwald entstanden seine ersten Sandsteinarbeiten und ein intensives Auseinandersetzen mit Vorgängen in der Natur. Er kombinierte in dieser Zeitspanne die ultramarin bemalten Steinobjekte mit seinen Bildern. Eine bedeutende Einzelausstellung folgte 2001 im Palazzo Ducale in der Provinz Mantua. Nach einem Hirnschlag musste er mit dem künstlerischen Schaffen aussetzen. Ab 2005 zog es ihn für längere Zeit nach Procida und Neapel. Hier entstanden die grössten Teile seines Spätwerks. Er verstarb im Frühjahr 2014. Sein Nachlass befindet sich in Baden und wird von seiner Familie betreut.

Beim Betreten der Galerie in Ziegelbrücke fallen die rechteckigen in dunkeln Tönen gehaltenen Flächen auf. Sie gilt es näher zu betrachten, Strukturen und Schichten zu erfahren, sich der Ruhe hinzugeben, die von den warmen, satten Farben ausgehen, die mit Pastellkreide und -farben und Acrylfarben auf dem Hintergrund aus Holz, Karton und Sandstein aufgetragen wurden. Es geht eine stille Kraft von diesem Gliedern und Komponieren aus. Es wächst unwillkürlich eine Ruhe, der man sich hingibt, die zum Innehalten, Betrachten und Erfassen der zeitweilig knapp angedeuteten Strukturen einlädt. Das Präsentieren der Bilder in der Galerie ist spürbar geschickt und einfühlend erfolgt.

Bei diesem Verbleiben wachsen Empfindungen, die gut tun, das Innere des geduldig Betrachtenden erfüllen, Harmonien unwillkürlich wachrufen. Schrilles, Oberflächliches, Banales, Farborgien – alles ist wohltuend ausgeklammert.